Kann das Fahrgefühl mit der einzigartigen Rahmenbau-Technologie mithalten?
6 min Lesezeit

Über das Superstrata haben wir hier bereits Mitte 2020 berichtet. Aufgrund der Pandemie und weiterer Hürden hat es bis vergangenes Jahr gedauert, bis wir das E-Bike schließlich testen konnten. Das Modell der Marke aus Kalifornien zeichnet sich vor allem durch den im 3D-Druck als ein Teil hergestellten Carbonrahmen aus, der auf der Technologie des Silicon Valley-Unternehmens Arevo basiert und wohl mit Hilfe der deutschen Oechsler AG in Mittelfranken hergestellt wird. Ob das sportive E-Bike auch im Ganzen überzeugen kann, fassen wir hier in unserem Testbericht zusammen.

Superstrata Electric im Überblick

Das Alleinstellungsmerkmal schlechthin der Superstrata Modelle ist die individuelle Produktion des Rahmens, der komplett auf die Größe und Vorlieben des Kunden zugeschnitten ist. Deshalb gibt das Unternehmen auf seiner Webseite auch „unendlich“ als Rahmengröße an.

Die Technik von Arevo erlaubt es, einen perfekt auf den Nutzer abgestimmten Rahmen auszudrucken und das zudem aus dem High-End-Material Carbon. Hier gibt es aktuell kaum etwas Vergleichbares, nur Ähnliches aus Kunststoff, welches am Ende des Produktlebenszyklus noch recycelt werden kann. Ob das auch mit diesem Carbonrahmen so möglich ist, wissen wir nicht.

Das E-Bike wird von einem 48V-Heckmotor angetrieben, den Superstrata von Bafang bezieht. Der Antrieb leistet 250 Watt und stellt ein Drehmoment von 50 Newtonmeter bereit. Die im Rahmen integrierte Batterie bringt eine Kapazität von 314 Wh mit, die für über 100 km Reichweite gut sein soll.

Bedient wird das System über ein kompaktes Bedienteil mit 1,9″ LCD-Anzeige, welches am linken Lenkergriff montiert wird und die notwendigsten Informationen darstellt. Hier kann man denn auch eine der fünf Unterstützungsstufen auswählen und das E-Bike ein- und ausschalten.

Wir hatten die Singlespeed-Variante, die sich eher für flache Regionen eignet und bergauf viel Schwung und Körpereinsatz erfordern kann. Geht es bergab, stehen hydraulische Scheibenbremsen aus der MT200-Serie von Shimano zur Verfügung, die Bremsscheiben mit dem Durchmesser von 160 mm mitbringen.

Uns wurde die urbane Variante des Superstrata Electric zur Verfügung gestellt, die mit einem geraden Lenker mit einiger Kröpfung ausgerüstet ist, die sog. Explorer-Ausrüstung. Diese soll für eine aufrecht komfortable Sitzposition sorgen, welche dem Nutzer dann Überblick auf den Strecken in der Stadt und auch außerhalb davon verschafft.

Der Sattel von Selle Italia ist auf einem kurzen Sitzrohr befestigt, welches sich aufgrund der Bauweise des Rahmens kaum an verschiedene Personen anpassen lässt. Klar, der Rahmen wird ja auf den Nutzer konfektioniert und das E-Bike soll auch nur diesem perfekt passen. Ein Teilen des E-Bikes innerhalb der Familie oder mit Freunden und Bekannten ist so kaum möglich.

Das Superstrata Electric rollt auf Reifen unbekannter Marke, die auf Felgen in 28 Zoll aufgezogen sind. Es lag noch eine LED-Beleuchtung bei, die aber per integrierter Batterie mit Energie versorgt wird. Schade, dass sie nicht ab Werk montiert und am E-Bike-Akku angeschlossen wurde. Der Bafang Controller hätte das hergegeben.

Im Fahrtest

Das Superstrata Electric kam extrem aufwendig verpackt an. Vor der Fahrt müsste der Kunde zuerst einmal eine Unmenge an Schaumstoffpolstern und Plastikfolien entfernen. Auch waren das Vorderrad abmontiert, der Lenker verdreht und das Bedienteil noch anzubringen. Insgesamt viel Arbeit, bevor das Modell dann zum Fahren bereit war. Wenigstens lag auch Werkzeug bei.

Auffällig war gleich beim Herausheben aus dem Karton, wie hecklastig das E-Bike aufgrund des schweren Bafang-Antriebs ist. Der Rahmen mag zwar leicht sein, die Verteilung des Gewichtes spielt aber auch eine Rolle und die war hier extrem hecklastig.

Zum Style des Rahmens passt die urbane Ausrichtung mit dem etwas gekröpften Lenker auf den ersten Blick nicht. Das ändert sich auch nicht, wenn man sich auf das E-Bike setzt und die ersten Meter rollt. Hier hätte ein komplett gerader Lenker wohl besser gepasst.

Je nach Fahrstufe schiebt der Antrieb mehr oder weniger kräftig an, zumindest in der Ebene. Leichte Anstiege lassen sich dann in den höchsten Unterstützungsstufen auch bewältigen, aber wenn es zu steil wird, hilft einem die Kombination aus Singlespeed und Heckantrieb auch nicht mehr weiter.

Um eine adäquate Leistung vom Antrieb zu erhalten, muss die Trittfrequenz entsprechend hoch liegen, was in dieser Situation schwer machbar ist. Dazu kommt noch das vergleichsweise hohe Gewicht des Superstrata Electric, welches um die 20 Kilogramm liegt und unserem Empfinden nach schlecht ausbalanciert ist.

Die Gestaltung des Rahmens sorgt zusammen mit der besonderen, Tiefe verleihenden Farbgebung zwar für einen Wow-Effekt, aber das Fahrverhalten sollte an erster Stelle stehen. Der Rahmen ist sehr steif, einen minimalen Federeffekt wie beim Urwahn Platzhirsch konnten wir hier nicht feststellen.

Wie bei dem zuletzt genannten E-Bike können wir der Gestaltung mit quasi nicht vorhandenem Sattelrohr nichts Gutes abgewinnen. Es ist einfach ziemlich unpraktisch, wenn die Variabilität auf Kosten der Optik konstruktiv so eingeschränkt wird, dass man die Sitzposition nicht relevant verändern kann.

Dadurch, dass man eigentlich immer eine höhere Fahrstufe zum Vorwärtskommen benötigt, halten wir die Angabe der Reichweite von 100 km auch nur für einen theoretischen Wert, der in der Praxis kaum zu erreichen ist. Außer man ist extrem sportlich und im Flachland unterwegs, vor allem mit dem Singlespeed.

Superstrata Electric 2022

Superstrata Electric 2022

Superstrata Electric 2022

Motor: Bafang, 250 W, 50 Nm
Batterie: LiIon integrated, 314 Wh
Display: Bafang LCD
Rahmen: 3D-printed Carbon Unibody
Gabel: Carbon, starr
Schaltung: Singelespeed
Bremsen: Shimano MT200, 160 mm v/h
Kurbelgarnitur: Bafang
Vorbau: FSA
Sattelstütze: starr
Sattel: Selle Italia Model X
Reifen: Road / gravel
Gewicht: ca. 20 kg
zul. Gesamtgewicht: n/a
Preis: 3.500 USD

Fazit

Insgesamt ließ uns das Superstrata Electric mit gemischten Gefühlen zurück. Die Herstellung des Rahmens und die individuelle Anpassung auf den einzelnen Kunden ist natürlich High End, keine Frage. Leider wird dieses Niveau in Sachen Komponentenauswahl und Abstimmung des E-Bikes nicht fortgeführt. Nur über den Lenker lässt sich der Charakter eines Fahrrads bzw. E-Bikes nicht verändern. Will es E-Rennrad sein? Will es ein urbanes E-Bike sein? Hier zwängt einem das Modell eine ungewöhnliche Sitzposition auf. Die Kombination eines Singlespeed-Antriebs mit einem Motor, der Drehzahlen braucht, macht das Modell in vielen Situationen schwierig zu fahren. Tolle Idee, aber nicht ganz so toll umgesetzt führen dann bei uns zum Urteil „Befriedigend“.

PRO
  • modernste Rahmentechnologie
  • steifer, schön designter Rahmen
  • eindrucksvolle Farbgebung
  • Motor nominal kräftig
  • Batterie für City ausreichend groß
CONTRA
  • schwerer Antrieb
  • Ergonomie gewöhnungsbedürftig
  • kaum Variabilität bei der Sitzposition
  • Verarbeitung verbesserungswürdig

Transparenzhinweis: Das Superstrata Electric wurde uns seitens des Herstellers für den Testzeitraum kostenlos zur Verfügung gestellt. Auf das Testergebnis und unsere Meinung hatte dies keinen Einfluss.