Nach starkem Auftakt des weltweit agierenden „Kidical Mass Movement“ in Paris und Manchester radeln Deutschland, Europa und Australien!
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Vom 16. bis 24. September 2023 finden zum sechsten Mal die Kidical Mass Aktionstage statt. Der Schwerpunkt liegt auf dem Wochenende, 22. bis 24. September. Das von Köln aus weltweit agierende Bündnis zieht mittlerweile Hunderttausende auf die Straße: Von London über Lissabon bis nach Berlin und Bad Endorf, eine Botschaft eint alle Akteure der neuen, sowie ersten internationalen Mobilitätsbewegung: Sichere Straßen für Kinder – jetzt!

Simone Kraus, Co-Initiatorin der Kidical Mass sagt: „Uns eint die Vision einer neuen Mobilitäts-Normalität: Straßen, auf denen sich Kinder und Jugendliche sicher und selbstständig bewegen können. Der Wow-Effekt: Eine Verbesserung der Lebensqualität für alle!“

KidicalMass_Zitatgeberin_Flora_radelt_mit_in_Koeln; Bild: Stefan Flach

Jetzt bewegen!

Das Aktionsbündnis setzt seit dem Jahr 2020 Massen in Bewegung. Mit beachtlichem Schneeballeffekt zieht die Kidical Mass starke nationale Partner und renommierte internationale Akteure an. Auch das Format hat sich erweitert. Neben Fahrraddemos am Wochenende finden in der Woche davor Schulstraßen- und Fahrradbus-Aktionen statt. Letztere entsprechen einer kleinen Kidical Mass Fahrraddemo auf dem morgendlichen Schulweg. Alle Aktionen zeigen, wie Straßen heute zu gestalten sind: Nämlich so, dass Kinder allein zur Schule kommen können, sich dabei an der frischen Luft bewegen und Spaß haben.

Kidical_Mass; Bild: Jennifer_Fey

Forderungen an die Politik: Das ABC sicherer Straßen

Das Aktionsbündnis weiß, was es allerorts braucht, damit selbstständige Mobilität von Kindern wieder zur Normalität wird. Deswegen lauten die Hauptforderungen: a) Eine weitestgehende Trennung von Rad- und Autoverkehr mit geschützten Radwegen, b) Tempo 30 auf Hauptverkehrsstraßen innerorts bis hin zu Tempo 20 vor Schulen und Kitas sowie c) Schulstraßen ohne Autoverkehr.

KidicalMass_Demo_Vogelperspektive; Bild: Stefan Flach

Flora (9 Jahre) aus Köln formuliert das so: „Wir Kinder wollen sichere Wege. Wir möchten uns auf dem Weg zur Schule oder in den Kindergarten sicher fühlen. Dafür müssen Autos langsamer fahren!“

Erster Schritt: Jetzt Schulstraßen einrichten

Es liegt eindeutig nicht nur in der Verantwortung der Eltern, dass ihre Kinder sicher zur Schule kommen. Die Kommunen sind in der Pflicht. Ein einfacher und effektvoller Hebel, den diese sofort betätigen können, ist die Einrichtung von Schulstraßen. Diese sind temporär autofrei und geregelt durch zeitlich begrenzte Durchfahrverbote zum Beispiel morgens, vor der ersten Stunde. Was das Prozedere auf kommunaler Ebene beschleunigen kann, ist eine Aufnahme der Schulstraßenregelung in die Straßenverkehrsordnung (StVO), ähnlich wie in Österreich. Hier sind die Länder gefordert.

Wir_wollen_Schulstrassen_Kindergruppe_Koeln; Bild: Amrei Kemming

Kinderfreundliches Straßenverkehrsrecht mit Wow-Effekt für Alle

Auch die Verkehrsministerkonferenz im Frühjahr 2023 hielt fest: Ein zeitgemäßes Straßenverkehrsrecht und eine kinderfreundliche Verkehrsinfrastruktur erhöhen die Sicherheit und Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum für alle Bevölkerungsgruppen. An diese Grundfeste möchte die Kidical Mass die entsprechenden Entscheidungstragenden erneut erinnern. Dabei geht es letztendlich nicht nur um Schulwege, sondern um eine neue Normalität von Mobilität auf allen Straßen. Denn das führt in letzter Konsequenz zur Verbesserung der Lebensqualität Aller!

KidicalMass_Mobilitaetsrevolution_der_kleinen_Beine; Bild: Stefan Flach

Zitate des Kidical Mass Aktionsbündnisses:

Rebecca Peters, ADFC-Bundesvorsitzende: „Die Politik hat den Menschen in Deutschland ein Fahrradland versprochen, zu sehen ist davon aber noch fast nichts. Leidtragende sind vor allem die Kinder – ihre Schul- und Alltagswege sind weiterhin meist ungeeignet zum sorgenfreien Radfahren. Ich wünsche mir im Namen aller Kinder, dass ihr Bedürfnis nach selbstständiger Bewegung und sicheren Wegen endlich ernst genommen wird. Schul- und Spielstraßen ohne Durchgangsverkehr, Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit in Städten – und ein kinderfreundliches Straßenverkehrsgesetz, das ist es, was wir brauchen.“

Annika Liebert, Campact: „Der Scheuklappenblick von Verkehrsminister Volker Wissing auf Autobahnen bringt uns nicht weiter – im Gegenteil, wir treten auf der Stelle. Mit tausenden radelnden Kindern und Erwachsenen in ganz Deutschland zeigen wir Wissing bei der Kidical Mass, wie eine wirkliche Verkehrswende aussieht.“

Ragnhild Sørensen, Changing Cities: „Mit sieben konnte ich am ersten Schultag alleine zur Schule fahren. Das war ein unglaubliches Gefühl von Freiheit, das ich nie vergessen werde. Die Kopenhagener Infrastruktur hat das ermöglicht. Es sollte für alle Kinder selbstverständlich sein, diese Sicherheit zu haben und die Freude zu spüren, ein kleiner selbstständiger Mensch zu sein.“

Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes: „Die Mobilitätswende muss endlich Fahrt aufnehmen. Dafür brauchen wir auch eine an den Bedürfnissen von Kindern und Jugendlichen ausgerichtete Verkehrspolitik. Die würde Kinder helfen, sich selbstständig im Straßenverkehr bewegen und beispielsweise mit dem Rad zur Schule kommen zu können. Auch dadurch lernen Kinder, sich gut zu orientieren und auf sich selbst aufzupassen. Das stärkt ihr Selbstbewusstsein – auch für andere Lebenssituationen.“

Kerstin Haarmann, VCD-Bundesvorsitzende: „Die Verkehrspolitik befindet sich auf dem Holzweg. Es reicht nicht, allein auf Verkehrssicherheitstraining für Kinder zu setzen, stattdessen muss sie endlich Maßnahmen für kindersicheren Verkehr ergreifen. Dazu gehört eine StVO, die flächendeckend Schulund Spielstraßen und Tempo 30 innerorts ermöglicht.“

Markus Burbach, Parents for Future Germany (Presse): „Die für die Klimaneutralität notwendige Mobilitätswende beginnt nicht zuletzt mit der Lust am Radfahren und der Selbstverständlichkeit, das Fahrrad als Verkehrsmittel der ersten Wahl zu nutzen. Voraussetzung dafür sind sichere Verkehrswege, damit insbesondere Kinder ihre Freude an selbstbestimmter Mobilität bewahren und vermehren können.“

Elena Laidler-Zettelmeyer, Zukunft Fahrrad: „Aktive Mobilität ist nicht nur für Kinder und Jugendliche wichtig, um gesund und selbstbestimmt unterwegs zu sein. Die Politik ist gefragt, sie allen Verkehrsteilnehmenden zu ermöglichen und sichere Radwegenetze zu schaffen. Nur so kann eine sozial gerechte und nachhaltige Verkehrswende gelingen.“

Über das Kidical Mass Aktionsbündnis:
Die Kidical Mass ist eine weltweite Bewegung. Seit 2017 gibt es sie in Deutschland. Bei bunten Fahrraddemos erobern Radfahrende von 0 bis 99 Jahren die Straße. Die Kidical Mass setzt sich für kinder- und fahrradfreundliche Städte und Gemeinden ein. Herzstück des Aktionsbündnisses sind mehr als 500 lokale Organisationen und Initiativen. Ein einzigartiges Netzwerk – dezentral, selbstorganisiert und gemeinsam stark. Unterstützt wird es von den überregionalen Partner:innen: ADFC, Campact, Changing Cities, Clean Cities Campaign, Deutsches Kinderhilfswerk, Greenpeace, Parents For Future, Pro Velo Schweiz, VCD und Zukunft Fahrrad.

Weitere Details unter: www.kinderaufsrad.org.