Das Hagen Flaggschiff E-Lastenrad haben wir uns zum ersten Mal auf der kolektif im vergangenen Jahr am dortigen Stand des Unternehmens aus Estland angesehen. Nach einer ersten, interessanten Runde am Motorwerk Berlin wollten wir das Modell auch für einen längeren Zeitraum testen, was dann im Spätsommer 2022 auch Wirklichkeit wurde. Gleich von Anfang an hat uns das markante Design des E-Lastenrads gefallen, welches den Fokus auf das Wesentliche legt, so wie es bei einem Arbeitsgerät auch sein sollte. Ob das Modell halten konnte, was es auf den ersten Blick versprochen hat, erfährt man jetzt in folgendem Testbericht!
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Hagen Flaggschiff Deore im Detail
Das Hagen Flaggschiff gibt es in mehreren Varianten vom Unternehmen aus Tallinn. Es stehen kurze oder lange Versionen zur Auswahl und auch Modelle mit Ketten- oder Nabenschaltungen. Aufgrund der Topografie in unserer Region haben wir uns fürs Testen für das Modell mit Kettenschaltung entschieden, auch damit die Anstiege auch mit Last bezwingbar bleiben.
Ebenfalls haben wir das Modell mit einer Rahmenhöhe von 53 Zentimetern getestet, mit einer „normal“ langen Ladefläche. Das Team von Hagen Bikes hatte das Modell zudem mit einem Ladeboden, Seitenwänden und einem Kindersitz samt Gurten ausgerüstet. So waren wir auch für Ausflüge als Familie gerüstet. 🙂
Das Auffälligste am Hagen Flaggschiff ist natürlich der Rahmen, den es in verschiedensten Farben gibt. Unser Testbike war in gedecktem Grau lackiert, die Akzente setzten aber die in knallgelb gehaltenen Beschriftungen auf den Seiten, die dann trotzdem für Aufmerksamkeit sorgen.
Das Modell ist wie seine Geschwister als Long John Lastenrad ausgeführt und kam in unserem Fall mit tieferem Einstieg. Hier hängt die Batterie am Oberrohr, bei anderen Varianten wird sie am Steuerrohr befestigt. Der Motor ist in einem kantigen Gehäuse angeflanscht, konkret handelt es sich hier um den Brose Drive S Mag, der oft auch in E-Mountainbikes zum Einsatz kommt und mit 90 Newtonmetern genügend Kraft mitbringt.
Die Batterie von Phylion bringt eine Kapazität von 648 Wh mit und damit eine ausreichend große Reichweite auch für längere Fahrten. Wir haben einen längeren Ausflug ins Umland gemacht und brauchten dabei keine Angst haben, nicht mehr zurück nach Hause zu kommen.
Bedient wird das Modell mittels des Brose Allround Displays, welches sich kompakt am linken Lenkergriff zeigt. Es bringt ein Farbdisplay mit, welches die wichtigsten Informationen anzeigt und die Auswahl aus den fünf Unterstützungsstufen, das Ein- und Ausschalten des Lichts usw. ermöglicht.
Das Modell verfügt auch über ein IoT-Modul, welches eine Verbindung mit der Brose-App ermöglicht, was weitere Funktionalität wie Diebstahlschutz, GPS-Tracking oder auch eine Navigationsfunktion mit sich bringt. Die Technik wird in Zusammenarbeit mit der ebenfalls estnischen Firma Comodule realisiert, über die wir hier auch schon öfters berichtet haben.
Unser Testmodell war mit einer 10-fach Shimano Deore Kettenschaltung ausgerüstet, alternativ stehen noch die Enviolo HD Automatiq oder auch deren manuelle Variante an Nabenschaltungen zur Auswahl, dann jeweils auch mit Riemenantrieb. In Sachen Bremsen verbaut Hagen Zweikolbensättel aus Shimanos MT 200-Serie und passende Bremsscheiben jeweils mit 180 mm Durchmesser.
Vorne hätte uns in Sachen Bremsleistung zwar eine größere Bremsscheibe mit 203 mm Durchmesser besser gefallen, allerdings ist vorne nur ein Laufrad in 20 Zoll verbaut. Hinten setzt man bei Hagen Bikes auf ein Laufrad in 28 Zoll, wobei beide Räder mit Schwalbe Marathon Plus bestückt waren, hinten gar mit der Variante für E-Bikes.
Der optionale Ergotec 3 Adapter Up & Down (79 EUR) war bei unserem Hagen Flaggschiff am Lenkrohr vorhanden, so dass man schnell und einfach die Lenkerhöhe an den jeweiligen Nutzer anpassen kann. Das Sattelrohr ist allerdings mit einer geschraubten Klemme montiert, hier muss man dann mit Werkzeug hantieren. Oder man rüstet einen Schnellspanner nach.
Das Modell bringt Schutzbleche von SKS aus Kunststoff mit, die Gischt und Schmutz vom Fahrer fernhalten sollen. Die LED-Lichtanlage kommt von Litemove. Vorne ist ein heller Scheinwerfer verbaut, während hinten am Ausfallende links eine Rückleuchte zum Einsatz kommt. Damit bekommt das Flaggschiff E-Lastenrad auch nachts eine gute Sichtbarkeit.
Von Haus aus bekommt das Hagen E-Cargobike einen stabilen Ständer mit, der selbst konstruiert wurde und das Modell sicher hält. Über ein Federelement wird dieser während der Fahrt unter der Ladefläche in seiner Ruhestellung fixiert. Wie bereits beschrieben, war bei unserem Testbike optionales Zubehör verbaut. Die Seitenwände kommen auf 289 EUR und der Kindersitz mit 5-Punkt-Gurt auf 169 EUR.
Im Praxistest
Mit gut über 35 Kilogramm bei unserer Ausstattung ist das Hagen Flaggschiff E-Lastenrad schon ein Brocken. Die leichtgängige Lenkung mit einem großen Einschlagwinkel hilft hier beim Rangieren. Beim Fahren allerdings ist die direkte Lenkung erst einmal gewöhnungsbedürftig. Lenkeinschläge werden quasi verdoppelt, so dass man hier anfangs lieber ein bisschen weniger am Lenker drehen sollte.
Hat man sich daran gewöhnt, lässt sich das E-Cargobike dann aber fast schon sportlich steuern. Hier kommt dann auch der Antrieb von Brose ins Spiel, der mit 90 Nm dann auch leichtes Spiel mit dem E-Bike hat. Auch bergauf steckt der Antrieb nicht zurück und hat uns auch mit Ladung alle anstehenden Anstiege hochgebracht.
Ganz ausgereizt hatten wir die Ladekapazität von 180 kg zulässiges Gesamtgewicht allerdings auch nicht, im Zusammenspiel mit der 10-fach Kettenschaltung erwarten wir hier aber kein Problem. In jeder Fahrsituation fiel der Brose-Motor neben der bekannten Power auch durch seinen flüsterleisen Lauf auf.
Die Reichweite hat sich bei unseren Fahrten als hoch erwiesen, der Brose Drive S Mag hat effizient seine Arbeit verrichtet. Zumeist konnten wir in der Fahrstufe „Sport“ unterwegs sein, mussten nur am Berg auf die höchste Stufe „Boost“ schalten.
Ein Schieben übers Vorderrad beim Einlenken haben wir nur bei wenig bis keiner Ladung, hoher Geschwindigkeit und nicht so griffigem Untergrund bemerkt. Trotzdem sollte man hier gerade bei Long John-Lastenrädern immer ein bisschen aufpassen.
Ein- oder zweimal hat sich das Antriebssystem während des Ladens automatisch reaktiviert. Laut Kaspar Peek, dem Gründer von Hagen Bikes, lag dies wahrscheinlich am verbauten Iot-Modul, welches das Antriebssystem aktivierte, um seine eigene Batterie nachzuladen. Das lag laut seiner Aussage nur daran, weil das Bike nicht täglich bewegt wurde, sonst hätte sich die Batterie einfach während der Fahrt aufgeladen.
Die Kontaktpunkte von RFR (CUBE Eigenmarke) und deren Ergonomie haben uns ebenfalls überzeugt. Gerade durch die Möglichkeit, den Lenker schnell in der Höhe anzupassen, können unterschiedliche Nutzer schnell auf das Flaggschiff E-Lastenrad umsteigen. Etwas unverständlich ist es deshalb, weshalb nicht auch Schnellspanner am Sattelrohr verbaut wird, denn dann hätte die Sache Hand und Fuß.
Die Lichtanlage mit der hellen Frontleuchte und den beiden Rückleuchten am Heck hat ebenfalls einen guten Job gemacht und eine helle Ausleuchtung der voraus liegenden Strecke ermöglicht, aufgrund der Montageposition an der Starrgabel inklusive Kurvenlicht. Die Schutzbleche mussten wir trotz der Jahreszeit aufgrund kurzfristig auftretender Gewitterschauer auch ausprobieren und waren mit der Schutzwirkung zufrieden.
Die Ladefläche war beim Testbike mit den Seitenwänden und einem passenden Ladeboden versehen, leider in glänzendem Kunststoff. Dieser verkratzt natürlich schnell, selbst wenn man nur mal eine Kiste Sprudel hineinstellt. Inzwischen (oder schon damals) hat Hagen Bikes eine Schutzmatte im Angebot, die dieses Problem etwas lindert. Allerdings, wäre dies unser E-Lastenrad hätten wir mit dem Verkratzen kein Problem, denn wo gehobelt wird, fallen nun mal Späne.
Damit kommen wir zu einem hausgemachten Problem des E-Flaggschiffs von Hagen Bikes, welches in dieselbe Scharte schlägt. Der bereits beschriebene Ständer hält das Modell zwar zum Beladen schön stabil und sicher, daran gibt es gar nichts auszusetzen. Allerdings sind die Endstopfen an den Füßen desselben aus unserer Sicht zu klein dimensioniert, so dass man Gefahr läuft, diesen bei jeder Benutzung immer weiter zu verkratzen.
Arbeitstier hin oder her, spätestens wenn der Lack runter ist, steigt die Rostgefahr bei diesem Bauteil an und wenn man dies zulange ignoriert, könnte der „sichere Stand“ darunter leiden. Als wir unter die Ladefläche geschaut haben, sind uns noch die durchhängenden Kabel aufgefallen, die sich im schlimmsten Fall irgendwo einhaken könnten. Wir gehen davon aus, dass dies ein einmaliger Montagefehler war und nicht in Serie so vom Band geht.
Weiter gab es bei unserem Testbike ein Problem, welches den Ständer nicht selbstständig in die Parkposition ziehen konnte, so dass man immer nachhelfen musste. Wir schieben das auf eine falsch montierte Feder, was im Produktionsprozess sicherlich bereits optimiert wurde, allerdings war es beim Test ein klein wenig nervig.
Die Transportbox zeigte sich für den Transport eines sechsjährigen Kindes mit knapp über einem Meter Körpergröße groß genug. Natürlich haben wir unseren Sohn gefragt, ob der Sitz während der Fahrt auch bequem genug war, was bejaht wurde. Also, die Kinderprüfung wurde bestanden und zudem hatte unser Kind viel Spaß und wollte immer „schneller“ fahren.
Die Ladung konnte man hingegen nicht fragen 😉 , allerdings kam sie heil bei ihrem Zielort an. Man sollte allerdings wissen, dass aufgrund der fehlenden Federung jegliche Schläge nahezu ungefiltert an die Ladung durchgereicht werden. Hier könnte eine Schaumstoffmatte oder die Unterlage von Hagen Bikes etwas helfen und die Schläge und Geräusche abmildern.
Auch gäbe es weniger Kratzer, wenn sich etwas verschiebt. Soweit allerdings kein Problem, welches es nicht an entsprechenden Lasteinrädern anderer Marken nicht auch geben würde. Von der Größe, Zuladung und Handhabung konnte man nicht meckern und zudem hätte man für größere Ladung die Seitenwände und den Kindersitz abbauen können, um beispielsweise eine Waschmaschine zu transportieren. Hier könnten dann nur die Reifen ein limitierender Faktor sein.
Hagen Flaggschiff E-Lastenrad 2023
Motor: Brose Drive S Mag, 250 W, 90 Nm
Batterie: Phylion Batterie, 648 Wh
Display: Brose Allround Display / IoT Connctbox
Rahmen: 4130 Chromoly
Gabel: Stahl, starr
Schaltung: Shimano Deore, 1×10
Bremsen: Shimano MT 200, 180 mm v/h
Kurbelgarnitur: RFR
Vorbau: RFR
Sattelstütze: starr
Sattel: RFR
Laufräder: n/a
Reifen: Schwalbe Marathon Plus
Gewicht: 35+ kg
zul. Gesamtgewicht: 180 kg
Preis: 4.990 EUR
Fazit
Mit dem Flaggschiff E-Lastenrad hat Hagen Bikes ein attraktives Modell im Portfolio, welches aufgrund der vielen Konfigurationsmöglichkeiten immer nahezu einzigartig sein dürfte, vor allem auch, wenn man dies aus Sicht der vielen Farbgebungen betrachtet. Das E-Cargobike ist gut verarbeitet und hat während unseres Tests einwandfrei funktioniert, wenn man von den kleinen beschriebenen und wohl bis heute zumeist behobenen Mängeln einmal absieht. In der von uns genutzten Größe hat sich das Modell auch sportlich fahren lassen, was den Spaßfaktor erhöht hat. Im Nullkommanix war man am Supermarkt angelangt und konnte dort seine Einkäufe erledigen, oder hatte in der Freizeit genügend Platz für das Picknick unterwegs. Als abschließendes Urteil geben wir dem Hagen Flaggschiff E-Lastenrad daher ein „Empfehlenswert“.
- stabiler Stahlrahmen
- starker, leiser Antrieb von Brose
- markantes Design
- direkte Lenkung
- stabiler Ständer
- gute Lichtanlage
- griffige Reifen mit Pannenschutz
- optionaler Kindersitz bequem
- Ladevolumen und Zuladung in Ordnung
- kratzanfälliger Boden und Seitenwände
- Ständer nicht vor Beschädigung bei normaler Nutzung geschützt
- Schnellspanner am Sattelrohr wünschenswert
Transparenzhinweis: Das Flaggschiff E-Lastenradwurde uns seitens der Hagen Bikes AS für den Testzeitraum kostenlos zur Verfügung gestellt. Auf das Testergebnis und unsere Meinung hatte dies keinen Einfluss.