Nach langer Entwicklungszeit hat Mavic seinen ersten E-Bike-Antrieb präsentiert und möchte damit für sich ein neues Segment erobern
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Mit dem X-Tend E-Bike-Antrieb hat Mavic heute viele überrascht, denn eigentlich ist der französische Hersteller für seine Felgen bekannt, vornehmlich im Rennrad- und Gravel-Segment, mittlerweile aber auch in der E-MTB-Kategorie. Die Franzosen wissen natürlich genau, wie es um den Boom bei den E-Bikes in Frankreich bestellt ist. Dabei ist ihnen aufgefallen, dass die Rennrad-Kategorie die einzige ist, bei welcher der Boom nach dem Corona-Hochpunkt in 2020 wieder nachgelassen hat und hat sich dann gefragt, warum dies so ist.

Neben normalen Schwankungen im Markt hat man dann festgestellt, dass die Interessierte an E-Roadbikes oder E-Gravelbikes derzeit durch mehrere Tatsachen gehindert werden, sich ein entsprechendes Modell zu kaufen. Zum einen sind die meisten Bikes im E-Road- oder E-Gravel-Segment mit 12 bis 18 kg schlicht zu schwer, was ca. dem Doppeltem oder gar dem Dreifachen entspricht, was ein konventionelles Rennrad auf die Waage bringt. Das ändert die Dynamik und das Handling eines solchen Modells gewaltig, auch und besonders über Geschwindigkeiten von 25 km/h. Zudem hat man Reichhöhen von 1.500 Metern ausgemacht, was für die meisten Nutzer schlicht zu wenig ist, um auf ein E-Gravel- bzw. E-Roadbike zu wechseln.

Mavic X-Tend im Detail

Hier kommt der Mavic X-Tend Antrieb ins Spiel, denn er soll die Lösung für diese Probleme sein. Rund sieben Jahre hat Mavic seit 2016 an dem Antrieb getüftelt, bevor er jetzt erstmals gezeigt wurde. Er adressiert die oben genannten Problembereiche und soll in Sachen Effizienz, Natürlichkeit und Gewicht und Integration punkten. Insgesamt wurden für das System 15 Patente angemeldet.

Mavic X-Tend

Hinsichtlich der Bauweise hat sich Mavic für einen Elektromotor mit Zykloidgetriebe entschieden, der zahlreiche Vorteile mit sich bringt. Man kennt die Bauweise bereits von Antrieben von TQ Systems, die ihr Flaggschiff TQ HPR 120 S erst im letzten Jahr extrem verkleinert haben und mit dem TQ-HPR50 einen entsprechend kleinen und leichten Antrieb für ebensolche Anwendungszwecke kreiert haben.

Hinsichtlich der Effizienz soll das System alle E-Antriebe in dieser Kategorie übertrumpfen und eine Reichhöhe von bis zu 3000 hm bieten. Das Mavic X-Tend System soll zudem im abgeschalteten Zustand oder wenn der Antrieb über 25 km/h ausgekuppelt ist, gar keinen Widerstand mehr bieten und so die Reichweite gegen unendlich wachsen lassen, wie eben bei einem konventionellen Rennrad.

Die Franzosen haben im X-Tend einen hochpräzisen Leistungsmesser integriert, der eine Genauigkeit von +/- 2 % bietet und mittels zweier Dehnungsmessstreifenbrücken funktioniert. So soll der Antrieb sehr reaktionsschnell sein und absolut schnell auf den Fahrerwunsch reagieren können. Daraus resultiert ein sehr natürliches Fahren, wie das Team von Mavic mitteilt.

Weiter ist der E-Antrieb mit nur 1,2 Kilogramm sehr leicht und lässt sich dank eines Gehäusedurchmessers von nur 87 mm sehr kompakt in den Tretlagerbereich integrieren. Dabei benötigt die Integration ein geschlossenes Tretlager, was das Design des Rahmens nicht unterbricht und dieses konsistent gestalten lässt.

Der Antrieb wird komplett in Europa hergestellt und besteht aus einem patentierten Zykloidgetriebe, einem sehr genauen Drehmomentsensor, einer selbst entwickelten Steuerungsplatine, dem patentierten Kupplungsmechanismus und einem bürstenlosen Antrieb. All das ist in einem Gehäuse untergebracht, welches für eine gute Belüftung optimiert wurde.

Der Motor ist mit den meisten Kurbelsätzen kompatibel, bringt einen geringen Q-Faktor von nur 146 mm mit und kann nicht zuletzt aufgrund der Anbindung per einfachem Einhaken zudem auch mit einem vorderen Schaltsystem kombiniert werden. Für die Erprobung hat Mavic zusammen mit BMC Switzerland in einer vierjährigen Entwicklungspartnerschaft einige Modelle aufgebaut, die mittlerweile 120.000 an Testkilometern gelaufen sind.

Dank der unter 10 Kilogramm wiegenden Modelle konnten Journalisten bei einem Press-Camp, welches kurz vor Ostern stattfand, den neuen Antrieb auch zur Probe fahren. Wir waren leider nicht vor Ort, aber die Daten klingen vielversprechend. Neben der Dauerleistung von 250 Watt, kann die Spitzenleistung kurzfristig bis zu 390 Watt ansteigen.

Der Antrieb gibt dabei 37 Newtonmeter ab, welches aber ebenfalls kurzfristig bis zu 50 Nm erreichen kann. Im eingebauten Zustand mit Tretlager und Leistungsmesser liegt das Gewicht bei 3,2 Kilogramm. Hinzu kommt noch das Gewicht der ultradünn gestalteten Batterie mit 360 Wh, die im Unterrohr des E-Bikes unterkommt. Ein optionaler Range Extender mit 180 Wh für den Trinkflaschenhalter wiegt dann nochmals 1,2 kg.

In verschiedenen Prüfständen am Firmensitz in Annecy hat Mavic den Antrieb bereits auf Herz und Nieren getestet und kann die Marktreife bestätigen.

Für den Antrieb wird es auch eine dezidierte App geben, die diverse Einstellungen am Antriebssystem erlaubt und so eine Individualisierung ermöglicht. Hier ein erster Blick darauf:

Investor gesucht

Das Projekt wurde schon lange vor dem Kauf von Mavic durch die Bourrellier Group gestartet. Der Käufer hat aber das Potential des Projekts erkannt und ließ dieses dann bis zur heutigen Marktreife fertig entwickeln. Allerdings benötigt man finanzielle Hilfe und Know-how, um die Produktion zu starten.

Mavic möchte den kompletten Antrieb in Europa produzieren und sucht nun einen oder mehrere Partner, welche die Anfangsinvestition von 10 Millionen Euro stemmen können. Die Bourrellier Group macht im Jahr einen Umsatz von 50 Millionen Euro, woran man sieht, dass es hier schwer werden würde, die Kosten alleine aufzubringen.

Der Investor bzw. Partner muss nicht unbedingt aus dem E-Bike-Segment stammen, wie Mavic mitteilt. Aber um den Branchengrößen wie Bosch oder Shimano entgegentreten zu können, benötigt man einen erfahrenen Produzenten im Mechatronik-Bereich, der den Motor produziert. Laut Jean Michel Bourrelier, Inhaber der Bourrellier Group, könnte man direkt morgen loslegen, sollte ein Partner gefunden werden.

Fazit

Mit dem Mavic X-Tend Antrieb hat das französische Unternehmen einen Coup gelandet. Von der Baugröße und den technischen Daten sieht das Antriebssystem sehr vielversprechend aus. Neben dem Einsatz im E-Road-Segment können wir uns den Motor auch durchaus an einem leichten E-MTB vorstellen. Fraglich ist nur, ob Mavic für die Produktion in absehbarer Zeit einen Partner findet. Wir drücken dafür jedenfalls die Daumen, denn Konkurrenz belebt das Geschäft und bringt weitere Innovationen hervor. Die ersten serienmäßigen E-Bikes mit dem Antrieb darf man allerdings dann nicht vor 2025 oder gar 2026 erwarten. Wir bleiben dran.

Alle weiteren Informationen stehen demnächst auch unter www.mavic.com zur Verfügung.

Mit Informationen von BIKE Europe.

Quelle: PM Mavic
Bilder: Mavic
Video: Mavic