Die Sonne scheint, der Frühling ist da! Viele Menschen zieht es dieser Tage aufs Fahrrad. Auf dem Sattel angekommen merken sie jedoch schnell, dass politische Entscheidungsträger in Bund, Ländern und Kommunen ihre Mobilitätsbedürfnisse immer noch nicht ausreichend ernst nehmen. Die kürzlich für das Jahr 2023 veröffentlichten Marktdaten des ZIV – Die Fahrradindustrie zeigen es deutlich: Dem Fahrradmarkt geht es trotz der wirtschaftlichen Flaute relativ gut. Die Läger bei den Händlern sind voll und das Geschäft zieht aktuell – nach der Kaufzurückhaltung im vergangenen Jahr – langsam wieder an. Der Fahrradbestand steigt und vor allem E-Bikes und E-Lastenräder liegen voll im Trend.
Anke Schäffner, Leiterin für Politik und Interessensvertretung beim ZIV, sorgt sich jedoch darum, dass die von nahezu allen Parteien angestrebte Verkehrswende in den nächsten Jahren in massives Stocken geraten könnte: „Wir erleben aktuell, dass der Radverkehrsbereich stärker von Mittelkürzungen betroffen ist als dies weitaus umweltschädlichere Verkehrsträger erleben müssen. Wir brauchen wieder mehr Rückenwind fürs Fahrrad!“
Bundesverkehrsminister Volker Wissing sagte bei einem Treffen mit seinen Amtskollegen aus anderen EU-Staaten in Brüssel: „Durch die neuen Reichweiten, die man mit der Elektrifizierung des Fahrrads erreicht, brauchen wir auch neue Verkehrsinfrastrukturen“.
Doch wie es das Manager Magazin in der vergangenen Woche gut darlegte, stocken verschiedenste ambitionierte Projekte im Radverkehrsausbau und der -förderung gegenwärtig massiv. Im Rahmen der EU-Verkehrsministerkonferenz wurde die europäische Erklärung zum Radverkehr vom Europäischen Parlament, vom Europäischen Rat und der Europäischen Kommission proklamiert. Ein Meilenstein für die Radverkehrspolitik und für die Fahrradverbände auf europäischer Ebene. In der Erklärung heißt es u. a.: „Um das Ziel, mehr Menschen auf das Fahrrad zu bringen, zu erreichen, sind entsprechende Finanzmittel für den Radverkehr erforderlich, und zwar auf lokaler, nationaler und europäischer Ebene. Es ist ein angemessenes Maß an Investitionen notwendig, um die Bedingungen für den Radverkehr deutlich zu verbessern und die Instandhaltung der Infrastruktur zu gewährleisten.“ In Deutschland gehen die Entwicklungen gerade in eine andere, entgegengesetzte Richtung.
In ihren Bundestagswahlprogrammen hatten die Ampel-Parteien noch vollmundig ganz andere Versprechungen für das Fahrrad gemacht: Die SPD schrieb „wir werden den Straßenverkehr im Sinne der Vision Zero sicherer machen, insbesondere auch für die vielen Radfahrer“.
Die Grünen wollten Deutschland zum Fahrradland entwickeln und würdigten in ihrem Bundestagswahlprogramm auch die vielen Arbeitsplätze, die die Fahrradindustrie dem Land biete. Auch die Freien Demokraten wollten deutlich mehr sichere Radwege. Doch die Bilanz fällt für alle Parteien bisher eher dürftig aus. Von „bereit, weil ihr es seid“ und anderen Wahlkampfsprüchen ist heute wenig geblieben und selbst eine Reform des Straßenverkehrsgesetz steckt nach wie vor zwischen Bund und Ländern fest, was der ZIV bereits im Januar kritisierte:
„Wir erwarten, dass schnellstmöglich der Vermittlungsausschuss angerufen wird, um die StVG-Reform zum Abschluss zu bringen“, so ZIV-Geschäftsführer Burkhard Stork.
Anke Schäffner mahnt die Koalitionsparteien, keine weiteren Kürzungen beim Radverkehr vorzubereiten, wenn sie nicht noch weiter hinter den eigenen Erwartungen zurückfallen wollten und wenn das Ziel „Fahrradland Deutschland“ nicht in allzu weite Ferne rücken soll.
Weitere Informationen unter: www.ziv-zweirad.de.