Die von der Corona-Pandemie besonders hart getroffene Stadt Mailand hat ein ehrgeiziges Verkehrskonzept zur Wiederbelebung der Wirtschaft nach dem Lockdown beschlossen. Ziel ist, das Umfeld der Geschäfte deutlich attraktiver zu machen und Platz zum Flanieren und Radfahren zu schaffen.
Der Fahrradclub ADFC fordert deutsche Städte auf, sich schon jetzt auf die Zeit nach den Kontaktbeschränkungen vorzubereiten und dafür zu sorgen, dass die wirtschaftliche Erholung nicht vom überbordenden Autoverkehr abgewürgt wird. ADFC-Bundesgeschäftsführer Burkhard Stork sagt:
Distanzregeln im ÖPNV werden bleiben – Autokollaps droht
Der ADFC befürchtet, dass der Autoverkehr in deutschen Städten nach dem Lockdown sogar über das Ausgangsniveau vor der Corona-Pandemie anschwellen könnte, wenn die Homeoffice-Phase endet und der ÖPNV wegen fortgeführter Distanzregeln noch lange nicht mit voller Auslastung fahren kann. Stork: „Noch mehr Autoverkehr würde den Knockout für die Städte bedeuten. Das gilt es zu verhindern, indem Rad und Fuß kraftvoll gefördert werden. Die rechtlichen Möglichkeiten dafür sind da.“
Mailand: 35 km Radspuren und breitere Fußwege
Der am Dienstag angekündigte Strade Aperte-Plan von Mailand umfasst die Einrichtung von 35 Kilometern temporärer Radspuren („Popup-Bikelanes“) auf ehemaligen Autospuren, neue und verbreiterte Fußwege, Tempo 30 auf Innenstadtstraßen sowie Vorrangstraßen für Radfahrer und Fußgänger. Der Verkehrsbürgermeister von Mailand, Marco Granelli, begründet den Maßnahmenplan damit, dass überdimensionierter Autoverkehr die kommerziellen Aktivitäten in der Stadt behindere.
ADFC fordert Popup-Bikelanes, Fahrradstraßen und modale Filter
Städte mit viel und zu schnellem Autoverkehr sind unattraktiv – für Konsumenten und für den Radverkehr. Der ADFC fordert deshalb für mindestens 12 Monate Popup-Bikelanes nach Berliner Vorbild an Hauptachsen und die Einrichtung von Fahrradstraßen im Nebennetz. Stork: „London macht gerade sehr gute Erfahrungen mit der Errichtung von ‚modalen Filtern‘ – das sind Blumenkübel oder andere Barrieren, die den Durchgangsverkehr aus Wohngebieten heraushalten und so ein gutes Umfeld zum Radfahren und Zufußgehen schaffen. Das sollten wir in Deutschland auch probieren.“ Auch zusätzliche Fahrradabstellplätze werden dringend benötigt.
Attraktives Geschäftsumfeld und Aufenthaltsqualität schaffen
Stork: “Der Handelsverband Deutschland fordert, dass das Umfeld der Geschäfte attraktiv sein und zum Aufenthalt einladen muss. Es gibt jetzt die Chance, Menschen nachhaltig dafür zu begeistern, das Auto stehen zu lassen und häufiger das Rad oder die eigenen Füße zu nutzen. Wenn das gelingt, kann man die Ausprobier-Infrastruktur dauerhaft machen – eine Riesenchance für lebenswerte und prosperierende Städte.“
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