Den Project 4 Prototype von THOK E-Bikes haben wir bereits auf dem vergangenen THOK Tribe 2023 Event angesehen, durften davon aber nichts zeigen bzw. berichten. Auf der heute zu Ende gehenden Eurobike 2023 feierte der Prototyp seine Weltpremiere, dieses Mal auch ausgerüstet mit dem brandneuen Performance Line SX Antrieb, der seitens Bosch eBike Systems ebenfalls erst am vergangenen Montag seine Premiere hatte. Für die intern „Project 4“ genannte Entwicklung nutzen die Italiener als bisher einziges Unternehmen im Fahrradsegment die 3D-Drucktechnologie, um damit einen belastbaren und fahrbaren Rahmen aus einer Aluminium- und Siliziumlegierung zu erhalten. Hier detaillierte Informationen zum Prozess und der kommenden Neuheit.
THOK Project 4 im Detail
Es gab schon zuvor 3D-gedruckte Rahmen für Hardtails aus Metall, allerdings noch nie einen voll funktionsfähigen Prototypen eines vollgefederten E-Mountainbikes, welches zudem das entsprechende Gewicht, Steifigkeit und Flexibilität aufweist.
THOK E-Bikes aus Alba nutzt als Erstes diese Entwicklungstechnologie des belgischen Unternehmens Materialise, was eine absolute Weltneuheit ist, und wird daraus auch das erste Modell einer neuen Kategorie im Modellprogramm auf den Weg bringen: ein angesagtes Light-E-MTB, welches mit dem Bosch SX-Antrieb ausgerüstet sein wird.
100 % fahrbarer Prototyp
Aktuell testet man den Prototypen intensiv auf technischen Tracks in Finale Ligure, ein Vorgang, welcher mit herkömmlicher Technologie in Verbindung mit Polyurethan- oder PC-ABS-Modellen niemals möglich wäre.
Diese Innovation, welches auf dem Metall-3D-Druck basiert, erlaubt es, einen perfekt funktionierenden Prototypen herzustellen, mit welchem dann Tests unter realistischen Bedingungen möglich sind.
Der P4-Prototyp besteht aus sechs im 3D-Druck hergestellten Teilen, für die Aluminium- und Siliziumpulver per Laser verfestigt werden. Deren Struktur ist wabenförmig, so dass Gewicht eingespart wird. Die Nutzung von Carbon wäre in diesem Fall aufwendig und gleichzeitig teuer.
Die aus Metall gedruckten Teile werden zusammengeschweißt und der E-MTB-Prototyp dann nach dem Aufbau auf unterschiedlichen Geländetypen getestet, in der Regel auf mittelschweren bis schweren All-Mountain-Strecken. Alles, was mit Carbon denkbar ist, kann auch mit dieser Technik realisiert werden.
Aluminium anstatt Carbon
Allerdings funktioniert das Rapid Prototyping mit 3D-Druck viel schneller und gibt dem Entwicklungsteam die Möglichkeit, Anpassungen und Designänderungen viel schneller vorzunehmen. Auch Geometrien und Auf- und Anbauten können so besser und schneller in der Praxis getestet werden.
Die Entwicklung eines Fahrrads erfordert in der Regel mindestens zwei Jahre Arbeit: mit Besprechungen, Marktstudien, Zeichnungen, Entwicklung, Haltbarkeits- und Belastungstests, Gesprächen mit Zulieferern und vor allem mit der Herstellung von Prototypen. Dies gilt insbesondere für diejenigen, die wie THOK keine open-mold Rahmen verwenden, sondern ihre E-Bikes von Grund auf neu entwerfen.
Mit der einzigartigen Technologie des 3D-Drucks betritt THOK rund um Chefkonstrukteur Luca Burzio in der Entwicklungsphase jetzt Neuland. Das Verfahren spart Zeit, hat aber vor allem den Vorteil, dass ein lauffähiger Prototyp entsteht, der dem fertigen Produkt zu 99 % ähnelt.
Partner für sehr schnelle Entwicklungszeiten
Für einen solch heiklen Umbruch in Sachen Entwicklung suchte THOK einen Partner der Extraklasse. Die Wahl fiel auf Materialise, ein belgisches Unternehmen mit Niederlassungen in 20 Ländern. Das Unternehmen ist auf den 3D-Druck für die Luft- und Raumfahrt, die Automobilindustrie und die Medizintechnik spezialisiert und erweitert jetzt seine Expertise auch in das Fahrradsegment.
Bei der zum Einsatz kommenden Technologie handelt es sich um Selective Laser Melting (SLM), ein additives Fertigungsverfahren, bei dem Laser zum Schmelzen von Metallpulver eingesetzt werden. Für den THOK P4 Prototypen wurde eine Legierung aus Aluminium und Silizium (AlSi₁₀Mg) gewählt, da diese in Bezug auf Festigkeit, thermische Eigenschaften, Gewicht und Flexibilität nach der Bearbeitung am besten geeignet ist.
Es ist ein Material, das einzigartige Formen ermöglicht und strukturell komplexe Probleme löst, die bei einem E-Bike zahlreiche CNC-gefräste Teile (ein „subtraktives“ Produktionsverfahren, bei dem stattdessen Materialschichten abgetragen werden) und Einwegformen erfordern würden.
Als weiteren Vorteil lassen sich mit dieser Legierung auch größere Modelle herstellen als mit jedem anderen im 3D-Metalldruck verwendeten Material, weshalb sie häufig in der Luft- und Raumfahrt und im Rennsport eingesetzt wird.
Vorteile und Einschränkungen
Das Rapid Prototyping mit 3D-Druck hat das Ziel, Arbeitsmodelle zu produzieren, die es ermöglichen, die Geometrie, Aufhängung und Integration von Komponenten zu testen. Eine Methode, die dies ermöglicht, ist das selektive Laserschmelzen (SLM).
Mit SLM können Teile hergestellt werden, die leicht genug sind, um das Gewicht eines endgültigen Carbon-Rads zu simulieren. Bei diesem additiven Verfahren werden halb hohle Rohre mit einer Dicke von einem halben Millimeter (für Strukturteile 2 mm) hergestellt, die den Anforderungen dieses Materials entsprechen. Luca Burzio, Industriedesigner bei THOK, erklärt dazu:
Der Spezialist, welcher die Projekte bei THOK von der technischen Seite her begleitet, führt weiter aus:
Herausforderung für THOK und Materialise
THOK-CEO Stefano Migliorini erklärt die Vorteile der neuen Herangehensweise, die in Zusammenarbeit von THOK und Materialise erst möglich wurde:
Der CEO ist auch der Mann, welcher die neuesten Prototypen persönlich unter Stress setzt, wie auch jedes andere THOK-Projekt, um die getroffenen Entscheidungen zu testen und die notwendigen Änderungen zu bewerten.
Auch die neue Herangehensweise hat THOK und Materialise vor nie dagewesene Probleme gestellt und war für beide ein Lernprozess. Insbesondere was das Zusammenspiel der Metallformteile sowie die Bearbeitung der Gehäuse der kinematischen Mechanismen und der Komponenten-Schnittstellen brachte einige Herausforderungen mit sich, wie Simone Cannella, Business Development Manager bei Materialise, mitteilt:
Im Detail führt der Manager dann weiter aus:
Die Zukunft des 3D-Drucks ist noch nicht abzusehen, aber die von THOK und Materialise durchgeführten Experimente sind ein bahnbrechendes Kapitel in dieser Geschichte. Patentanmeldungen für Designlösungen im Zusammenhang mit dieser Technologie, die sich aus der Arbeit von THOK und Materialise ergeben könnten, sind nicht ausgeschlossen. Hier Details zum Protoypen direkt von Daniele Carli, PR-Manager für THOK bei Vitamina C, auf der Eurobike:
THOK Light-E-MTB kommt 2024
Der Einsatz von 3D-Druck hat bereits im Straßenbereich für starre Rahmen sowie in einigen Tests für stoßgedämpfte Rahmen ohne Motor- und Batteriekomponenten stattgefunden. THOK E-Bikes hat sich als weltweit erstes Unternehmen den selektiven Laserschmelz-Druck (SLM-Druck) für ein vollgefedertes funktionierendes E-Mountainbike (E-MTB) zunutze gemacht.
Das THOK Project 4, das auf der Eurobike vorgestellt wird (Stand C22, Halle 12), befindet sich noch in der Entwicklungsphase. Vor der geplanten Markteinführung im Jahr 2024 werden noch Änderungen an der Geometrie, der Positionierung der Batterie und technischen Lösungen vorgenommen.
Dieses neue E-MTB markiert nicht nur den Eintritt von THOK in das leichte E-MTB-Segment, sondern es verwendet auch den neuen Bosch SX-Motor und bietet maximale Akkumodularität (400 Wh, 500 Wh, 625 Wh, 750 Wh, plus 250 Wh Range Extender). Dadurch kann der Fahrer die Fahrdauer und das Gewicht des Fahrrads je nach Bedarf anpassen.
Alle weiteren Informationen schon bald bei uns oder auch auf www.thokebikes.com.
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