Ungewollt leistet die Corona-Krise einen Beitrag zur Verkehrswende: Den reduzierten Autoverkehr haben einige Städte zum Anlass genommen, um provisorische Radwege einzurichten. Berlin hat diesbezüglich in Deutschland eine Vorreiterrolle eingenommen. Aber auch in anderen Städten rund um den Globus, wie Bogota, Paris und Mailand, gibt es ähnliche Projekte. So schmerzhaft alle Auswirkungen der Corona-Pandemie sind, allen voran die gesundheitlichen, aber auch die wirtschaftlichen, so ist diese Entwicklung doch erfreulich und zu begrüßen!
In Berlin sollen die sogenannten Pop-up-Radwege – bzw. Radfahrstreifen, wie sie offiziell heißen – bereits ein Wegenetz von mehr als 15 Kilometer umfassen – eingerichtet in nur wenigen Wochen. Wo ein Wille ist, ist offenbar auch ein (Rad)Weg. Natürlich, die Grundidee der Pop-up-Radwege war es, einen größeren Abstand zwischen den Radfahrenden zu ermöglichen, um das Risiko einer Ansteckung mit Covid-19 zu reduzieren. Außerdem fahren viele Menschen aktuell lieber Fahrrad als die öffentlichen Verkehrsmittel zu nutzen. Das ist verständlich, zumal Fahrradfahren in Zeiten von Kontaktsperre und verminderten Bewegungsangeboten dazu beiträgt, fit und gesund zu bleiben.
Meinen wir es ernst mit der Verkehrswende?
Dennoch, die provisorischen Radwege stoßen nicht nur auf Zustimmung. So manch ein Autofahrer sieht bereits die lieb gewonnene Vorherrschaft des Pkw auf den Straßen in Gefahr. In einer ausdifferenzierten Gesellschaft wie der unseren wird jede verkehrspolitische Maßnahme sowohl Anhänger als auch Kritiker haben.
Aber wenn wir es mit der Mobilitätswende ernst meinen, wenn wir wirklich wollen, dass in den Städten weniger Autos und Dieseltransporter rollen, wenn wir nachhaltig Lärm, Verkehrsdruck und Abgase in den Zentren reduzieren wollen, dann muss endlich das Fahrrad in den Fokus gerückt werden. Wir brauchen mehr Radwege und wir brauchen breitere Radwege.
Wir brauchen Radwege, die gut mit Lastenrädern befahren werden können und dabei einen sicheren Abstand zum Pkw-Verkehr gewährleisten – die StVO-Novelle trägt der Notwendigkeit der Radverkehrssicherheit bereits Rechnung, jetzt muss die infrastrukturelle Umsetzung folgen!
Die Berliner Verkehrssenatorin Regine Günther hat bereits die Absicht erklärt, die provisorischen Radwege zu einer dauerhaften Institution zu machen. Das ist ein gutes Signal. Aber es kann nur ein Anfang sein. Denn gerade in den Städten kann es nicht nur darum gehen, den individuellen Radverkehr zu fördern, wir brauchen auch eine funktionierende Grundlage für den Einsatz von (Elektro-)Lastenrädern.
Die neuen breiten Radwege in Berlin sind ein guter Ansatz, der hoffentlich ausgebaut wird und zum Vorbild für weitere Städte in Deutschland und Europa wird. Schmale Radstreifen auf dem Gehweg oder am Fahrbahnrand, häufig gerade breit genug für ein einzelnes Fahrrad, sind ein Relikt aus einer Zeit, in der gerade damit begonnen wurde, den allein auf das Auto ausgerichteten städtischen Verkehrswegen eine kleine Alternative zur Seite zu stellen, die an manchen Orten eher einem Hindernisparcours gleicht. Der aktuellen Bedeutung und Nutzung des Fahrrads werden solche Radwege nicht gerecht – von der künftigen ganz zu schweigen, vor allem, wenn wir die boomenden Lastenräder miteinbeziehen.
Lastenräder als unverzichtbarer Baustein städtischer Klimaschutzpolitik
Ein Lastenfahrrad kann nicht nur von einer Familie zum Einkaufen oder Kinder abholen verwendet werden. Lastenräder stellen besonders im städtischen Raum eine schnelle, kostengünstige, leise und vor allem abgasfreie Transportlösung dar. Aus diesem Grund werden die Cargobikes, insbesondere die elektrischen Varianten, künftig eine große Rolle im urbanen Liefer- und Logistik-Verkehr sowie in den Klimaschutzplänen der Rathäuser spielen. Auch für Handwerker, Installateure, Garten- und Landschaftsbauer und viele weitere Gewerbe sind E-Cargobikes vielfach eine sinnvolle Alternative.
In einigen Bundesländern und Städten wird der Kauf von (E-)Lastenrädern bereits gefördert – wenn auch nicht in ausreichendem Maße, wenn man bedenkt, dass gewerblich genutzte Schwerlast-Cargobikes, die Dieseltransporter ersetzen können, bedeutend teurer sein können als konventionelle Lastenräder. Die politische Förderung der Elektromobilität darf sich nicht nur auf E-Pkw beschränken und muss für E-Lastenräder sowohl regulatorisch, infrastrukturell als auch finanziell aufgestockt werden. Wer mehr Lastenräder will, aber dafür nicht die notwendigen Bedingungen schafft, wird der lokalen Mobilitätswende einen Bärendienst erweisen.
Um die Vorteile auszuschöpfen, die Attraktivität dieser umwelt- und stadtfreundlichen Mobilitätsalternative zu erhöhen und deren Sicherheit zu gewährleisten, brauchen die breiteren Lastenräder mehr und breitere Radwege sowie eine adäquate Park- und Ladeinfrastruktur. So werden (Elektro-)Lastenräder zu einer echten Alternative, zu einer besseren sogar. Vielleicht eine unpopuläre Entscheidung. Ganz sicher aber eine notwendige und zukunftsorientierte.
Dies war ein Kommentar von Tobias Breyer, COO des Berliner Baas-Providers Swobbee.
07. Mai 2020
Neben der Breite hate ich es vor Allem für wichtig die Führung und die Beschaffenheit der Radwege zu verbessern. Schlenker an jeder Kreuzung, wechselnde Straßenseiten, mal auf dem Bürgersteig, mal auf der Straße, gern diagonal über die Kreuzung (-> 2 Ampelphasen), und super toll sind die, wo ständig Hofeinfahrten sind oder halb abgesenkte Bordteine.
Mit einem Fully Mountainbike mag das OK sein, aber mit meinem Liege3rad oder auch mit Rennrädern ist das einfach nicht praktikabel. Darum nutze ich trotz vorhandenen Radwegen meist die Straße.