Den Niederländern steht das Wasser bis zu den Haarspitzen
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Die Accell Group, zuletzt mit einem “CCC-” Rating von der Ratingagentur Fitch bedacht, steht vor finanziellen Herausforderungen und sucht nach Lösungen zur Schuldenreduzierung. CEO Tjeerd Jegen, der mit Umschuldungen Erfahrung hat, wendet sich an Investoren, um die Schuldenlast von 1,2 Milliarden Euro zu bewältigen. Ein Bericht des „Het Financieele Dagblad“ beleuchtet die aktuelle Lage des Unternehmens.

Schulden und Lagerbestände

Die Nachfrage nach E-Bikes ist seit dem Ende der Pandemie stark zurückgegangen, was zu hohen Lagerbeständen führte. Ende 2023 verfügte Accell über 320.000 Fahrräder, deren Lieferanten bereits bezahlt wurden. Um die Lagerbestände zu reduzieren, stellte Accell die Produktion neuer Fahrräder ein und konnte die Lagerbestände auf 210.000 reduzieren. Jegen strebt an, bis Ende dieses Jahres wieder eine normale Lagerbestandsmenge zu erreichen.

Finanzielle Maßnahmen

Accell musste bereits 500 Millionen Euro zusätzliches Kapital aufnehmen. Die Eigentümer KKR und Teslin stellten weitere 300 Millionen Euro als Notkredit bereit. Jegen betont, dass die Schulden in einem „guten Verhältnis zur Rentabilität“ stehen sollen, um die geplanten Unternehmensziele zu erreichen. Konkrete Zahlen nannte er jedoch nicht.

Babboe-Rückruf und Umsatzeinbruch

Ein weiterer finanzieller Rückschlag ist der Rückruf von 10.000 Babboe-Lastenrädern, was Kosten von rund 50 Millionen Euro verursacht. Zudem stagniert der Umsatz seit vier Monaten, was einen Verlust von 75 Millionen Euro bedeutet.

Es bleibt zudem weiter unklar, ob die strafrechtlichen Ermittlungen zu den unsicheren Rahmen der Babboe-Lastenräder bereits abgeschlossen sind. Erst nach Abschluss dieser Untersuchungen wird die Staatsanwaltschaft entscheiden, ob sie das Unternehmen und seine (ehemalige) Geschäftsführung strafrechtlich verfolgen und welche Strafen möglicherweise verhängt werden.

Umschuldungspläne und Produktion

Um die Profitabilität zu steigern, verlagerte Accell Teile der Produktion von Heerenveen und Deutschland nach Ungarn und in die Türkei. Es gibt aktuell sogar Gerüchte, dass die Marke GHOST in der Marke HAIBIKE aufgehen könnte, was vom GHOST-CEO Christoph Mannel aber schleunigst dementiert wurde.

Gespräche mit Aktionären und Gläubigern haben begonnen, um die Schulden langfristig zu refinanzieren. Jegen hofft auf neues Kapital von Aktionären und sogar einen teilweisen Schuldenerlass durch Gläubiger (sog. Haircut).

Personalveränderungen

Epco Vlugt, einer der Gründer von Velosophy und Entwickler der Marke Babboe, verließ die Accell Group stillschweigend im Mai 2024. Nach verschiedenen Führungspositionen im Unternehmen blieb Vlugt bis zu seinem Austritt als Chief Product & Marketing Officer tätig. Er gründete nun EV Creative Solutions, um als unabhängiger Berater zu arbeiten.

Die Accell Group steht vor einer überaus kritischen Phase, die nur mithilfe einer sehr positiven Erwartungshaltung zugunsten der Entwicklung des E-Bike-Marktes überwunden werden kann. Tragen die Aktionäre und Gläubiger diese Vision?

Mit Informationen des Het Financieele Dagblad.

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