Ein Gremium der Initiative „Händler helfen Händlern“ hat sich gestern Abend in einer digitalen Sondersitzung mit ihren Rechtsanwälten auf ein gemeinsames Vorgehen in Sachen Verfassungsbeschwerde gegen die Gesetzesnovelle des Infektionsschutzgesetzes verständigt, das am Mittwoch im Bundestag zur Abstimmung steht. Nach Prüfung durch die Rechtsanwälte unter der Federführung der Kanzlei Heuking steht einer Verfassungsbeschwerde in Form einer Sammelklage nichts im Wege, sollte das Gesetz durch Bundestag und Bundesrat diese Woche ratifiziert werden. Auch Verfassungsrechtler waren zugeschaltet.
Die Gruppe von Händlern in Deutschland sehen sich in ihrem Vorhaben, gegen die Gesetzesnovelle des Infektionsschutzgesetzes gemeinsam und geschlossen vorzugehen, bestätigt. Gestern Abend bekam das Gremium, darunter INTERSPORT, Rose Bikes, Ernstings Family, Tom Tailor, Engelhorn, L&T, Bonita, Modehaus Fischer, ANWR Schuheinkaufsverbund und die Verbundgruppe EK Servicegroup von Rechtsexperten der Kanzlei Heuking die Empfehlung, eine Verfassungsbeschwerde einzuleiten und in Form einer Sammelklage vor das Verfassungsgericht zu ziehen.
Alexander v. Preen, CEO der INTERSPORT Deutschland eG, sieht in dem Änderungsvorschlag zum Infektionsschutzgesetzt eine Ungleichbehandlung im Wettbewerb zementiert:
Marcus Diekmann, Initiator von „Händler helfen Händlern“ und CEO von Rose Bikes ergänzt:
Neben der Ungleichbehandlung sieht das von Diekmann und v. Preen angeführte Händlergremium in dem Änderungsvorschlag des Infektionsschutzgesetzes eine große Unverhältnismäßigkeit, die insbesondere den stationären Einzelhandel hart treffe: „Schon heute haben wir vom RKI die Gewissheit, dass der Einzelhandel kein Infektionsherd ist. Dennoch verschärft die Gesetzesnovelle die Beschränkungen im Einzelhandel unverhältnismäßig stark. So ist beispielsweise die unter Infektionsgesichtspunkten völlig unproblematische Möglichkeit von Click & Collect ab einem gewissen Inzidenzwert nicht mehr möglich“, kritisiert INTERSPORT-CEO v. Preen.
Wettbewerbsbezogene Ungleichbehandlung, Intransparenz bei der Festsetzung von Systemrelevanz und die Unverhältnismäßigkeit im Infektionsschutz sind für die Händler-Initiative der Anker, um kurz vor der Abstimmung im Bundestag das Gehör noch einmal den Dialog mit der Politik zu suchen. „Faktisch ist die Gesetzesvorlage in der jetzigen Form der Freifahrtschein für einen Dauerlockdown. Deutschland kann mehr als nur Lockdown. Wir wollen Lösungskonzepte, die Mittel dafür sind da: FFP-Masken, Apps zur Kontaktnachverfolgung, Hygienekonzepte. Lasst uns darüber reden, bevor das Gesetz in Stein gemeißelt ist,“ appelliert Diekmann.
„Unser Ziel ist es, dass wir eine Perspektive bekommen, dass unsere Läden öffnen dürfen – selbstverständlich unter strengen Hygienekonzepten“, formuliert v. Preen stellvertretend für die vielen tausend Unterstützer, die sich der Initiative bereits angeschlossen haben. Man habe sich darauf verständigt, Kompetenzen zu bündeln sowie Knowhow und Ressourcen gemeinsam einzubringen. Die Gruppe ist mit dem Handelsverband HDE im engen Austausch und man hat sich für einen Zusammenschluss mit der Initiative „Das Leben gehört ins Zentrum” ausgesprochen, die am vergangenen Wochenende gestreut wurde und eine breite Zustimmung erfahren hat.
Ein erster Schritt des gemeinsamen Handelns ist das Aufsetzen einer zentralen Datenbank, in der alle Rechtsgrundlagen, bisherigen Urteile und Gutachten als Arbeitsgrundlage für die Sammelklage einfließen werden. Daneben will die Händler-Initiative auch zivilrechtliche Verfahren prüfen. Man beruft sich hier auf vergangene Urteile auf Landesebene wie zum Beispiel die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts in Münster, das der Klage einer Media Markt Filiale wegen Ungleichbehandlung Recht gab oder die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, dass Schuhhändler systemrelevant sind und in Bayern öffnen dürfen – bevor die jeweiligen Landesregierungen die Gesetze wieder nachjustierten.
Neben der geplanten Verfassungsbeschwerde werden die Vertreter der Initiative zusammen mit politischen Oppositionsfraktionen ferner prüfen, ob ein eigenes Normenkontrollverfahren gegen die Gesetzesnovelle eingeleitet werden kann.
Auch werden Möglichkeiten in Erwägung gezogen, vor den Europäischen Gerichtshof zu ziehen.