Die Titici Everso E-Enduro wurde bereits im September 2020 vom italienischen Hersteller aus Asola vorgestellt. Die Entwickler setzten dabei auf einen selbst entwickelten Vollcarbonrahmen und ließen sich beim Single Pivot-Hinterbau von bewährten Techniken im MotoCross inspirieren. Umso mehr waren wir gespannt, das E-MTB endlich einem Test zu unterziehen. Wie sich das Titici Everso geschlagen hat und was uns beim Fahren aufgefallen ist, verraten wir in diesem Beitrag.
Titici Everso Premium im Überblick
Der Hauptrahmen des Titici Everso Premium ist in einem glänzendem Silber gehalten, zu welchem der kupferfarbene Hinterbau einen tollen Kontrast bietet. Der Bling-Bling-Faktor ist schon einmal sehr hoch!
Wie alle Everso-Modelle ist auch unser Testbike mit dem Shimano EP8-Motor ausgerüstet, welcher mit 85 Nm Drehmoment auch steilste Anstiege bewältigen kann.
Durch den im Unterrohr integrierten 630-Wh-Akku steht Nutzern des Modells eine in den meisten Fällen genügende Reichweite zur Verfügung. Die Batterie aus dem Shimano-Baukasten ist dabei im Carbonrahmen untergebracht und kann bei Bedarf entnommen werden. Das mitgelieferte Ladegerät stellt 4A Ladestrom zur Verfügung.
Notwendige Information erhält der Nutzer über das links neben dem Vorbau befestigte Shimano SC-EM800 Display, welches trotz ungewohnter Montageposition gewohnt gut einsehbar ist und zudem völlig ausreichend. Bedient wird das Antriebssystem über den kompakten Schalter, der unauffällig neben dem linken Lenkergriff montiert ist.
Das Modell kommt mit einem Shimano Deore XT Schaltwerk mit 12 Gängen und lässt so in Sachen Vortrieb und Bandbreite kaum Wünsche offen. Leider war man bei der Bremsanlage nicht so konsequent und verbaut Shimano Deore XT Bremsen, die hinten zudem mit einem 180-mm-Rotor kombiniert werden. Vorne ist zwar die 203er-Scheibe montiert, diese wäre beim Nutzungsszenario der E-Enduro auch hinten angebracht gewesen.
In Sachen Federung greift Titici auf Komponenten von Rock Shox zurück, genauer die stabile Rockshox ZEB Select RC, die wenig Einstellmöglichkeiten bietet und man mit einem noch einfacheren Rockshox Deluxe Dämpfer kombiniert. Hier verschenkt Titici etwas Potential, welches das Single-Pivot-Design des Herstellers zusätzlich etwas einschränken könnte.
Das Titici Everso rollt auf passenden Vittoria E-Mazza 29″ x 2,4″, die auf stabilen Fulcrum E-METAL Aluminiumfelgen in 29 Zoll aufgezogen sind und reichlich Grip und Pannenschutz bieten. Hier hat das Entwicklungsteam von Titici jedenfalls seine Hausaufgaben gemacht, was auch kein Wunder ist, denn die harten Trails rund um den Gardasee sind deren Revier.
Die innen verlegten Kabel verschaffen dem Titici Everso einen aufgeräumten Look, mit durchdachten Details und üppig dimensionierten Lagern schafft man Haltbarkeit und Sicherheit. In Sachen Verarbeitungsqualität konnte man jedenfalls nicht meckern, denn das komplette Bike machte einen hochwertigen und langlebigen Eindruck.
Auf dem Trail
Uphill
Auf normalen Wald- und Forstwegen fühlt sich das Titici Everso angenehm an, durch den 460 mm Reach in Größe L sitzt man aufrecht genug auf dem Bike und hat somit keine Probleme in den Händen oder im Rücken. Im technischen Uphill fährt sich das Everso effizient, wird es zu ruppig, tut es sich aber ab und zu aber etwas schwer.
Durch den Single-Pivot-Hinterbau hat das Bike einen hohen Anti-Squat, was eine hohe Treteffizienz ermöglicht. Andererseits arbeitet der Hinterbau dafür aber nicht ganz so feinfühlig, wie dies zum Beispiel ein anderer Hinterbau eventuell könnte, was sich im Gelände mit vielen kleinen Wurzeln und Steinen verdeutlicht, bei denen der Hinterbau viel arbeiten muss.
Trotzdem kann man mit dem Titici Everso die meisten technischen Uphills problemlos in Angriff nehmen. Auch der EP8 funktioniert wie gewohnt sehr gut und man konnte die ins Visier genommenen Anstiege jederzeit erklimmen.
Downhill
Auch bergab merkt man, dass das Everso einen Single-Pivot-Hinterbau nutzt. Es fährt sich sehr vorhersehbar und vermittelt somit ein Gefühl von Sicherheit schon nach den ersten Abfahrten. In harten Compressions merkt man den einen Rotationspunkt, wie man es von Single-Pivots kennt und flext der Hinterbau ein wenig mehr als bei anderen Hinterbauten.
Das stört beim Fahren aber kaum und man vergisst es schnell, sobald man sich daran gewöhnt hat. Wurzeln und Steine arbeitet der Hinterbau auch gut weg, nur wenn es extrem ruppig wird fühlt sich das Bike ab und zu überfordert an. Bei hohen Geschwindigkeiten bleibt das Bike trotzdem stabil und macht keine Probleme
Auch im Steilen und Verblockten ist das Handling des Bikes gut und man fühlt sich sicher. Man kann sich auf die E-Enduro aus Asola verlassen und es unter sich arbeiten lassen. Bei Sprüngen profitiert das Bike wiederum vom Single-Pivot-Design, denn dadurch, dass es sich so vorhersehbar verhält, lässt es sich auch kontrolliert in die Luft bewegen und lädt so zum Rumtricksen ein.
Nur bei harten Einschlägen rauscht das Fahrwerk recht schnell durch den Federweg, da der Hinterbau eher linear arbeitet. Der Dämpfer im Everso Premium (günstigste Version) hat leider so gut wie keine Einstellungsmöglichkeiten, um dem entgegenzuwirken. Wer also resistent gegen Durchschläge sein will, muss den Luftdruck erhöhen und somit etwas Sensibilität opfern.
Durch Anlieger und Ruts geht es auch so ohne Probleme, nur in Kurven, in denen man viel Druck gibt, spürt man das Flexen des Hinterbaus. Überraschenderweise kommt es nicht zu übermäßigem Bremsstempeln, wie man es sonst von Single-Pivot-Hinterbauten kennt. Leicht spürt man es zwar, es stört beim Fahren aber nicht wirklich.
Was ist uns sonst noch aufgefallen: Kein Kettenstrebenschutz, dadurch ist das Bike relativ laut und der Lack kann Schäden davontragen! Dies kann man einfach selber lösen, aber es ist trotzdem schade, dass es nicht von Haus aus so kommt, vor allem bei dem Preis.
Die Lautstärke wird durch den steifen Vollcarbonrahmen noch verstärkt. Für den Preis einen so billigen Dämpfer zu verbauen ist fast schon frech, obwohl alles trotzdem recht gut funktioniert hat.
Titici Everso Premium 2021
Motor: Shimano EP8, 250 W, 85 Nm
Batterie: Shimano BT-E8036, 630, 630Wh
Display: Shimano SC-EM800
Rahmen: Full Carbon Monocoque, 160 mm
Gabel: Rock Shox ZEB SELECT RC 29 UB, 160 mm
Dämpfer: Rock Shox Deluxe SEL+ RT 230X65DB2
Schaltung: Shimano CSM6100, 1×12
Bremsen: Shimano BL-M6120 J-kit (BLACK, Shimano logo)
Kurbelgarnitur: Shimano FCEM600
Sattelstütze: Dropper Seat Post
Sattel: PROXIM W450 STN 155mm
Laufräder: Fulcrum E-METAL 700 29”
Reifen: Vittoria E-Mazza 29 x 2.4, v/h
Gewicht: 24,5 kg
zul. Gesamtgewicht: n/a
Preis: 7.990 EUR
Fazit
Mit dem Titici Everso Premium erhalten Kunden eine außergewöhnliche E-Enduro, die sich optisch von den meisten anderen Bikes abhebt und so bei vielen Betrachtern einen bleibenden Eindruck hinterlässt. Auch in technischer Hinsicht ist das Modell aus Italien außergewöhnlich und stellt mit dem Single-Pivot-Hinterbau eine aus dem MotoCross bewährte Technik zur Verfügung, die uns auf unseren Fahrten im Großen und Ganzen überzeugt hat.
Die Verarbeitung ist auf sehr hohem Niveau, die Auswahl des Antriebssystems passend. Einige Komponenten wie der einfache Dämpfer sind angesichts des Preises aber nicht in Ordnung und bieten zu wenig Einstellmöglichkeiten. Hierin liegt also noch Verbesserungspotential, wobei wir trotzdem mit der E-Enduro unseren Spaß hatten und das Modell daher mit „Gut“ bewerten.
- steifer Carbonrahmen
- einzigartiges Design
- hochwertige Verarbeitung
- starker Motor
- ausreichend große Batterie
- gutes Zusammenspiel der Komponenten
- ergonomische Kontaktpunkte
- einfacher Dämpfer
- hoher Preis
Transparenzhinweis: Das Everso Premium wurde uns seitens Titici für den Testzeitraum kostenlos zur Verfügung gestellt. Auf das Testergebnis und unsere Meinung hatte dies keinen Einfluss.