Das E-Cargobike mit langem Heck ist vielseitig nutzbar und bringt einige seltene und praktikable Lösungen mit
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Der Cargowagen NEO 1 wurde von Cannondale im Sommer letzten Jahres vorgestellt. Als Longtail komplettiert er die E-Lastenrad Range des US-amerikanischen Herstellers, in der auch noch ein Long John E-Cargobike zu finden ist (hier im First Ride). Praktikabler als ein solches, eventuell im Handling gewöhnungsbedürftiges Modell stellt sich aber für viele die Nutzung eines stabil gebauten Pedelecs dar, welches mit einem verlängerten Heck für die Aufnahme der Last aufwartet. Dieses lässt sich ansonsten ähnlich zu einem normalen Fahrrad fahren und kommt solchen Nutzern damit entgegen. Konnte es auch uns überzeugen?

Cannondale Cargowagen NEO 1 im Überblick

Der Cargowagen NEO 1 von Cannondale ist ein Longtail-E-Lastenrad mit Laufrädern in 20 Zoll. Damit verschafft der Hersteller dem Modell Wendigkeit, ermöglicht einen niedrigen Einstieg und genügend Platz für die Aufbauten.

Cannondale Cargowagen NEO 1

Im eigenständig gestalteten Aluminiumrahmen findet sich der Bosch Cargo Line Smart System Antrieb, der mit 85 Nm aufwartet und den Fahrer mit bis zu 400 % unterstützt.

Hinter dem Sitzrohr steht Platz für zwei, stehend montierte Akkus zur Verfügung, die dann eine maximale Reichweite von 1450 Wh bereitstellen können. Bei unserem Testmodell war ein einzelner Akku mit 725 Wh verbaut.

Geladen kann dieser entweder außerhalb des E-Bikes oder aber direkt am Cargowagen NEO 1. Auf dem Unterrohr findet sich eine dicht abschließende Klappe, die den Ladeport bei Nichtbenutzung vor Verschmutzung schützt.

Am BMX-ähnlichen Lenker, der an einem verstellbaren Vorbau angebracht ist, hat Cannondale das Kiox 300 Display angebracht. Über die LED Remote am linken Lenkergriff wird dieses bedient, wobei man sich darüber auch mit dem Smartphone verbinden kann.

Am anderen Lenkergriff findet sich der Drehgriff für die Enviolo HD Nabenschaltung, über welche die passende Übersetzung für die aktuelle Fahrsituation eingestellt werden kann.

Eine Federgabel von SR Suntour mit 80 mm Federweg soll unterwegs für den notwendigen Komfort sorgen, leider nicht mit Luftfeder für bessere Anpassung an den Ladezustand.

Ihr steht noch eine absenkbare Sattelstütze mit integrierter Federung zur Seite. Ergonomische Griffe ergänzen dann noch die Ausstattung in Sachen Kontaktpunkte.

Für Sicherheit beim Abbremsen des eventuell voll beladenen E-Cargobikes wird über die hydraulischen Scheibenbremsen von Shimano gewährleistet, die mit vier Kolben und großen Bremsscheiben aufwartet.

Cannondale hat verschiedenes Zubehör im Programm, die eine Anpassung an den Einsatzzweck des E-Longtails erlauben sollen. Bei unserem Testbike war das Surround Rail für 260 EUR, die Seat Pads in doppelter Ausführung (70 EUR) und der Cargowagen Pannier Bag für 130 EUR an Bord.

Optional stehen noch ein Regencover für die hinteren Passagiere und zwei verschieden Frontkörbe zur Auswahl. Für unsere Zwecke war das Modell mit 200 kg Zuladung aber passend ausgerüstet.

Auf der Fahrt

Mit locker über 40 Kilogramm mit dem verbauten Zubehör ist der Cargowagen NEO 1 nicht gerade das leichteste E-Longtail im Handel. Das Rangieren fühlt sich aber nicht so an und das Parken schon gar nicht.

Die Mechanik wurde hier so gestaltet, dass das Modell ohne viel Kraftaufwand auf dem breiten Ständer abgestellt werden kann und genauso einfach wieder auf die Räder gelangt.

Angetrieben vom stärksten, regulären Antrieb von Bosch eBike Systems sollte man auch in beladenem Zustand so gut wie jedem Anstieg gegenüber gewappnet sein.

Dies zumindest in der Theorie, denn in der Praxis raubt die geringe Bandbreite der Enviolo HD dem Modell doch einiges an Kletterfähigkeit. Besonders an steilen Ansteigen oder mit viel Beladung wünscht man sich daher oft eine Kettenschaltung, denn Wiegetritt mit dem Lastenrad macht keinen Spaß!

Abgesehen davon machte der Motor hier einen guten Job und brachte den Cargowagen NEO 1 gut voran, auch mit Beladung. In der Fahrstufe CARGO sorgte dabei für ein optimales Anfahrverhalten und konnte zudem in der kürzlich aktualisierten eBike Flow App noch angepasst werden.

Ride-Mode hochkant

Dank der kleinen Laufräder mit passender Schwalbe Pick Up Bereifung ist man auch in beladenem Zustand agil und gleichzeitig sicher mit genügend Grip unterwegs.

Bei der Abdeckung für die Ladebuchse scheinen sich die Ingenieure ein Denkmal gesetzt zu haben. Diese funktioniert zwar sehr gut, aber beim Verschließen benötigen manche Nutzer zwei Hände, was eigentlich nicht der Sinn der Sache sein sollte.

Der breite und bequem gepolsterte Sitz mag auch nicht jedermanns Sache sein, er zeigte sich aber auf längeren Fahrten als gute Lösung. Auch die absenkbare Sattelstütze kommt dem Komfort und der Sicherheit entgegen, genauso wie die Federgabel.

Im Unterrohr hat Cannondale ein offenes Fach eingearbeitet, welches für die Aufnahme einer Trinkflasche, dem Handy oder weiteren Utensilien anbietet, die man griffbereit haben möchte. Ein verstellbarer Gummizug steht dabei zu deren Sicherung bereit.

Größere Kinder gelangen zwar kletternd auf die Rückbank auf dem Gepäckträger, empfinden den Aufstieg gegenüber anderen Modelle wie dem Car.Los M1 aber umständlicher.

Ebenfalls sind die Sitzpads mit ihrem kurzen Kontaktbereich an den Klettbändern ziemlich wackelig befestigt und können so leicht verrutschen. Eine Rückenlehne gibt es nicht für Geld und gute Worte.

Der Platz für die Mitfahrer hinten ist ansonsten sicher aufgebaut. Es fehlen weder der notwendige Radkasten, um zu verhindern, dass man während der Fahrt in das sich drehende Rad kommt, noch stabile Fußstützen.

Einziger Kritikpunkt könnte sein, dass man nicht die Seitentasche und das Kind bzw. den Mitfahrer transportieren kann, da die Tasche trotz zusammengefaltetem Zustand das Kind beim Fahren gestört hat.

Die Tasche verfügt über magnetische Fidlock-Verschlüsse, welche die Handhabung sehr erleichtert haben und ein schnelles Öffnen und ein genauso schnelles Schließen ermöglicht haben.

Eine schöne Idee stellen die beiden Tragetaschen dar, die zusammengefaltet in der Tasche untergebracht sind und im aufgefalteten Zustand genau den Platz der Seitentasche ausfüllen.

In die per Klettbänder am Gepäckträger montierte Tasche passt eine Menge hinein und wenn man diese nicht benötigt, kann man sie flach zusammenfalten. Dann aber werden die Spannbänder richtig lang und man muss diese sicher unterbringen.

Genau dies ist aber nicht gut gelöst, denn wenn man die Bänder zusammenfaltet und dann an den Clips befestigt, hält dies nur für kurze Zeit. Dann baumeln diese wieder bis auf den Boden herab, mit der Gefahr sich irgendwo einzuklemmen, schlimmstenfalls im Rad.

Die großen Schutzbleche samt Schmutzlappen sollten Regen und Gischt gut abhalten, mangels Regen könnten wir diese nicht ausprobieren. Das Rahmenschloss vorne an der Vorderradgabel ist gut genug, wenn man einmal geschwind beim Bäcker halten muss.

Eine Verriegelung für eine Zusatzkette ist vorhanden, war aber bei unserem Testbike nicht mit dabei. Außerdem erledigt das hohe Gewicht sein Übriges gegen spontanen Diebstahl.

Gut auch der große und helle Scheinwerfer von Lezyne, der auch in Dämmerung und Dunkelheit für ausreichend Sicht und Sichtbarkeit sorgen dürfte. Hinten zeigte sich das breite Rücklicht ebenfalls gut sichtbar.

Cannondale Cargowagen NEO 1 2024

Motor: Bosch Cargo Line, 250 W, 85 Nm
Batterie: Bosch Power Pack 725, 725 Wh
Display: Bosch LED Remote / Kiox 300
Rahmen: Aluminium
Gabel: SR Suntour Mobie 34 Cargo, 80 mm
Schaltung: Enviolo Heavy Duty
Bremsen: Shimano MT420, 2023/180 mm v/h
Kurbelgarnitur: Samox, 52T
Vorbau:Alloy, Adjustable angle, 31.8
Sattelstütze: TranzX Suspension dropper, 70 mm
Sattel: Cannondale Comfort
Laufräder: 20″
Reifen: Schwalbe Pick-Up, 20×2.6″ v/h
Gewicht: 39 kg
zul. Gesamtgewicht: 200 kg
Preis: 5.499 EUR

Fazit

Mit dem Cargowagen NEO 1 hat Cannondale ein praktisches Longtail E-Lastenrad im Portfolio, welches sich als verlässlicher Begleiter im Alltag zeigen kann. Das Modell bringt einige Lösungen mit, die man so bei keinem anderen Modell findet. Das fängt beim „Handschuhfach“ an und hört beim easy zu bedienenden Mittelständer nicht auf. Auch die Entscheidung, den Cargo Line Antrieb zu verbauen, zeigte sich als praktikable Lösung bei unseren Testfahrten. Die Enviolo HD ist nicht für alle Topografien die optimale Schaltung. Hier gibt es aber im Portfolio von Cannondale eine Variante mit 10-fach Deore-Schaltung, die sich in die Bresche wirft. Insgesamt konnte uns der Cargowagen NEO 1 überzeugen und sollte sich für Familien mit viel Transportbedarf, aber auch kleinere Handwerke als gutes Transportmittel für Alltag und Freizeit darstellen.

PRO
  • stabiler Rahmen
  • kräftiger Motor mit leisem Lauf
  • große Batterie
  • DualBattery serienmäßig
  • guter Komfort
  • Federgabel
  • breiter Sattel
  • ergonomische Griffe
  • absenkbare, gefederte Sattelstütze
  • leicht bedienbarer, stabiler Mittelständer
  • breite Schutzbleche mit Schmutzlappen
  • Einhausung für Hinterrad
  • breite, stabile Fußstützen
  • große Seitentasche (Option)
CONTRA
  • Federgabel nur mit Stahlfederung
  • Spannriemen von Tasche lösen sich andauernd

Transparenzhinweis: Unser umfangreicher Test des Cargowagen NEO 1 wurde von der Cycling Sports Group Europe B.V. hinsichtlich der Produktionskosten unterstützt. Auf das Testergebnis und unsere Meinung hatte dies keinen Einfluss.