Der Zweirad-Industrie-Verband gibt zusammen mit dem Verband des Deutschen Zweiradhandels zudem auch einen Überblick auf die aktuelle Marktlage
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Das Jahr 2022 war für viele Unternehmen im Fahrrad- und E-Bike-Segment ein herausforderndes, aber auch insgesamt sehr erfolgreiches Jahr. Das lag zum einen zumindest im ersten Halbjahr an den Auswirkungen der immer noch gestörten Lieferketten, die aber zum Teil durch kluges Handeln und der Hilfe untereinander auch kompensiert werden konnten. Trotzdem stand die Branche angesichts des Krieges in Europa, der Nachwirkungen von Corona und der steigenden Inflation dann im Spätjahr vor weiteren massiven Herausforderungen. Wie sich die Fahrradbranche angesichts dieser Lage entwickelt hat, hat der Zweirad-Industrie-Verband jetzt in einer aktuellen Präsentation zu den Marktdaten 2022 bekannt gegeben.

Burkhard Stork; Bild: ZIV

Aktuelle Situation

Noch im späten Jahr 2022 hat sich der Markt normalisiert. Im Frühherbst sanken die Kosten für die Vorproduktion (Rohstoffe, Teile, Transportkosten) auf das vorige Niveau und die Fahrradhersteller konnten wieder voll produzieren. Die Lager sind demnach voll und die Preisvorteile werden oft an den Kunden weitergegeben, so dass jetzt der beste Zeitpunkt ist, sich ein Fahrrad oder E-Bike zuzulegen. Mittel- und auch langfristig sieht der Zweirad-Industrie-Verband weiter ein sehr stabiles Wachstum voraus.

Jetzt ist genau der richtige Moment, sich ein neues Fahrrad oder E-Bike zu kaufen.Burkhard Stork, CEO ZIV

Aktuelle politische Situation, Stichwort Mobilitätswende

Die Verkehrspolitik der aktuellen Bundesregierung, insbesondere der letzten Wochen, lässt keine klare Richtung erkennen. Bundesverkehrsminister Volker Wissing hat die im Koalitionsvertrag vorgesehenen finanziellen Mittel für Radverkehrsinfrastruktur in Höhe von 2,9 Mrd. Euro abgesichert und fördert das Fahrradparken an ÖV-Haltestellen mit hohen Summen.

Gleichzeitig stellt die Bundesregierung weder bei den Investitionen noch beim Thema Kraftstoffe die richtigen Weichen für die dringend benötigte Mobilitätswende. ZIV-geschäftsführer Burkhard Stork teilt dazu mit:

Zwei Drittel aller Alltagswege der Menschen in Stadt und Land lassen sich mit dem Fahrrad oder dem E-Bike problemlos bewältigen. Die Fahrradbranche stellt das Massenverkehrsmittel der Zukunft zur Verfügung. Wir erwarten in Bund, Ländern und Kommunen eine klar auf das Fahrrad ausgerichtete Politik. Profitieren würden davon alle, egal, ob sie das Fahrrad schon nutzen oder nicht.Burkhard Stork

Aktueller Bestand

In 2022 sind fast 10 Millionen E-Bikes auf der Straße. Eine Marktsättigung ist aber längst nicht erreicht, obwohl dies öfters so propagiert wird. Oft werden ältere Fahrräder durch moderne E-Bikes ersetzt, aber auch der Trend zum Zweit- oder Drittrad ist ungebrochen

Insgesamt beträgt der Bestand an Fahrrädern und E-Bikes in Deutschland 82,8 Millionen, was bedeutet, dass fast jeder Einwohner hierzulande ein entsprechendes Fahrzeug besitzt.

Wichtig ist es zu wissen, dass E-Bikes öfter und für weitere Wegstrecken genutzt werden, durchschnittlich 1.500 bis 2.000 Kilometer pro Jahr. Inzwischen ist das E-Bike aus der Nische auch zum Mainstream-Produkt avanciert, was die zukünftige Entwicklung dieses Marktes weiter rosig aussehen lässt.

Produktion

Insgesamt wurden in 2022 die Gesamtanzahl von 2,6 Millionen Fahrrädern produziert, was einem Plus von acht Prozent entspricht. Die Anzahl der produzierten E-Bikes lag nach Angaben des ZIV bei 1,7 Millionen Einheiten, wobei diese gegenüber dem Vorjahr um 20 Prozent angewachsen ist. Insgesamt ist die Fahrradproduktion damit konstant geblieben, der zentrale Treiber dahinter ist und bleibt weiter das E-Bike.

Die Produktion von E-Bikes in Deutschland hat sich indes seit 2014 von 310.000 Einheiten auf 1,72 Mio. Stück versechsfacht, wie ZIV-Geschäftsführer Burkhard Stork im Rahmen der Präsentation mitgeteilt hat. Die Fahrrad- und E-Bike-Produktion findet dabei auch in anderen Produktionsstätten innerhalb der EU statt, wobei die Produkte danach wieder nach Deutschland eingeführt werden.

Zu dieser „verlängerten Werkbank“ präsentiert der ZIV heute ebenfalls erstmals Zahlen und gibt an, dass 780.000 Fahrräder und E-Bikes in eigenen Produktionsstätten deutscher Unternehmen außerhalb Deutschlands produziert werden, mehr als 90 % davon aber innerhalb der EU. Die Gesamtsumme aller von deutschen Unternehmen im In- und Ausland produzierten Fahrräder und E-Bikes beträgt 3,38 Mio. Einheiten.

Auch in Sachen Komponenten und Teile hat der Zweirad-Industrie-Verband Zahlen erfasst. Die Produktion derselben hierzulande ist seit 2020 um rund 20 Prozent angestiegen. Die Importe nach Deutschland haben sich ebenfalls fast verdoppelt, wobei die Exporte ins Ausland mit 60 Prozent sogar darüber liegen.

Die sogenannte Inlandsanlieferung an den deutschen Handel gibt der ZIV mit 5,42 Millionen Einheiten an, was einer deutlichen Steigerung gegenüber dem Rekordjahr 2021 entspricht. Die Steigerung beträgt dabei neun Prozent, was 480.000 Stück entspricht, also mehr als beim Zehnjahresrekord in 2021.

Verkäufe in Deutschland

Die Umsätze im Fahrradhandel haben ein Rekordergebnis erreicht und sind auf 7,36 Mio. EUR gestiegen, was einem Plus von 12 Prozent entspricht. Grund dafür ist der immer weiter wachsende Anteil an E-Bikes und hochwertigen Produkten, wie beispielsweise Cargobikes. Der Verkaufswert hat sich im Vergleich zu 2012 mit 2,03 Mio. EUR fast vervierfacht!

Der Verkauf von E-Bikes ist weiter gestiegen, konnte die konventionellen Fahrräder bisher nicht überholen. Laut dem ZIV-Geschäftsführer Stork setzt die E-Bike-Kategorie aber zum Überholen an und wird den Vorgang noch in diesem Jahr abschließen. 2,2 Millionen verkaufte E-Bikes im Jahr 2022 stehen 2,4 Mio. verkauften Fahrrädern gegenüber. Das Vor-Corona-Niveau wurde erneut übertroffen, gegenüber den beiden vorigen Rekordjahren ist aber ein leichter Rückgang zu verzeichnen.

Vergleicht man den E-Bike-Absatz im vergangenen Jahr mit 2018, so hat sich dieser mehr als verdoppelt. Gegenüber 2015 stellt sich dieser sogar als viermal höher dar. Das E-Bike ist und bleibt der Treiber in Sachen Absatz, Umsatz und vor allem der Innovation, wie Burkhard Stork weiter feststellt.

Anteile der E-Bike-Modellgruppen

Wachstumskategorie bei den E-Bikes ist inzwischen das E-Mountainbike mit einem Anteil von 38 Prozent. Das zuvor führende E-Trekkingrad ist um 4 % auf den zweiten Platz mit 28 Prozent zurückgefallen. Danach folgt das E-Cityrad mit 24 % Anteil, welches aber nur rund 1,5 % Zuwachs erfahren konnte.

Insgesamt 37,5 Prozent Zuwachs kann aber das E-Lastenrad aufweisen, dessen Anteil jetzt auf 7,5 Prozent angestiegen ist. Ebenso viel Zuwachs stehen beim S-Pedelec an, deren Anteil am Gesamtmarkt mit 0,5 % aber weiter verschwindend gering ist. Den stärksten Zuwachs mit 120 % weisen aber die E-Bikes der Kategorie Rennrad/ Gravel/ Fitness auf, die inzwischen aber nur mit einem Prozent am Gesamtmarkt vertreten sind.

Was seitens des ZIV ebenfalls als Wachstumsmarkt gesehen wird, sind die Fahrradanhänger, die sich für den Transport von Lasten, Kindern, aber auch Haustieren eignen. Gegenüber den E-Cargobikes sind diese zwar in den Hintergrund geraten, laut ZIV aber unverdient, denn die Nutzung ist und bleibt bequem, flexibel und zukunftsweisend. Erstmals gibt der Verband auch hier Daten an. Es stehen 293.000 verkauft Stück 212.800 Einheiten im Vorjahr gegenüber.

Der B2B-Markt im E-Lastenrad-Segment boomt weiter. Der Verkauf ist um 104 % auf 27.300 Einheiten angewachsen, der Umsatz beträgt hier 175 Mio. EUR, was einer Steigerung von 46 % gegenüber dem Vorjahr entspricht. Diese Zahlen stammen vom Radlogistikverband Deutschland RLVD.

Vertriebswege

Der Anteil des Fachhandels ist mit 76 % weiter unverändert hoch. Dabei setzt sich dieser Wert aus 73 % stationärer Handel und 3 % Onlinehandel, wobei sich Letzterer gegenüber 2021 nicht verändert hat. Reine Internetversender legten um ein Prozent zu, SB Warenhäuser, Baumärkte und Discounter verlieren weiter Anteile und sacken um zwei Prozentpunkte auf 2 % in 2022 ab.

Die Verbraucher legen vor allem bei E-Bikes viel Wert auf gute Technik und hohe Qualität. Der Durchschnittsverkaufspreis für ein E-Bike liegt dabei brutto bei 2.800 EUR. Hierzu teilt der ZIV mit, dass hochpreisige E-Lastenräder die Durchschnittspreise nach oben zieht.

Importe und Exporte

Vor allem die Importe in 2022 liegen auf Rekordniveau, wie die Präsentation der Marktdaten aufzeigt. Insgesamt wurden 4,43 Mio. Fahrräder und E-Bikes nach Deutschland importiert, was einem Plus von sieben Prozent entspricht. Hier sind aber auch die Fahrräder und E-Bikes einberechnet, die von deutschen Herstellern in den EU-Nachbarländern hergestellt werden, wie der ZIV hinweist. Auch hier ist das E-Bike der Treiber für die Importe.

Im gesamten wurden 1,45 Mio. E-Bikes nach Deutschland importiert, der Anteil von Asien gegenüber Europa liegt hier bei 1:3. So wurden aus Europa 69 % der E-Bikes eingeführt, aus Asien nur 27 % (leichtes Wachstum gegenüber dem Vorjahr). Als Gründe sieht der ZIV hier den Ausbau der Produktion in der EU bzw. EU-Nachbarländern, Unabhängigkeit von Entwicklungen im Zoll-Bereich innerhalb der EU und die Anti-Dumping-Zölle von E-Bikes aus China.

Größte Lieferanten innerhalb der EU sind Bulgarien, Niederlande und Ungarn. Größte Lieferanten in Asien bleiben Vietnam und Taiwan. Die E-Bike-Exporte aus Deutschland ist um 30.000 Einheiten leicht zurückgegangen, befinden sich aber weiter auf hohem Niveau. Rund 98 % exportiert man ins EU-Ausland (mit EFTA), größte Abnehmer sind die Niederlande, Österreich und Frankreich. Auch die Schweiz, Belgien und Italien sind große Abnehmer.

Das Jahr aus Sicht des Fachhandels

Ein Jahr der Extreme:

  • Warenknappheit, aber Preisstabilität
  • Große Auslieferungsmengen seit Herbst und Winter
  • Lagerplatz und Liquiditätsprobleme
  • Neue Markteilnehmer durch grundsätzlich attraktiven Markt
  • Onlinehandel stagniert (-6,9 Prozent)
  • Hohes Wartungsaufkommen führt zu Steigerungen bei den Werkstatterlösen (E-Bike-Fahrer kommen ohne Werbemaßnahmen in die Werkstätten)
  • branchenfremde Unternehmen wie Möbelhäuser steigen ein
  • Trend zu sportlichen Rädern und Freilauf, Rücktritt stagniert

Zahlen, Daten im Vergleich zu 2021

  • Fahrräder & E-Bikes, alle Sortimente legen im Wert um 8 bis 10 % zu
  • E-Bikes gar mit bis zu 20 % Wertzuwachs
  • Wertzuwachs auch bei Bekleidung und Zubehör
  • Werkstattumsatz nimmt auch um 10 % zu
  • E-Bike Durchschnittspreis bei 3.570 EUR brutto
  • E-Bike-Nachfrage ungebrochen

Leasing & Finazierung

  • Fahrradleasing war 2022 weiter angesagt und wird es auch in den folgenden Jahren sein, besonders bei E-Bikes
  • allerdings sind unterscheinden sich die Leasinganbieter in individuellen Punkten, was den adminstrativen Aufwand erhöht. auch die schiere Anzahl der Leasinggeber steigt weiter an
  • klassische Finanzierung, inkl. “0-%-Finanzierung”, spielt weiter eine wichtige Rolle

Beratung, Service und Werkstatt

  • Temporäre Überbestände schüren Fragen zu Nachlässen und verursachen Wechsel hin zum Käufermarkt
  • Servicegedanke steht Rabattschlachten gegenüber
  • Werkstattleistung sehr gefragt

Fazit des Fachhandels

  • Fahrradbranche bei Kunden sehr gefragt
  • über den Jahresverlauf unterschiedliche Liefersituationen von Warenknappheit bis Überbestand
  • Herausforderungen hinschtlich Lager- und Liquidität
  • Zukunftsaussichten positiv angesichts E-Bikes, Leasing und Service

Fazit

Die Entwicklung im E-Bike-Markt verläuft weiter sehr positiv und wird dies auch weiterhin tun. Probleme dürften sich in naher nur durch die fehlgeleitete Regierung rund um Bundesverkehrsminister Wissing ergeben, welche die Zeichen der Zeit partout nicht erkennen möchte. Allerdings sind wir zuversichtlich, dass sich dies angesichts steigender Fahrrad- und E-Bike-Fahrer in absehbarer Zeit ändern muss.

Quelle: PM ZIV