Wir haben das Spectral:ON CF 8 von Canyon Bicycles getestet, die im vergangenen Jahr erstmals vorgestellte E-Enduro, welche mit einer riesigen Akkukapazität von 900 Wh erhältlich ist. Wie sich das potente E-Mountainbike in der Praxis fahren lässt, aber auch, welcher Unterschied beim Fahren mit dem ebenfalls verfügbaren Akku mit 720 Wh besteht, haben wir für euch herausgefunden. Unsere Erkenntnisse zum Überflieger aus Koblenz jetzt in diesem Testbericht.
Canyon Spectral:ON CF 8 im Überblick
Das Spectral:ON CF 8 basiert auf einem ausgeklügelten Carbonrahmen, der das Gewicht drückt, aber dennoch mit agilem Fahrverhalten, Stabilität und durchdachten Details aufwarten kann. So jedenfalls war die Vorgabe, welche das Canyon-Team an sich selbst ausgegeben hat.
Der CF-Rahmen, der bei der von uns getesteten Variante verbaut ist, wiegt nur knapp über drei Kilogramm (genau 3.180 Gramm), was beachtlich ist, wenn man allein die notwendige Länge des Unterrohrs betrachtet. In Sachen Stabilität erfüllt das Modell die Kategorie 4E, was auch ein Befahren harter Trails erlaubt.
Das E-Bike ist im Vergleich zum Vorgänger länger, tiefer und flacher, mit einem um 25 mm verlängerten Reach für eine zentrale Position und Sicherheit in steilem Gelände. Der flachere Lenkwinkel und 5 mm längere Kettenstreben sorgen für Stabilität und Balance.
Das um 20 mm verkürzte Sitzrohr verbessert die Bewegungsfreiheit beim Downhill und ermöglicht die Verwendung von längeren Dropper Posts. Diese Änderungen sollen die Verspieltheit der Vormodelle erhalten und erhöhen gleichzeitig die Stabilität bei hohen Geschwindigkeiten und ruppigen Trails.
Bei Motor bleibt man dem Shimano EP8 treu, der mit 85 Nm genügend Kraft mitbringt, um auch steilste Anstiege zu überwinden. Dabei bleibt er bekanntermaßen natürlich in Sachen Unterstützung und läuft auch effizient genug, um weite Strecken zu fahren.
Dies besonders mit dem 900-Wh-Akku, den Canyon in Unterrohr des Spectral:ON CF 8 gepackt hat. Damit sollten Reichhöhen von über 2.000 Meter kein Problem darstellen, wobei man auf Wunsch auch auf den kleineren Akku mit 720 Wh ausweichen kann (wir hatten für unseren Test beide Akkus verfügbar).
In Sachen Display und Bedieneinheiten bleibt man bei dem Standard treu, die das Notwendige mitbringen, was bei einer E-Enduro auf jeden Fall ausreichend ist. Nur mit dem An-Aus-Schalter weicht man vom Standard ab und hat eine eigene Lösung auf dem Unterrohr am Start.
Das Spectral:ON CF 8 ist ein mittleres Modell, welches zu einem Preis von um die 6.000 EUR zu haben ist. Es kommt mit der Fox 36 Rhythm Gabel mit Grip-Kartusche und 150 mm Federweg, dem im Heck ein Fox DPS Performance zur Seite steht, welcher seinerseits Herr über 155 mm an Federweg ist.
Die Shimano XT Schaltung ist bewährt und bietet hier 12 Gänge, während eine Vierkolbenbremsanlage von Shimano auf die vorne und hinten verbauten Bremsscheiben mit dem Durchmesser von 203 mm wirkt. Damit ist man auch für steile Abfahrten gerüstet.
Auf den Sunringle Düroc Laufrädern in 29 Zoll wird ab Werk der Maxxis Assegai vorne und der Maxxis Minion DHR II aufgezogen. Vorne mit EXO-Karkasse und hinten auch nur mit pannenanfälliger EXO+ Karkasse.
Hier ist Aufrüsten angesagt, wenn man es denn im Downhill ernst meint! Die hauseigene Iridium Variostütze fährt dann für maximale Bewegungsfreiheit den Fizik Terra Aidon XS auf die gewünschte Position.
In der Praxis
Es ist schon erstaunlich, wie leicht ein E-Mountainbike sein kann, welches mit einem so großen Akku ausgerüstet ist. Das Spectral:ON CF 8 von Canyon bleibt unter der 24-kg-Marke; verglichen mit dem früher vorgestellten Norco Sight VLT mit 900 Wh im Unterrohr, welches auf knapp 26 Kilogramm kommt, eine mehr als ordentliche Leistung.
Zudem hat man ja die Möglichkeit, auf den kleineren 720-Wh-Akku auszuweichen, welcher das Gewicht um ein weiteres Kilogramm drückt. Doch ist der Unterschied überhaupt beim Fahren, ob flowiger Trail oder steiler Downhill, spürbar? Das wollten wir herausfinden.
Die Geometrie der E-Enduro aus Koblenz zeigte sich auf unseren Fahrten jedenfalls komfortabel genug, um die 900 Wh des größeren Akkus auf einer mehr als ausgiebigen Tour leer fahren zu können. Hier kommt auch der vielfach eingesetzte, bequeme Sattel aus der Terra Aidon-Baureihe von Fizik ins Spiel.
Dank der kurzen Kettenstreben lässt sich das gestreckt und groß ausfallende E-MTB aber dennoch agil auf kurvigen Trails bewegen. Es ist kein Problem, die Front nach oben zu bekommen, um zum Beispiel ein Hindernis zu überwinden, trotz des großen Akkus im Unterrohr.
Auch bei steileren Anstiegen wird dies deutlich, wo man zeitweise etwas Probleme hat, das Vorderrad auf dem Boden zu halten. Indem man sich etwas weiter über die Front beugt, kann man dieses Verhalten aber auch in den Griff bekommen.
Die Auswahl der Federungskomponenten, die eher im günstigen Segment angesiedelt sind, schränkten das Nutzungsszenario des Spectral:ON CF 8 kaum ein. Auch Sprünge von steilen Rampen waren damit machbar, vorausgesetzt man hatte die Federelemente etwas härter eingestellt.
Damit profitierte man auch beim Befahren von Stellen auf dem Trail, auf denen man einfach abziehen und das Bike dann in die Luft bewegen konnte. Auch mit dem großen Akku war das E-Mountainbike von Canyon gut zu handhaben und ließ sich dabei auch gut positionieren.
Zum Ausbau des Akkus legt man das Spectral:ON CF 8 auf die Seite. Über einen Hebel in der Skid Plate kann man diese entriegeln und dann in Richtung Hinterrad klappen. Mit einem Multi-Tool oder Inbus-Schlüssel öffnet man die beiden Halteschrauben, welche den Akku im Rahmen fixieren.
Schönes Detail: Canyon hat sich Gedanken gemacht, wo man die losen Schrauben dann parken kann, damit diese z.B. auf dem Trail nicht verloren gehen. Im Deckel integrierte Magnete sichern die Schrauben, bis man sie wiederum zum Festschrauben des (anderen) Akkus benötigt. Skid Plate schließen und weiter geht’s.
Wir haben dann den kleineren Akku mit 720 Wh eingebaut, der damit gleich tief positioniert wird, was dem Fahrverhalten zuträglich ist und dann weniger weit in den oberen Bereich des Unterrohrs reicht. Beim Befahren der gleichen Strecke stellten sich die rund 900 Gramm Gewichtseinsparung weniger deutlich heraus, als wir anfangs erwartet hatten.
Klar, vielleicht gelang es uns dabei, bei den gleichen Sprüngen etwas höher zu kommen, oder konnten von etwas weniger Gewicht im Uphill profitieren. Achtet man beim Fahren aber nicht besonders darauf, ist der Unterschied marginal und in der Praxis schier vernachlässigbar.
Das gilt übrigens auch auf Trails, bei denen man das Mindergewicht noch weniger zu spüren bekam. Wie schon mit dem großen Akku konnte man das Modell hier leicht in die Kurven drücken und genauso einfach auf das Hinterrad bringen. Es war so gut wie kein Unterschied zu spüren.
In der Praxis sollte man eher darauf achten, dass der Transport eines losen Akkus problematisch ist, weil er für so gut wie alle Rucksäcke mit Akkufach zu lang und zu schmal baut, um darin sicher fixiert zu werden. Das sollten Nutzer im Auge behalten, die es erwägen, das Spectral:ON CF 8 mit 900 Wh plus zusätzlichem 720-Wh-Akku zu kaufen.
Canyon Spectral:ON CF 8 2022
Motor: Shimano Steps EP8, 250 W, 85 Nm
Batterie: Canyon BT0002-01, 900 Wh (nur S: Canyon BT0001-01, 720Wh / optional für alle ab Mai)
Display: Shimano SC-EP800
Rahmen: Carbon, 155 mm
Gabel: FOX 36 Rhythm Grip, 150 mm
Dämpfer: FOX DPS Performance Shock
Schaltung: Shimano XT, 1×12
Bremsen: Shimano M7120 4 Piston, 203 mm v/h
Kurbelgarnitur: Shimano FC-EM600
Vorbau: ST0031
Sattelstütze: Iridium Dropper SP0050
Sattel: Fizik Terra Aidon X5
Laufräder: Sunringle Duroc Mullet
Reifen: Maxxis Assegai 3CMT EXO 29×2,5 WT / Maxxis Minion DHR II EXO+ 27,5×2,6 TR MT v/h
Gewicht: 23,95 kg (900 Wh) / 23,04 kg (720 Wh)
zul. Gesamtgewicht: n/a
Preis: 6.299 EUR (900 Wh) / 5.999 EUR (720 Wh)
Fazit
Das Ziel, eine agile und gut handhabbare E-Enduro mit einem der größten, integrierten Akkus auf die Räder zu stellen, hat Canyon mit dem Spectral:ON CF 8 erreicht. Das durchdachte Modell verhält sich dank ausgeklügeltem Vollcarbonrahmen genauso, wie E-Mountainbikes anderer Marken mit einem 630-Wh-Akku. Neben der schieren Größe des hier verbauten Energiespeichers passt hier auch das Gesamtpaket, wie die verbauten Komponenten und natürlich die von Canyon gewohnt gute Verarbeitung. Aus unserer Sicht ist es nicht notwendig, aus Gründen des Handlings auf den kleineren Akku auszuweichen. Einzig der Preis könnte hier als Argument dienen, liegt aber mit 300 Euro Unterschied durchaus noch im Rahmen. Kurz nach unserem Test hat das Canyon Spectral:ON CF 8 ein Update bekommen, welches einige Komponenten betrifft. Damit (Shimano EP801, Fox 36 Rhythm mit 160 mm, Float X Dämpfer mit Ausgleichsbehälter) wird die E-Enduro noch leistungsfähiger, allerdings auch 500 Gramm schwerer. Trotzdem bekommt das Modell von uns eine uneingeschränkte Empfehlung.
- leichter, aber stabiler Vollcarbonrahmen
- starker, ausgereifter Antrieb
- sehr großer Akku
- hohe Reichweite
- gute Komponentenauswahl
- gute Verarbeitung
- Hinterreifen mit EXO+ Karkasse
Transparenzhinweis: Das Spectral:ON CF 8 wurde uns seitens der Canyon Bicycle GmbH für den Testzeitraum kostenlos zur Verfügung gestellt. Auf das Testergebnis und unsere Meinung hatte dies keinen Einfluss.
- 20 mal geteilt bis jetzt - Dankeschön!
- Twitter6
- Flipboard4
- LinkedIn3
- Pinterest1
- E-Mail3
- Drucken3