Auf Basis seiner Harmonic Pin-Ring-Technologie stellt der Spezialist aus dem bayrischen Seefeld einen neuen, kompakten Antrieb vor
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Mit dem TQ-HPR50 hat der innovative Hersteller aus dem bayrischen Seefeld soeben einen kompakten Antrieb vorgestellt, der die einzigartige Harmonic Pin-Ring-Technologie des Unternehmens nun auch für die boomenden Light-E-MTBs nutzbar macht. Der neue Motor soll zudem leicht und leise sein und mit einem nahezu sofortigem Kraftschluss aufwarten. Er kann formschön in den Rahmen integriert werden und soll den Weg für eine völlig neue Art von E-Mountainbikes freimachen. Wir stellen den neuen Antrieb hier in allen Details vor.

TQ-HPR50 Antrieb in der Übersicht

Zu Beginn ein Rückblick zur Geschichte des TQ-Antriebs. Die Clean Mobile AG wurde in den frühen 2000er Jahren gegründet und hat sich alsbald als führender Anbieter für E-Bike-Antriebe einen Namen gemacht. Nur die potentesten E-Bikes von Third Element, PG Bikes oder auch KTM und Corratec waren mit dem einzigartigen Antrieb mit Pin-Ring-Getriebe ausgerüstet, für dessen Entwicklung sich „Wetten Dass“-Gewinner Toni Rossberger als federführend zeichnete.

Toni Rossberger; Bild: Julian Mittelstaedt

Trotz der führenden Position im damaligen Markt für E-Bike-Antriebe und mehrerer Finanzierungsrunden geriet das Unternehmen Anfang 2012 dennoch in Schieflage und musste Insolvenz anmelden. Einer der größten Gläubiger war damals die TQ Group GmbH, die das Unternehmen dann 2013 im Rahmen eines Asset Deals samt Patenten und Entwicklungen übernommen hat.

Der PIN120-Antrieb kam kurze Zeit später auf den Markt und manifestierte hinsichtlich der Leistungsdaten die seit mehr als einem Jahrzehnt führende Position des Antriebs im E-Bike-Markt. Eingesetzt wurde der Antrieb trotzdem nur bei wenigen E-Bike-Marken, wobei M1 Sporttechnik hier als Erstes zu nennen wäre und in seinen Pedelecs, S-Pedelecs und auch R-Pedelecs bis heute auf den starken Motor setzt.

TQ Drives Bicycle Brand Contest 2017

Später ließ sich Haibike noch eine angepasste Version für seine Flyon-Modellreihe entwickeln, deren Durchbruch auch wegen Lieferproblemen zumindest am Anfang nicht wie gewünscht eintrat. Bis heute setzen daher nur wenige Hersteller von E-Bikes auf den Antrieb, der mit einer Leistung bis zu 850 Watt und 120 Nm Drehmoment die Konkurrenz locker überflügelt.

Bild: Haibike / PD-F

Das könnte sich mit dem neuen Antrieb ändern, denn dieser adressiert die immer beliebter werdende Kategorie der Light-E-MTBs. Immer mehr Hersteller entwickeln Produkte innerhalb dieser Kategorie und auch Antriebshersteller springen auf diesen Zug auf. So werden entweder angepasste bzw. leistungsreduzierte Antriebe (Orbea mit Shimano RS oder Yamaha AIR DRIVE bei R Raymon) oder speziell auf diesen Anwendungszweck ausgelegte Antriebssysteme entwickelt (Fazua RIDE 60).

Zu letztgenannter Art gehört auch der brandneue TQ-HPR50 Antrieb, welcher mit einem geringen Gewicht und vor allem einer kompakten und gut integrierbaren Bauform aufwartet. Durch die patentierte Harmonic Pin-Ring-Technologie (HPR) kann das Aggregat trotzdem Werte aufweisen, die bisher am Antriebsmarkt ihresgleichen suchen.

Tretlager; Bild: Julian Mittelstaedt

Bei der Entwicklung des neuen Systems ging es den Ingenieuren von TQ nie um maximale Kraft oder das höchste Drehmoment. Stattdessen wollte man ein Antriebssystem erarbeiten, welches sich beim Fahren so natürlich wie möglich anfühlt. Höher klettern, weiter fahren standen auf der Agenda, um schließlich mehr von dem zu erleben, was wirklich Spaß macht: Trails zu fahren und auf Downhills zu spielen.

Dafür benötigt man ein agiles und reaktionsfreudiges E-Mountainbike, welches den Fahrer nicht mit einem hohen Gewicht und eventueller Unhandlichkeit unnötig ausbremst. Zudem soll die Optik dem eines herkömmlichen Mountainbikes möglichst nahe kommen und auch die Geräuschentwicklung beim Fahren sich so identisch wie möglich zeigen.

Mit einem Drehmoment von 50 Nm und einer Peak-Leistung von 300 W liegt das HPR50-System in dem Bereich, in welchem sich andere Antriebe dieser „neuen“ Kategorie auch bewegen. Die Energieversorgung übernimmt dabei eine speziell für das System entwickelte Batterie mit 360 Wh, die unsichtbar im Rahmen untergebracht werden kann. Ebenfalls im Rahmen findet ein OLED-Display seinen Platz, welches über eine minimalistische Fernbedienung am Lenker gesteuert wird.

TQ-HPR50 Drive System im Detail

Drive Unit

Trotz des oben beschriebenen Entwicklungsziels liegt laut der TQ-Systems GmbH liegt die Drehmomentdichte mit 82 Nm/dm³ an der Spitze, wobei der Motor mit nur 1.850 Gramm den kürzlich vorgestellten RIDE 60-Antrieb von FAZUA (1.960 Gramm) übertrifft. Der neue TQ-Motor ist komplett „Made in Germany“, von der Entwicklung bis hin zur Produktion und wird am Firmenstandort am Ammersee gefertigt.

Explosionsmodell TQ-HPR50

Maßgeblich für die Macher aus Oberbayern sind aber nicht die nackten Zahlen, sondern das natürliche Fahrgefühl, welches man mit dem neuen Antrieb gefunden haben möchte. Dabei setzt man auch auf des „Weniger ist mehr“-Prinzip, wie das Unternehmen weiter mitteilt und achtet hier auf eine große Nutzerfreundlichkeit, der man mit einer Beschränkung auf drei Unterstützungsstufen begegnet.

Weiter in Zahlen messbar bleibt aber der Q-Faktor des Motors, der mit 135 mm so nahe an den analogen Fahrrädern liegt, wie kaum ein anderer Mittelmotor. Im Inneren soll die HPR-Technologie von TQ, die für elektrische Motoren für Roboter, Satelliten, Raumstationen und Mars Rover eingesetzt wurde und für die im Fahrrad angepasst wurde.

TQ-HPR50

Die Verwendung des patentierten HPR-Getriebes ermöglicht es TQ auf zusätzliche Zahnräder zu verzichten und damit eine der größten Quellen von Reibung, Geräuschen und potenziellen Schwachpunkten zu eliminieren. Zusätzlich erlaubt der Verzicht auf ein traditionelles Getriebe eine zuverlässige Motor- und Getriebenheit ohne schwere interne Teile aus Metall zu konstruieren und damit das Gewicht des Systems deutlich zu reduzieren.

Ein integriertes Schwungrad sorgt dafür, dass kein unnatürlicher Widerstand im Freilauf oder beim Fahren über dem gesetzlichen Limit der Motorenunterstützung auftritt und das mit dem Antrieb ausgerüstete E-Bike auch bei ausgeschaltetem Motor so leicht wie ein normales Fahrrad fahren lässt.

Batterie

Für sein neues Antriebssystem hat die TQ Systems GmbH eine neue, nach unten entnehmbare)Batterie entwickelt, die maximale Effizienz in einer möglichst kompakten Bauform vereint. Sie weist eine sehr hohe Energiedichte von 316 Wh/dm³, so dass trotz genügend Kapazität E-Bikes mit schlanken Rahmen entwickelt werden können, die so aussehen wie konventionelle Fahrräder.

TQ Batterie

Zudem bringt der Akku ein geringes Gewicht von nur knapp über 1,8 kg mit (1.835 Gramm), was laut TQ die Erhaltung der Kinematik eines normalen Fahrrads ermöglicht. Über den Hauptakku werden dann besagte 360 Wh ins System eingebracht. Wem das nicht reicht, kann über einen optionalen Range Extender nochmals 160 Wh hinzufügen. Laut TQ genug, um auch epische Ganztagestouren zu bewältigen.

TQ Range Extender

Display

Das TQ-HPR50 Antriebssystem wartet mit einem OLED-Display auf, welches in das Oberrohr des E-Mountainbikes integriert wird und eine Displayfläche von 2″ aufweist. Über dieses erhält der Nutzer dann volle Kontrolle über und Einblick in sein E-MTB und kann sich per Bluetooth mit seinem Smartphone verbinden oder aber per ANT+ auch ein GPS-Gerät oder zusätzlichen Fahrradcomputer verbinden.

TQ Display

Das Display selbst soll auch unter widrigsten Lichtbedingungen optimal ablesbar sein und liefert dem Nutzer alle wichtigen Systeminformationen. Es bringt ein reduziertes Design mit, wobei das System sich per einfachem Knopfdruck ein- und ausschalten lässt und auch ein Scrollen durch die einzelnen Screens erlaubt.

Remote

Die zugehörige Remote wird vorzugsweise am linken Lenkergriff angebracht und fällt dort kaum als solche auf. Über diese können Fahrer dann einfach zwischen den Unterstützungsstufen wechseln, ohne dabei die Hand vom Lenker nehmen zu müssen.

TQ Remote

Die Fernbedienung ist einfach per Steckverbindung angeschlossen, so dass man das elektrische Kabel einfach ausstecken kann, um so zum Beispiel Komponenten zu wechseln. In Sachen Design folgt diese auch dem Motto von TQ – „Weniger ist mehr“ – So können Mountainbiker diese quasi blind bedienen und müssen zur Nutzung nicht ständig auf die Fernbedienung starren.

TREK Fuel EXe mit TQ-HPR50

Als eines der ersten Modelle wird das brandneue TREK Fuel EXe mit dem neuen Antrieb von TQ Systems ausgerüstet werden. Warum die US-Amerikaner hier die Speerspitze beim Einsatz des neuen Antriebssystems bilden, gibt TQ Systems in einer Anekdote innerhalb der Pressemitteilung preis.

Wie so oft, begann alles mit einer zufälligen Begegnung auf der Eurobike 2018, als ein TREK Powerfly als Testträger für das TQ-HPR120S Antriebssystem diente. Aus dem zufälligen Treffen entwickelte sich dann laut TQ schnell eine enge Partnerschaft, als das Thema dann im Verlauf auf den gemeinsamen Wunsch nach leichten E-Bikes wechselte.

Die Ingenieure von TQ und TREK wurden dabei von der Frage angetrieben: „Wie kompakt können E-Bike-Antriebe mit integrierten HPR-Getriebe werden?“ Sie entwickelten daraufhin das auf den neuen TQ-HPR50 ausgelegte TREK Fuel EXe, welches schlussendlich eine Klassen-prägende neue Art von E-MTB hervorgebracht hat.

Der neue Antrieb ermöglicht es Fahrern des für 2023 erhältlichen TREK Fuel EXe, insgesamt mehr Downhills zu fahren, ohne von einem unerträglich hohen Gewicht ausgebremst zu werden. Dabei sind die Modelle noch leicht, elegant und ermöglichen es schneller Uphills zu bewältigen.

Sie sehen aus wie herkömmliche Mountainbikes und fühlen sich beim Fahren auch so an. Mit einem Antriebssystem, welches natürlich unterstützt und es den Nutzern ermöglicht, mehr Spaß zu haben, ohne faule Kompromisse eingehen zu müssen, wie es das Team von TQ ausdrückt. Oder: Alle Vorteile, keine Nachteile. Advanced, naturally.

Fazit

Der Markt für die sogenannten Light-E-MTBs boomt, nicht zuletzt weil auch „sportliche“ Mountainbiker auf den Geschmack gekommen sind und sich, zumindest zeitweise oder an schwierigen Stellen, eine elektrische Unterstützung gönnen möchten. Viele Hersteller sportliche E-Mountainbikes möchten ihren Kunden solche Modelle bieten und suchen daher nach passenden Antrieben oder lassen diese für sich entwickeln, wie es TREK nun mit dem TQ-HPR50 gemacht hat.

Felix Heine; Bild: Julian Mittelstaedt

Rein anhand der Eckdaten und Bilder sieht der neue Antrieb jedenfalls sehr interessant aus und hat das Zeug dazu, ein Gamechanger zu werden. Wie sich der neue Motor im gerade vorgestellten TREK Fuel EXe schlägt, gilt es schon bald in einem ausführlichen Praxistest herauszufinden. Wir werden dann hier natürlich von unseren Erfahrungen berichten.

Weitere Informationen zu TQ und der Technik des HPR50 finden sich auf tq-group.com sowie ab dem 12. Juli auf tq-ebike.com.