Im Rahmen einer Sneak Preview hat Bosch eBike Systems bei der Präsentation der Neuheiten für 2018 an seinem Hauptsitz in Kusterdingen das erste serienmäßige Antiblockiersystem für Pedelecs vorgestellt. Das Bosch eBike ABS soll Nutzern von Elektrofahrrädern dabei helfen, auch auf schwierigen Untergründen sicher anhalten zu können bzw. Überschläge zu vermeiden.
Anders als das E-Bike ABS System von Brake Force One, welches erst im Jahr 2018 kommen soll, wird das Bosch eBike ABS schon ab Herbst 2017 seinen Dienst im Zuge einer Einführungsphase bei diversen ausgewählten Flottenpartnern aufnehmen.
Richtig bremsen dank Bosch eBike ABS
Die meisten Pedelec- und E-Bike-Fahrer bremsen nicht richtig. Viele Leute nutzen beim Abbremsen mit ihrem Pedelec oder E-Bike verstärkt die Hinterradbremse und vernachlässigen dabei die weitaus höhere Bremswirkung der Vorderradbremse.
Gerade beim Umstieg auf ein Pedelec haben viele Interessierte auch hinsichtlich des höheren Gewichts des Fahrzeugs Bedenken bezüglich der Sicherheit in verschiedenen Fahrsituationen. Bosch eBike Systems möchte mit seiner Neuentwicklung den Bedenken entgegenwirken und die häufigsten Gefahrensituationen beim Bremsen entschärfen.
Zudem möchte man auf diesem Weg dafür sorgen, dass die stetig wachsende Beliebtheit der Elektrofahrräder keinen Rückschlag aufgrund Sicherheitsbedenken erfährt. Dazu stellt auch Claus Fleischer, Leiter Bosch eBike Systems, fest:
Um die Wichtigkeit der Einführung einer solchen Technologie zu untermauern, hat die Bosch Unfallforschung zwei Studien in diesem Bereich durchgeführt, wobei man bei beiden Studien zum Ergebnis gelangte, dass eine Blockierverhinderung am Pedelec die Unfallquote deutlich senken könne.
Im Rahmen der ersten Studie, die mehr als 500 Fahrradunfälle in Deutschland untersuchte, stellte man fest, dass die meisten Unfälle mit einem richtigen Bremsverhalten entweder hätten vermieden oder deren Folgen doch stark reduziert hätten werden können.
Auch in der zweiten Studie, welche Daten von mehr als 5.400 Fahrradkollisionen und -stürzen berücksichtigte, gelangte man zu der Erkenntnis, dass bei bis zu drei von vier Kollisionen keine Bremsung erfolgte.
Hierin liegt also ein großes Potential für die Erhöhung der Sicherheit verborgen, welches ABS-Systeme lösen können. Laut der Unfallforscher ließe sich damit jeder vierte Unfall ganz vermeiden und außerdem die Anzahl der Unfälle mit schweren Verletzungen erheblich senken. Claus Fleischer ist überzeugt:
Bosch eBike Systems legt dabei Wert darauf, dass man mittels der Einführung des eBike ABS die Pedelec-Nutzer ein Stück weit zum “richtigen Bremsen” erziehen möchte. So soll die eBike ABS Bremse, analog zur ABS-Bremse beim PKW, (nicht nur in Gefahrensituationen) möglichst effektiv, d.h mit voller Bremskraft, eingesetzt werden. Nur so können die Fahrer dauerhaft und sicher jegliche gefährliche Situationen meistern.
eBike ABS wirkt nur am Vorderrad
Bei der Entwicklung des Bosch eBike ABS konnte der Technologiekonzern auf seine Expertise als Marktführer im Bereich Motorrad-ABS zurückgreifen. Mittels eines Technologietransfer legte man die gewünschte Funktionalität auf die Nutzung im E-Bike um.
Anders als im Motorrad oder PKW wirkt das neue ABS-System für eBikes aber nicht auf alle Räder, sondern in der ersten Stufe nur auf das Vorderrad, welches maßgeblich die Stabilität beim Bremsen beeinflusst. Dieses kombiniert Bosch eBike Systems mit einer Hinterrad-Abheberegelung und nimmt so die Hauptgefahren beim Abbremsen heraus: Blockieren und Überbremsen.
Für die Anti-Blockier-Funktion regelt das System aktiv den Bremsdruck der Vorderbremse und das Fahrzeug stabilisiert sich, wobei sich zudem das Sturzrisiko auf ein Minimum reduziert. Das funktioniert auf allen Untergründen, wobei das Pedelec stets lenkbar bleibt und sich kontrolliert bis zum Stillstand verzögern lässt.
Oft wird auf griffigem Untergrund zu stark gebremst, was dann zu einem ungewollten Überschlag führen kann. Dem tritt die Hinterrad-Abheberegelung entgegen, die mittels Vergleich der Raddrehzahlen von Vorder- und Hinterrad erkennt, wann das Hinterrad abheben möchte. Dann wird der Bremsdruck kurzzeitig reduziert, damit der Bodenkontakt wiederhergestellt wird. So kann ein Überschlagen effektiv verhindert werden.
Beide Regelungsmechanismen sorgen für einen aktiven und effizienten Einsatz der Vorderradbremse und bringen die immer nötiger werdende Sicherheit ins eBike.
Komponenten des Bosch eBike ABS
Zum Umfang des Systems gehören neben der Steuer- und Regelungseinheit, die übrigens per CAN-Bus auf die Daten des Antriebssystems zurückgreifen kann, auch eine Fehlerleuchte, zwei Rotorblätter zur Montage an die Bremsscheibenaufnahme mit zugehörigen Sensoren, Halter und der Ventilblock samt Bremssattel und Bremshebel der neuen Magura CMe ABS Bremsanlage.
Das System besitzt keine Rückförderpumpe, so dass es bei Ziehen des Bremshebels nur eine gewisse Anzahl an Regelungen durchführen kann. diese sind aber laut Entwickler für den allergrößten Teil der Situationen mehr als ausreichend.
Sollte das Antriebssystem aufgrund Energiemangel der Strom abgeschaltet werden, funktioniert das System mit der Restenergie noch rund zwei Stunden weiter, bevor es sich dann auch abschaltet. Die Restdauer hängt von der Stärke der Beleuchtung des E-Bikes ab. Für die sichere Heimfahrt sollte dies jedenfalls locker ausreichen.
Manche mögen sich vielleicht am Design und an der Positionierung mancher Systemkomponenten stören, für Bosch eBike Systems war es allerdings wichtig, ein technisch funktionierendes System auf den Markt zu bringen. Die Verkleinerung und Verschönerung des Systems erfolgt dann in den nächsten Schritten.
Entwicklungspartner Magura
Neben dem Wissenstransfer des Bosch-eigenen Entwicklungszentrums für Zweiradsicherheit in Japan arbeitete der Hersteller in Sachen eBike-ABS eng mit Magura zusammen. Der langjährige Partner, mit welchem Bosch hinsichtlich Zubehör- und Ersatzteilversorgung, Service-Hotline und auch bei Garantiefällen und Händlerschulungen zusammenarbeitet, liefert zur Markteinführung die speziell entwickelte Bremse CMe ABS.
Ebenso hat die DEKRA von Anfang an die Entwicklung des Systems begleitet und auch abschließend getestet oder Verbesserungsmöglichkeiten aufgezeigt. Dazu ein Video der DEKRA:
Einführungsphase im Flotteneinsatz
Mit ausgesuchten Flottenpartnern startet die Einführungsphase bereits im Herbst 2017, wobei das Bosch eBike ABS zunächst ausschließlich an Trekking- und City-eBikes mit Laufrädern in 28 Zoll zum Einsatz kommen wird.
Es wird dabei einzig Pedelec-Modelle mit Bosch Performance Line Antrieben (Cruise und Speed) geben, die mit dem Intuvia-Display ausgerüstet sind. Für die Endverbraucher wird das System dann ein Jahr später im Herbst 2018 ab Pedelec-Hersteller verfügbar sein.
Vorführung mit Stefan Schlie
Auf der eigens eingerichteten Teststrecke am Standort in Kusterdingen zeigte Stefan Schlie, was das Bosch eBike ABS von bekannten Bremssystemen unterscheidet. Die Bremsung mit der konventionellen Bremsanlage erfolgte mit rund 17 km/h und zeigt auf, wie das Pedelec auf dem rutschigen Untergrund an Stabilität verliert.
Mit dem neuen Bosch eBike ABS erfolgt die Vollbremsung mit höherer Geschwindigkeit und wie erwartet spurstabil und sicher.
Der Autor hat das System natürlich auch selbst getestet und für gut befunden. Wir sind jedenfalls gespannt, ob und wie das System die Verbreitung des eBikes beeinflussen wird.
Und an Bosch eBike Systems stellen wir die Frage: Wann kommt das Bosch eBike ESP? 😀 😉