Handlungsempfehlung des Zweirad-Industrie-Verbands
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Von Seiten des Fachhandels wird häufig die Frage gestellt, wie er sich verhalten soll, wenn ein „getuntes“ E-Bike/Pedelec von einem Kunden zur Wartung oder Reparatur vorgeführt wird? Der Zweirad-Industrie-Verband hat die nachfolgende Handlungsempfehlung erarbeitet. Diese soll dem Fachhändler hierbei eine Hilfestellung liefern.

Ungünstiges denkbares Szenario:

Ein Kunde versucht nach einem Unfall bzw. einer Polizeikontrolle mit einem nicht StVZO-konformen, weil „getunten“ E-Bike/Pedelec, den Händler zu belangen, der mit einer Wartung oder Reparatur vorbefasst war. Behauptung: Der Händler habe angeblich ohne Wissen des Kunden das Tuning durchgeführt.

Um sich vor diesem Szenario zu schützen sind die drei folgenden Alternativen zu berücksichtigen:

Alternative 1: Der Kunde weist auf das vorherige Tuning hin

Hier sollte der Händler schon bei der Auftragsannahme einen Vermerk aufbringen, dass der Kunde auf diese Veränderung hingewiesen hat. Gleichzeitig sollte der Händler einen Haftungsausschluss vermerken.

Formulierungsvorschlag:

Technisch vom Kunden verändertes E-Bike/Pedelec (getunt) – keine Haftung des Händlers für Straßenverkehrstauglichkeit; Fahrrad darf daher nicht im Bereich der StVO genutzt werden.

Alternative 2: Der Händler bemerkt das Tuning im Laufe der Wartung/Reparatur

In diesem Fall sollte der Händler die Reparatur bzw. Wartung unterbrechen und den Kunden möglichst schriftlich kontaktieren. Hat er nur eine Telefonnummer, ist zwingend eine Telefonnotiz zu fertigen. Dabei sollte folgender Text dokumentiert sein:

Im Rahmen der Wartung/Reparatur wurde festgestellt, dass das E-Bike/Pedelec nachträglich technisch verändert wurde und somit nicht mehr der StVZO entspricht. Die Wartung/Reparatur wurde daher abgebrochen. Der Kunde muss dann schriftlich mitteilen, ob er dennoch eine unveränderte Fortsetzung der Wartung/Reparatur wünscht oder einen Rückbau in den StVZO-konformen Zustand erfolgen soll.

Die schriftliche Korrespondenz bzw. Telefonnotiz sollte dem Auftrag beigefügt und zusätzlich in den Kundenunterlagen hinterlegt werden.

Alternative 3: Der Kunde wünscht eine wesentliche technische Veränderung

In einem 1. Schritt muss der Händler prüfen, ob es sich um eine wesentliche Änderung des E-Bike/Pedelecs im Sinne des Produktsicherheitsgesetzes oder der Maschinenrichtlinie handelt (vgl. Leitfaden für den Bauteiletausch).

Wenn eine wesentliche Änderung vorliegt, muss der Händler eine eigenständige Konformitätsbewertung vornehmen, eine EG-Konformitätserklärung erstellen und die CE-Kennzeichnung neu anbringen. Eine Original-Betriebsanleitung ist ebenfalls bereitzustellen. Der Händler wird dann zum Hersteller im Sinne des Produktsicherheitsgesetzes/der Maschinenrichtlinie.

Besonders relevant sind diese Fragen aufgrund der technischen Möglichkeiten des Tunings, welche weit über das hinausgehen, was nach der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) zulässig ist und mit erheblichen sicherheitsrelevanten Risiken korrespondieren, welche auf den Fachhändler zurückfallen könnten, falls er in einem Fall wie dem Ausgangsfall nicht nachweisen kann, dass er das Tuning nicht veranlasst hat.

Stellt der Händler fest, dass durch die gewünschte Veränderung ein Produkt entsteht, das nicht hinreichend sicher ist, muss er entweder Maßnahmen vorschlagen, die die Sicherheit gewährleisten oder den Auftrag ablehnen.

Wird aus dem konventionellen Fahrrad ein E-Bike/Pedelec oder aus dem E-Bike/Pedelec ein Kraftrad oder S-Pedelec, so muss der Kunde hierauf und auf die Folgen für die Nutzung hingewiesen werden. Insbesondere ist hinzuweisen auf:

  • etwaige Führerscheinpflicht oder Pflicht für mindestens Mofa-Prüfbescheinigung
  • ggf. Versicherungspflicht
  • ggf. Helmpflicht
  • ggf. Betriebserlaubnispflicht
  • sonstige Mindestausstattungsmerkmale bei Absicht zur Nutzung im Bereich der StVO

Diese Belehrungen müssen schriftlich erfolgen.

Versichert der Kunde, dass er das Produkt nicht im Bereich der StVO nutzen will, so sollte sich der Händler dies schriftlich bestätigen lassen.

Er darf den Kunden mit einem solchen Produkt auch nicht „vor der Tür“, also im öffentlichen Verkehrsraum, fahren lassen, sondern muss darauf achten, dass der Kunde das Rad in anderer Weise, bspw. auf einem Anhänger oder in einem Fahrzeug, abtransportiert.

Zusammenfassung:

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass ein Händler nicht per se gehindert ist, ein technisch verändertes Produkt zu warten oder zu reparieren.

Der Händler muss allerdings sicherstellen, dass er beweisen kann, dass die Veränderung bereits durch den Kunden veranlasst oder von ihm für eine Nutzung außerhalb des Bereichs der StVO beauftragt wurde.

Der Händler muss einen solchen Auftrag nicht ablehnen. Er muss aber dokumentieren, dass er den Kunden auf die fehlende Konformität mit den Anforderungen der StVZO hingewiesen hat. Denn denkbar ist ja beispielsweise, dass der Kunde das E-Bike/Pedelec nur auf Privatgelände nutzen will, was durchaus auch mit veränderten/ getunten Produkten zulässig wäre. Dies gilt auch für Fälle, in denen der Kunde vor Auftragsvergabe auf die Veränderungen nicht hingewiesen hatte.

Der Zweirad-Industrie-Verband e.V. ist die nationale Interessenvertretung und Dienstleister der deutschen und internationalen Fahrradindustrie. Dazu gehören Hersteller und Importeure von Fahrrädern, Fahrradkomponenten, Zubehör und E-Bikes.

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Quelle: PM ZIV
Text: ZIV / Red.
Bild: Pixabay