Schnelle Pedelecs, auch S-Pedelecs genannt, bergen großes Potenzial, den Autoverkehr auf klimafreundliche Alternativen zu verlagern. Zum autofreien Tag am 22.09.2021 veröffentlichen der ökologische Verkehrsclub VCD, Bundesverband Zukunft Fahrrad e.V. (BVZF) und der Verbund Service und Fahrrad (VSF) ein Hintergrundpapier, das zeigt, welche Stärken S-Pedelecs haben und wie sie den Mobilitätsmix sinnvoll ergänzen.
Die größte Stärke von S-Pedelecs liegt in ihrer Geschwindigkeit: über 30km/h sind mit ihnen möglich, damit können sie auch auf längeren Strecken problemlos das Auto ersetzen. Besonders für Pendelnde sind die schnellen, von einem Elektromotor unterstützten, Speed-Pedelecs eine klima- und gesundheitsfreundliche Mobilitätsalternative, die auch Kraft und im Vergleich zum Auto Kosten spart. Studien zeigen jedoch, dass bislang nur 11 Prozent der Wege im Berufsverkehr mit dem Rad zurückgelegt werden, obwohl 64 Prozent aller Pkw-Fahrtstrecken kürzer als 10 km sind. Aus Sicht der Mobilitätsverbände besteht hier ein großes, ungenutztes Verlagerungspotenzial gerade auch bei Strecken, die länger als 10 km sind.
Anika Meenken, VCD-Sprecherin für Radverkehr und Mobilitätsbildung: „Um die Klimaziele im Verkehr zu erreichen, kommen wir nicht umhin, das Autoaufkommen drastisch zu reduzieren. Das Potenzial von S-Pedelecs wurde bislang vernachlässigt und das können und dürfen wir uns nicht länger leisten. S-Pedelecs sind eine sinnvolle und wirksame Ergänzung für einen klima- und gesundheitsfreundlichen Mobilitätsmix – sofern die Politik die passenden Rahmenbedingungen schafft.“
Dass S-Pedelecs in Deutschland für viele noch keine attraktive Alternative sind, liegt vor allem an mangelnder Infrastruktur und komplizierten Regelungen. Laut StVO gelten sie als Kleinstkrafträder und dürfen deshalb nur auf Straßen gefahren werden. Rad, Wald- oder Feldwege sind für S-Pedelecs untersagt. Dadurch ist der direkte Weg von A nach B oft nicht möglich und zeitaufwendige Umwege müssen eingeplant werden. Dieses Verbot ist für die Verbände nicht nachvollziehbar. Denn die durchschnittlich gefahrene Geschwindigkeit liegt auch bei S-Pedelecs nur bei rund 23 km/h – das entspricht schnellem Radfahren ohne zusätzlichen Antrieb.
Alexander Rosenthal, Referent für politische Kommunikation des BVZF: „Das S-Pedelec kann für Pendler*innen auch für längere Strecken eine echte umweltfreundliche Konkurrenz zum PKW sein. Und es ist absolut verkehrstauglich: gedrosselt auf dem Radweg und voll ausgefahren auf der Straße kann man gut angepasst und ohne große Manöver im Verkehrsfluss mitschwimmen. Damit das S-Pedelecs noch attraktiver wird, muss die zu starre Autostraßen-Benutzungspflicht reformiert werden.“
Die Infrastrukturproblematik spiegelt sich auch in den Verkaufszahlen wider. Lediglich ein Prozent aller verkauften E-Bikes in Deutschland sind S-Pedelecs, während ihr Anteil in der Schweiz mit etwa 25 Prozent deutlich höher liegt. Dabei überzeugen die Gefährte nicht nur mit ihrer Geschwindigkeit, sondern auch durch ihre Flächeneffizienz. Da sie nur 10 Prozent der Stellplatz- und 20 Prozent der Verkehrsfläche eines Autos beanspruchen, entlasten sie das Verkehrsaufkommen maßgeblich.
Jasper Berg, Leiter des VSF-Hauptstadtbüros: „Wenn wir es schaffen, gemeinsam mit der Politik bessere Rahmenbedingungen für das S-Pedelec zu gestalten, können wir vielen Menschen – besonders Pendler*innen mit längeren Strecken – eine echte Alternative zum Auto anbieten. Im Ergebnis können wir Verkehrsströme entzerren, Flächen effizienter nutzen, unserer Gesundheit einen Gefallen tun und einen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele im Verkehr leisten.“
Um das Potenzial von S-Pedelecs für die Verkehrswende zu nutzen, braucht es aus Sicht des VCD, BVZF, VSF eine Erweiterung des Wegenetzes. Kommunen müssen die Entscheidungshoheit haben, geeignete Radwege sowie Fahrradstraßen und Radschnellwegeverbindungen für S-Pedelecs freizugeben. Außerdem müsse mehr Aufklärung über Unterschiede zu normalen (E-) Fahrrädern betrieben werden, um aggressivem Verhalten oder riskanten Überholmanövern von Autofahrenden vorzubeugen. Nur wenn die richtigen Voraussetzungen geschaffen werden, können möglichst viele klimafreundlich und sicher auch auf den schnellen Zweirädern unterwegs sein.