Als VanMoof im Jahr 2009 an den Start ging, damals noch mit konventionellen Fahrrädern, klang das Ziel der Gebrüder Carlier vielversprechend: Man wolle dafür sorgen, möglichst so viele Menschen in den Metropolen der Erde aufs Fahrrad zu bringen, wie es bereits in deren Heimatstadt Amsterdam der Fall war. Ein hehres Ziel, welches man im Laufe der Jahre mit Geld aus unzähligen Finanzrunden untermauerte und zudem später dann auch E-Bikes auf die Straßen brachte, die den Nerv der hippen Städter zu treffen schienen. Jedenfalls dann, wenn sie keinen Service bedurften.
Eines hatten bisher alle E-Bikes der Marke gemeinsam: Sie werden mit zahlreichen proprietären Teilen ausgerüstet, die es so nur bei VanMoof gibt. Das sollte zwar die Aftersales ankurbeln, kann aber auch hohe Servicekosten verursachen. Letzteres hat sich jetzt wohl als Zeitbombe für das Unternehmen herausgestellt, denn die Servicekosten sind mittlerweile exorbitant gestiegen, allein auf 8 Mio. EUR in 2021, wie das niederländische FD zum Jahreswechsel 22/23 berichtete.
Die beiden Gründer haben zwar im darauf folgenden Jahr versucht, das Ruder herumzureißen und Gillian Tans, die ehemalige CEO von Booking.com, als Präsidentin berufen. In diesem Zuge traten beide Carlier-Brüder von ihren exekutiven Positionen zurück und kümmerten sich eher um die weitere Strategie ihres Unternehmens.
Mehr hat man seither aber nicht hinsichtlich eines Einflusses auf die Geschäftsstrategie mitbekommen. Auch wenn die kurz zuvor eingeführten VanMoof S5 & A5 Modelle bereits zum Start ausverkauft waren, mündete der Ausblick für das Unternehmen Ende 2022 in eine schier aussichtslose Lage.
Hier nämlich konnte man erfahren, dass VanMoof kurz vor einer Insolvenz gestanden hatte und dies nur in intensiven Verhandlungen mit Investoren und Lieferanten abwenden konnte. 10 bis 40 Millionen EUR wollte man auftreiben, am Ende war es mit knapp sechs Millionen USD doch eher ein Kleckerbetrag. Vor allem, wenn man diese Summe in Relation zu den hohen Servicekosten setzt.
Dass man bis heute durchgehalten hat, ist wohl auch Gillian Tans zu verdanken, die zu Beginn des zweiten Quartals eine neue Investorenrunde auf den Weg brachte, die von Hillhouse Investments geleitet wurde und erneut 128 Millionen EUR in die Kassen spülte.
Trotz dieses Hintergrunds erscheint es aber bedenklich, dass sowohl VanMoof-Präsidentin Gillian Tans, als auch der CEO und auch einer der Gründer-Brüder das Unternehmen inzwischen heimlich still und leise verlassen haben sollen. Wussten diese bereits vorher, wohin das Unternehmen steuert?
Für Deutschland jedenfalls scheint das Unternehmen jedenfalls bereits seinen Rückzug beschlossen zu haben, denn hierzulande wurden bereits die meisten selbst betriebenen Service-Hubs geschlossen. Kunden sollen auf ein Service-Netzwerk aus Werkstätten ausweichen, welches aber erst noch so richtig aus der Taufe gehoben werden muss.
Im Heimatmarkt arbeitet man seit kurzem mit KwikFit NL zusammen, einer Art ATU, bei welchen die E-Bikes dann gewartet und repariert werden sollen. Man sieht hier genau, wo der Schmerzpunkt des Unternehmens liegt und wir sind nicht ganz sicher, ob diese Maßnahmen das Problem beseitigen werden.
Kurz vor Ende des Monats Juni gab es dann Probleme mit dem Bestellsystem, was kurzerhand mit technischen Herausforderungen erklärt wurde. Jedes andere Unternehmen, welches im Internet verkauft, würde sich dann so schnell wie möglich um die Wiederherstellung der Systeme kümmern.
Nicht so VanMoof. Hier hat man den Verkauf sogar planmäßig ausgesetzt. Angeblich, um Lieferproblemen von Ersatzteilen zu entgehen und die hohe Servicequalität aufrechtzuerhalten. Man teilt mit, dass man in der Zwischenzeit Produktion und Auslieferung bestehender Aufträge nachholen möchte.
Dabei lässt man sich das Sommergeschäft entgehen? Kaum zu glauben.
Infos from a internal about the current state
by u/MapplePad in vanmoofbicycle
Ein auf Reddit veröffentlichtes Memo soll beweisen, dass man nicht kurz davor stehe, bankrott zu gehen. Aber hey, würde das ein gesundes Unternehmen so machen? Würde es sich dann nicht eher direkt an die Öffentlichkeit wenden, um jegliche Gerüchte zu zerstreuen? Das Argument, zu viele Bikes auf den Straßen zu haben, hätte zum Jahreswechsel fast auch nicht gezogen.
Mittlerweile ist der Konfigurator bzw. das Bestellsystem seit fast zwei Wochen ausgesetzt, genauso wächst der Unmut vieler Käufer, die sich zuvor für ein E-Bike von VanMoof entschieden hatten. Obwohl das Unternehmen über seinen Twitterkanal immer wieder beschwichtigt, glauben wir, dass hier noch mehr dahinter steckt.
Es gibt neue Informationen: VanMoof hat vor Gericht um Zahlungsaufschub gebeten.