Der Automobilzulieferer MAHLE hat im Jahr 2021 trotz schwieriger Rahmenbedingungen Umsatz und Ertragskraft steigern können, stellt sich aber auf zunehmende Probleme für die globale Autobranche ein. Erst Corona, dann Halbleitermangel, jetzt der Krieg in der Ukraine und massiv steigende Kosten – der Stuttgarter Konzern gibt sich vorsichtig und verzichtet deshalb auf Prognosen für das laufende Jahr.
„Während MAHLE die Belastungen in den vergangen zwei Jahren zu einem großen Teil übernommen hat, bin ich überzeugt, dass in der jetzigen Situation Automobilhersteller und Zulieferer gemeinsam gefordert sind, als Partner über eine faire Lastenverteilung aus dieser schwierigen Situation herauszufinden“, machte Michael Frick, Stellvertretender Vorsitzender der MAHLE Konzern-Geschäftsführung und CFO, im Rahmen der Bilanzpressekonferenz deutlich.
Mit hoher Ausgaben- und Kostendisziplin treibt MAHLE seine strukturelle und technologische Transformation weiter voran.
Nach der coronabedingten Delle im Jahr 2020 legte der Umsatz des Technologieunternehmens im Geschäftsjahr 2021 wechselkursbereinigt um 11,9 Prozent auf 10,9 Milliarden Euro zu. Das Geschäft zog in allen Regionen und Geschäftsbereichen an. Der Nachfrageeinbruch im zweiten Halbjahr bremste jedoch weiteres Wachstum. Das operative Ergebnis vor Finanzergebnis und Steuern (EBIT) fiel mit 169 Millionen Euro wieder positiv aus (Vorjahr -192 Millionen Euro). Die operative EBIT-Rendite betrug 1,5 Prozent gegenüber -2,0 Prozent im Vorjahr.
„Diese positive Entwicklung ist zum einen auf die Umsatzsteigerungen und geringeren Restrukturierungskosten zurückzuführen. Zum anderen zeigten unsere Kosten- und Ausgabendisziplin sowie die Restrukturierungsprogramme den gewünschten Effekt“, erklärte Frick bei der Präsentation der Unternehmenszahlen.
Der Konzernjahresfehlbetrag verringerte sich um 75 Prozent auf -108 Millionen Euro. Dieser war bedingt durch höhere Finanzierungsaufwendungen und Steuerzahlungen, die nicht mit Verlustvorträgen verrechnet werden konnten.
Das Eigenkapital blieb 2021 mit 2,05 Milliarden Euro nahezu stabil. Die Eigenkapitalquote vermindert sich durch die verlängerte Bilanzsumme auf 23,9 Prozent. Der Verschuldungsgrad (Nettoverschuldung zu EBITDA) ging auf den Faktor 1,3 (Vorjahr 2,1) zurück. MAHLE hatte im April 2021 eine 750 Millionen Euro Anleihe bei hoher Investorennachfrage platziert. Es war die bislang größte Finanztransaktion.
„MAHLE verfügt über eine solide Basis und hohe Liquidität zur Finanzierung seiner Zukunft“, meinte Frick.
Im abgelaufenen Geschäftsjahr investierte die Gruppe 666 Millionen Euro (6,1 % vom Umsatz) – und damit mehr als im Vorjahr – in die Forschung und Entwicklung klimafreundlicher Mobilität.
„Für uns geht es darum, unsere Position als etablierter Tier 1-Zulieferer in den drei strategischen Feldern Elektromobilität, Thermomanagement und klassische Antriebe auszubauen beziehungsweise neu zu definieren“, bekannte Frick.
Der Schwerpunkt des Geschäfts werde sich in den kommenden Jahren immer stärker in Richtung E-Mobilität verlagern. 2030 plant MAHLE, den vom Pkw-Verbrennungsmotor unabhängigen Umsatzanteil von zuletzt über 60 Prozent auf 75 Prozent zu steigern.
2021 punktete das Unternehmen mit neuen E-Technologien, die zentrale Kundenwünsche adressieren: Reichweite, Komfort und schnelles Laden. Auf der Fahrzeugseite zählen dazu Kühltechnologien für Batterien, mit denen das Laden in wenigen Minuten erst möglich wird. Für die Ladeinfrastruktur entwickelte MAHLE eine Schnellladelösung mit Ladeleistungen von bis zu 750 Kilowatt. Für Effizienz und Komfort zugleich sorgen wärmepumpen-basierte Thermomanagement-Systeme. Sie reduzieren den Reichweitenverlust im Winter um bis zu 20 Prozent. Ein völlig neuartiger E-Motor, der ohne seltene Erden auskommt, stößt nach Unternehmensangaben bei zahlreichen Fahrzeugherstellern auf Resonanz.
Dort, wo die E-Mobilität heute noch an ihre Grenzen gelangt, will MAHLE die Lücke mit anderen Antriebstechnologien wie Wasserstoff, Brennstoffzelle oder E-Fuels schließen.
„Hier können wir schnell einen maßgeblichen Beitrag zum Klimaschutz leisten und zugleich unabhängiger von Erdöl und Gas werden“, erklärte Frick. Insbesondere bei Nutzfahrzeugen sieht er Potenzial. Als Teil der Mobilitätswende setzt MAHLE auch auf E-Bikes und baut ultraleichte und kompakte Antriebe.
Der Ausbau klimaneutraler Mobilität kommt aber nicht überall auf der Welt gleich schnell voran. Das Entwicklungstempo der E-Mobilität ist unterschiedlich.
Daher betonte Frick: „Solange es Verbrennungsmotoren gibt, wird MAHLE in diesem Bereich ein verlässlicher Partner für Markt und Kunden bleiben.“
Bei zahlreichen Komponenten für Verbrennungsmotoren ist MAHLE Marktführer und will seine Position in strategischen Bereichen stärken. Der Wandel vom Verbrennungsmotor zum Elektroantrieb hat den Veränderungsdruck in allen Bereichen erhöht.
„Umso besser ist es dann, wenn Arbeitnehmervertretung und Unternehmen ihre Ideen zusammenbringen“, merkte Anke Felder, Konzern-Geschäftsführerin und Arbeitsdirektorin, an.
Daraus ist bei MAHLE der Transformationsdialog entstanden, ein neuer Weg für die Zukunftsausrichtung deutscher Standorte, den das Unternehmen zusammen mit den Betriebsräten und der IG Metall im Jahr 2021 als Gemeinschaftsprojekt eingeschlagen hat.
Zur Stärkung der Kompetenzen und Fähigkeiten, die eine veränderte Mobilitätswelt erfordert, stellt MAHLE sich bei den Qualifizierungs- und Trainingsangeboten für die Belegschaft global weiter auf.
„Unser Anspruch sind leicht zugängliche Qualifizierungsangebote für alle Mitarbeitenden. Dafür haben wir eine moderne Lernlandschaft geschaffen“, machte Felder deutlich.
Die Beschäftigten finden dort relevante Trainingsinhalte zeitlich flexibel und einfach in den Arbeitsalltag integrierbar. Inhaltlich liegt der Fokus noch stärker auf E-Mobilität.
Ende 2021 waren im MAHLE Konzern rund 71.300 Mitarbeitende tätig und damit knapp 900 weniger als im Jahr zuvor. Die Personalreduzierung war Teil des 2020 eingeleiteten, transformationsbedingten strukturellen Konzernumbaus, der weiter vorangetrieben werden soll.
Weitere Details unter: www.mahle.com.