Ein Unfall mit Pedelec oder S-Pedelec ist nicht nur ärgerlich. Man muss auch rechtliche Regelungen beachten, die sich je nach Situation mehr oder weniger schwer auswirken können.
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E-Bikes gewinnen auf den Radwegen zunehmend die Oberhand gegenüber unmotorisierten Fahrrädern. Eine willkommene Entwicklung, die auch bei Radfahrmuffeln ungeahnte Leidenschaft entfachen lässt. Dabei wird die neu gewonnene Freiheit aber auch überschattet: von steigenden Unfallzahlen mit E-Bikes. Und so häufen sich die Fragen, die im Kontext mit Verkehrsregeln und -sicherheit stehen – vor allem bei der Haftung.

Ein Blick auf die Statistik zeigt: Unfälle, in denen E-Bike-Fahrer verwickelt sind, nehmen zu:

Grafik: righmart

Ob verschuldet oder unverschuldet – Haftungsfragen tauchen bei einem Unfall mit dem E-Bike unweigerlich auf. Thorsten Köhn ist Fachanwalt für Verkehrsrecht bei rightmart und liefert Antworten.

Thorsten Köhn

Ist es gefährlicher, mit einem E-Bike unterwegs zu sein als mit einem normalen Fahrrad? Wenn ja, warum?

Ja, und bedauerlicherweise bestätigen die Statistiken das. E-Bikes sind vor allem bei Senioren beliebt. Diese Personengruppe hat nicht nur ein höheres Verletzungsrisiko, in der Regel ist ihre Reaktionszeit auch deutlich langsamer. Das führt zu mitunter schwereren Verletzungen, die oftmals über einen blauen Fleck hinausgehen.

Das Problem allein aufs Alter abzustellen, ist allerdings vermessen. Viele Unfälle sind auf Unachtsamkeit und Überschätzung der eigenen Fähigkeiten zurückzuführen. Je nach Modell – E-Bike, Pedelec oder S-Pedelec – sind immerhin bis zu 45 km/h möglich, wobei letztere auf Radwegen nichts mehr zu suchen haben. Sonderlich viel Muskelkraft braucht es nicht, um die jeweiligen Spitzengeschwindigkeiten zu erreichen. Manch einem Radler ist das nicht bewusst. Alleinunfälle, sprich Unfälle, an denen ausschließlich der Fahrer beteiligt ist, nehmen ebenso zu.

Sie haben die unterschiedlichen Modelle angesprochen: Welche Rolle spielt der Rad-Typ?

Zwar wird im Alltag oft von „E-Bikes“ gesprochen. Gemeint sind damit jedoch oft auch Pedelecs und S-Pedelecs. Von den klassischen E-Bikes unterscheiden die sich vorwiegend in den Spitzengeschwindigkeiten bis zu 45 km/h. Dabei erkennt der Gesetzgeber lediglich E-Bikes (mit bis zu 20 km/h) und Pedelecs (mit bis zu 25 km/h) als Fahrräder an. Dementsprechend gelten für Verkehrsteilnehmer, die mit diesen Fahrradtypen unterwegs sind, die gleichen Verkehrsregeln wie für unmotorisierte Radfahrer.

S-Pedelecs dürfen ausschließlich mit Helm und auf der Straße gefahren werden. Rad-, Radschnellwege oder gar Gehwege sind tabu. Grundsätzlich gelten für S-Pedelecs die Verkehrsregeln für Kraftfahrzeuge, da sie als solche einzustufen sind. Dementsprechend sind auch Kennzeichen und Versicherung Pflicht. Kommt es zwischen einem E-Biker und einem S-Pedelec-Fahrer zu einem Unfall, kann dieser Unterschied enorme Bedeutung haben.

Stichwort Haftung: Worauf kommt es bei einem Unfall an?

Kommt es mit einem E-Bike oder Pedelec zu einem Unfall, ergeben sich erst einmal keine haftungsrechtlichen Unterschiede gegenüber dem klassischen Fahrrad. Ist ein Fußgänger in einen Unfall verwickelt, wird ggf. im Einzelfall entschieden, wer den Unfall verschuldet hat. Eine sich aus der Betriebsgefahr eines Kfz ergebende verschuldensunabhängige Mithaftung, wie sie oft bei einem Unfall mit einem Auto angenommen wird, wird bisher von der Rechtsprechung sowohl bei E-Bikes und Pedelecs als auch bei S-Pedelecs nicht angenommen.

In der Regel sind etwaige Schäden durch die Privat-Haftpflichtversicherung (E-Bikes/Pedelecs) bzw. Kfz-Haftpflichtversicherung (S-Pedelecs) des Fahrers abgedeckt. Dennoch ist es ratsam, zu prüfen, ob diese tatsächlich greift. Bei fehlendem Versicherungsschutz haften Unfallverursacher in der Regel mit dem eigenen Vermögen. Ist jemand zu Schaden gekommen, können immense Kosten entstehen – vor allem bei Personenschäden.

Welche Schäden müssen im Falle eines Unfalls beglichen werden und durch wen?

Grundsätzlich muss der Unfallverursacher für Schäden aufkommen. Unterschieden werden materielle und immaterielle Schäden. Sprich: Schäden am Rad, an der Kleidung und dem Fahrradhelm und Personenschäden.

Materielle Schäden sind vergleichsweise einfach zu bewerten – ggf. mithilfe eines Gutachters. Bei immateriellen Schäden geht es in der Regel um Schmerzensgeld, dessen Höhe nach den Umständen des Einzelfalls festzumachen ist.

Wie sollten sich E-Biker & Co. bei einem Unfall verhalten?

Grundsätzlich können Verkehrsunfälle Schadensersatzansprüche nach sich ziehen. Bei Unfällen mit E-Bikes können die schon allein aufgrund der deutlich höheren Anschaffungskosten als bei einem normalen Fahrrad schnell bei mehreren Tausend Euro liegen. Daher ist es ratsam, immer die Polizei hinzuzuziehen, um das Geschehende aus Sicht aller Beteiligten sowie deren Daten aufzunehmen.

Besonders wichtig ist das, wenn jemand verletzt wurde. Der Unfallhergang muss genau (er-)klärt und festgehalten werden. Auch rechtlicher Beistand ist anzuraten – nicht zuletzt, um sich mit der Situation nicht noch mehr zu belasten.

Bilder: s. Kennz.