Als erstes Magazin weltweit1 haben wir die lang erwartete Forestal Siryon E-Enduro auf Trails rund um Andorra la Vella auf Herz und Nieren getestet. Die Tracks am Ort der Entstehung des Über-E-MTBs sind hart, steil und steinig und verlangen Mensch und Material alles ab. Konnte uns das Flaggschiff der neuen Marke auf unseren Fahrten überzeugen?
Forestal Siryon auf dem Trail
Bereits seit 2020 haben wir hier über alle Details zum Forestal Siryon berichtet. In der Theorie und auf dem Papier erschienen die Daten und Werte fast zu schön, um wahr zu sein. So wurde es Zeit für uns, dem Highlight-Modell der andorranischen Marke auf den Zahn zu fühlen, am besten direkt vor Ort in Andorra! 🙂
Trotz des engen Zeitplans zwischen all den Fahrradevents im Juli, August und September machten wir einen Besuch am Ort der Entwicklung und Produktion der Marke Forestal in Andorra la Vella möglich. Das Team von Forestal rund um Rafael Gil-Perez und Damien Nosella empfing uns herzlich und offen und stellte uns alle erdenklichen Informationen zum Unternehmen und dessen Produkten zur Verfügung.
Eine Story zur überaus interessanten Factory Tour werden wir demnächst veröffentlichen, in welcher man dann alles über die Geschichte, Entwicklung und Produktion der E-Bikes von Forestal erfährt. Allerdings hat uns selbst die Performance der E-Mountainbikes auf den Trails natürlich am meisten interessiert und vermuten dies auch für unsere Leser.
Erster Tag
Zusammen mit dem Technischen Leiter von Forestal, Damien Nosella, ging es am ersten Testtag aus der Hauptstadt Andorra la Vella heraus in Richtung La Massana, um dort am Camí de l’Església zu parken und die Testfahrt zu starten. Vor Ort angekommen, machte uns aber leider ein aufkommendes Gewitter mit Blitz und Donner einen Strich durch die Rechnung.
Da mit einem Platzregen auf dem steil abfallenden Trails nicht zu spaßen ist, plante Damien um und brachte uns auf die gegenüberliegende Seite von Andorra la Vella. In Richtung Naturlàndia ging es dabei auf rund 2000 Meter. Dort hielten wir schließlich am Parkplatz beim Tobotronc (einer Art Bobbahn auf Schienen) an und wechselten auf die E-Mountainbikes. Dem Gewitter schlugen wir damit ein Schnippchen und bekamen während der gesamten Testfahrt nur einige kleine Regentropfen ab.
In Richtung Cami de la Font de la Rabassa startete die Runde, wobei wir schon auf der Fahrt dorthin sehr ausgiebige Informationen zu den Modellen, deren Entwicklung und deren Eigenschaften aus erster Hand erfahren konnten. Nach einem kurzen Stück ging es dann hinunter auf unseren ersten Trail in Andorra.
Downhill
Unsere Erwartungen waren sehr hoch, konnten aber übertroffen werden. Feinfühlig arbeitete die Federung mit ihren 170 mm und schluckt die bisweilen sehr groben Steine auf dem Trail problemlos weg. Trotzdem bot die Federung genügend Gegenhalt, um jederzeit an einem Absatz auch einmal abzuziehen und einige Meter in der Luft zurückzulegen.
Sehr spurstabil bei schneller Fahrt, gleichzeitig aber auch agil und verspielt!Kimi, Downhill-Racer & Testfahrer
Unser Testfahrer Kimi, selbst auf verschiedensten Downhill-Rennen unterwegs und zudem bald Mountainbike-Trainer, konnte sich vor Begeisterung kaum zurückhalten. „Sehr spurstabil bei schneller Fahrt, gleichzeitig aber auch agil und verspielt“, attestierte er dem Flaggschiff der Marke aus Andorra und ließ die E-Enduro gleich wieder die Trails hinab in Richtung der Hauptstadt des Fürstentums hinuntersausen.
Willig lässt sich das E-MTB auch in schnelle Kurven drücken, ohne dem Fahrer dabei das Gefühl eines Kontrollverlustes zu geben. Das zeitweise lose Geröll auf dem Trail änderte daran nichts und ließ den Fahrer mit unverminderter Geschwindigkeit über den Trail jagen.
Bis zum Ende dieses Trails an der Straße zurück zum Aparcament Naturlàndia war es Heidenspaß für alle, das Forestal Siryon über die Strecke zu zirkeln. Danach ging es daran, die Qualitäten des EonDrive bergauf auszuprobieren und gleichzeitig auch die Effizienz des Antriebs in Verbindung mit der 360 Wh an Kapazität fassenden Batterie zu testen.
Uphill
Die 60 Newtonmeter des EonDrive fühlten sich in der Stufe „Nitro“ nach deutlich mehr an und waren scheinbar ähnlich stark wie z.B. die 70 Nm des Shimano E8000 Antriebs. Durch die gut definierten Stufen konnte man deutlich die Kraftunterschiede zwischen denselben spüren und so die Effizienz durch den eigenen Körpereinsatz steigern.
In mehreren aufeinander folgenden Serpentinen ging es rund 800 hm hinauf zurück in Richtung Parkplatz und ließ dabei noch Raum für einige Wheelies. Der Antrieb zeigte sich dabei leise surrend, was auch in der höchsten Stufe nicht störte und in Sachen Geräuschentwicklung so zwischen dem Brose und dem Shimano EP8 einzuordnen ist. Allen Späßen zum Trotz erreichten alle Fahrer das Ziel schließlich mit Restkapazität und das trotz deutlich unterschiedlicher Fahrerprofile.
Bei einem atemberaubenden Ausblick über das von Bergen umschlossene Tal, gab Chef-Ingenieur Damien Nosella noch einige Details zum Ablauf der Entwicklung eines Bikes preis. Insgesamt eine gelungene Demonstration des Forestal Siryon, welches uns nicht nur angesichts der besseren Wettervorhersage schon auf den kommenden Tag freuen ließ!
Unser Ride im Video:
Zweiter Testtag
Am zweiten Testtag ging es auf die ursprünglich geplante Route. Am Parkplatz in La Mossana machten wir uns bereit, die gestern wortwörtlich ins Wasser gefallene Runde jetzt bei schönstem Wetter anzugehen. Doch, auch dieses Mal klebte das Pech am Schuh bzw. eher an den Reifen!
Obwohl zuvor penibel kontrolliert und eingestellt, fehlte bei einigen Reifen der Bikes etwas Luft bzw. waren diese sogar ganz platt. Mit einer CO2-Kartusche war das Problem für den Start jedoch schnell behoben. Vorerst jedenfalls, wie sich nachher herausstellte. Wir begannen die Runde dann auf der Straße Richtung L’Armiana, kürzten dann aber über diverse „Feuerstraßen“ ab.
Uphill
Einige Reifen verloren wieder Luft, so dass Damien einen Treffpunkt mit Rafa verabredete, um sich mit CO2-Kartuschen und einer Luftpumpe zu versorgen. Nachdem alle Reifen wieder ihren optimalen Druck aufwiesen, ging es dann weiter. Wir folgten der Straße noch ein Stück weiter und bogen dann zu einem langen Aufstieg auf den Schotterweg in Richtung Coll de l’Estall ab.
Kurz vor der Anhöhe auf über 1800 Metern konnte man noch hinüber zum Vallnord Bike Park blicken, der sich auf der gegenüberliegenden Seite des Tals befindet. Ein paar Kurbelumdrehungen weiter fand sich die perfekte Stelle, um den Algorithmus der Steuerung für den EonDrive zu testen.
Dieser versucht, so erklärte uns Damien Nosella, den besten Kompromiss aus der Kurbelgeschwindigkeit und dem eingebrachten Drehmoment zu finden und kann so auch bei langsamer Kurbeldrehzahl das maximale Drehmoment bereitstellen.
Aufgrund des eigentlich recht simplen Twin Levity Suspension Systems, welches auf einer Single Pivot Konstruktion basiert, sitzt man nicht zu tief im Federweg des Bikes und hat trotzdem genügend Grip, um Steinfelder oder Wurzelteppiche im Uphill zu bezwingen. Ein ungewünschtes Abheben des Vorderrades, wie es bei Modellen anderer Hersteller öfters vorkommt, war beim Siryon so gut wie gar nicht feststellbar.
Bei technischen Climbs mit wenig Anlauf und einer niedrigen Startgeschwindigkeit liefert der 60 Nm starke Motor genug vorhersehbare und kontrollierbare Power, um diese zu meistern. Auch wenn man wenig Anlauf hat, ermöglicht der Motor es einem, schnell auf Geschwindigkeit zu kommen und somit noch schwerere Uphill-Passagen zu fahren.
In mehreren Versuchen konnte man auf dem steilen, verblockten Anstieg genau diese Wirkweise selbst „erfahren“. Nach der Erkenntnis ging es weiter zu einem Brunnen und einer gerade im Neubau befindlichen Grillstelle im Wald. Die Andorraner sind leidenschaftliche Griller. Wir hatten dafür aber keine Zeit. 😉
Nach einigen schmalen, teilweise stark mit Wurzeln durchsetzten Trails bergauf, waren wir dann an einer atemberaubenden Aussicht angekommen. Hier konnte man ganz Andorra la Vella überblicken und sich zudem auf einer Bank ausruhen. Nach ein paar Fotos folgten wir dem Trail ein langes Stück weiter.
Downhill
Nach einem kurzen Abschnitt bergauf konnte Testfahrer Kimi das Modell an einem extremen Stück Downhill ausprobieren. Das Forestal Siryon meisterte die Stelle klaglos, ließ das Halten der Linie am Felsen problemlos zu und ermöglichte dabei zudem die Erstellung atemberaubender Fotos.
Hätte man mich blind auf das Bike gesetzt, hätte ich nicht erraten, dass es sich um ein E-Bike handelt!Kimi, Downhill-Racer & Testfahrer
Weiter bergab zeigte sich die E-Enduro aus Andorra in ihrem Element. Aufgrund des Twin Levity Systems steht man auch hier hoch im Federweg. So steht bei kleinen Unebenheiten immer genügend Grip zur Verfügung, um Off-Camber Kurven zu fahren und seine Linie durch Steinfelder und Wurzelteppiche zu halten.
Auch große Schläge steckt das Bike gut weg, wobei wir den Dämpfer nur sehr selten und auch nur bei sehr harten Impacts ans Ende des Federwegs bekommen haben. Trotzdem lässt es sich leichter in die Luft bewegen, als manch konventionelles Modell.
Das Fahrwerk zeigt sich überaus poppig und lässt so technische wie auch sehr große Gaps mit Leichtigkeit in der Luft überwinden. So wird der ganze Trail zum Spielplatz, auf welchem man viele Möglichkeiten nutzen kann, um Airtime zu gewinnen.
Die meisten E-Mountainbikes, die mit dieser Eigenschaft aufwarten, erfordern Abstriche in Sachen Laufruhe bei hohen Geschwindigkeiten. Nicht so das Forestal Siryon. Es bleibt auch bei hohen Geschwindigkeiten stabil und vermittelt ein überlegenes Gefühl von Sicherheit und Kontrolle. Hier wirkt sich der flache Lenkwinkel wohl besonders aus.
Immer steilere Trails bergab stellten das Fahrwerk kaum vor Probleme und ließen überaus schnelle Rides zu. Leider erlitt ein Reifen von Damiens Cyon einen Riss und konnte nicht mehr geflickt werden, was für ein geändertes Ende unserer Fahrt sorgte.
Für einige Sprünge über den Speedjump reichte es dann aber noch, welches Kimi mehrfach die Flugeigenschaften des Modells ausprobieren ließ, bevor es dann zum Ende des Trails ging. Alles in allem war der Trailride eine sehr erfolgreiche Demonstration der Eigenschaften des Forestal Siryon und ließ uns mit Begeisterung die Fahrt zu Ende bringen.
Hier noch ein ausführliches Video zu den Rides auf den Trail rund um Andorra la Vella:
Forestal Siryon Edition One
Motor: Forestal EonDrive, 250 Wh, 60 Nm
Batterie: Forestal Aurora, 350 Wh (700 Wh mit optionalem Range Extender)
Display: Forestal Smart Dashboard mit Forestal Smart Trigger
Rahmen: Forestal Alpha Box Carbon Enduro 29″, 170 mm
Gabel: Rock Shox Lyrik Select 29″, 170 mm
Dämpfer: Rock Shox Super Deluxe Select+, 230 x 65
Schaltung: SRAM GX Eagle, 1×12
Bremsen: Magura MT5 / Storm, 203 mm / 180 mm v/h
Kurbelgarnitur: Praxis Carbon, 170 mm
Sattelstütze: Crankbrothers Highline 7
Sattel: Fizik Aidon X3 E-MTB
Laufräder: Crankbrothers Synthesis E Carbon
Reifen: Panaracer Romero 29 x 2.4 HO 3Comp/ Panaracer Aliso 29 x 2.4 HO 3Comp. v/h
Gewicht: 17,4 kg (Size M)
max Zuladung: ca. 120 kg (Fahrer + Gepäck)
Preis: ab 8.299 EUR
Fazit
Mit dem Forestal Siryon hat das Team aus Andorra ganze Arbeit geleistet! Die hohen Erwartungen, die über die lange Zeit der Entwicklung geschürt wurde, konnte die E-Enduro in Sachen Performance nochmals übertreffen. Zum einen zeigte sich das Antriebssystem aus EonDrive und Aurora-Batterie deutlich besser, als man es aufgrund der Zahlen auf dem Papier erwartet hätte. Zum anderen ist das augenscheinlich „einfache“ Single Pivot-Fahrwerk mittels des einzigartigen Twin Levity-Systems so ausgeklügelt optimiert worden, dass wir uns kaum erinnern können, jemals ein ausgeglicheneres Fahrwerk gefahren zu sein. Man kann die gesamte Mannschaft von Forestal rund um Damien Nosella und Rafael Gil-Perez nur beglückwünschen!
Im zweiten Teil stellen wir hier detailliert vor, wo und wie die Modelle von Forestal in Andorra entwickelt und produziert werden. Bleibt also dran, folgt uns auf den sozialen Kanälen und seid auf weitere Details gespannt!
Disclaimer: Im Rahmen unseres Besuchs in Andorra hat Forestal die Unterbringung und Verpflegung für uns übernommen. Die An- und Abreise nach Andorra erfolgte allerdings auf eigene Kosten.
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1 Ja, Sam von „Sam’s Bikes“ war ein paar Tage vor uns bei Forestal in Andorra und hatte unseres Wissens nach eine zweistündige Testfahrt mit dem Siryon im Vallnord Bike Park. Allerdings finden wir den Test auf regulären Trails realistischer. Sorry, Sam.