Neue Budgetpläne könnten aktive Mobilität fördern – doch zentrale Steuerung und Wegfall wichtiger Programme gefährden Fortschritte
3 min Lesezeit

Die Europäische Kommission hat mit dem Haushaltsvorschlag für den Zeitraum 2028 bis 2034 einen wichtigen Anstoß für künftige Investitionen in nachhaltige Mobilität gegeben. Der europäische Radverkehrsverband European Cyclists’ Federation (ECF) sieht in dem Entwurf zwar Potenzial für die Förderung des Radverkehrs – warnt jedoch zugleich vor gravierenden Rückschritten durch die Zentralisierung von Finanzmitteln und den Wegfall gezielter Umweltförderprogramme.

Fortschritte stehen auf dem Spiel

Die Fortschritte der vergangenen Jahre im europäischen Radverkehr, insbesondere mit der European Declaration on Cycling von 2024, dürfen nicht durch fehlende finanzielle Mittel ausgebremst werden“, erklärt Philip Amaral, Interims-Geschäftsführer und Policy-Direktor des ECF. Die Erklärung gilt als strategischer Meilenstein zur Förderung des Radverkehrs auf allen politischen Ebenen – doch zur Umsetzung braucht es gezielte Investitionen.

Der Entwurf sieht eine Aufstockung des Budgets der „Connecting Europe Facility“ (CEF) auf 51,5 Milliarden Euro vor. Diese Mittel könnten helfen, Lücken im transeuropäischen Verkehrsnetz (TEN-T) zu schließen – etwa durch hochwertige Radinfrastruktur entlang von Bahntrassen, Straßen und Wasserwegen. Laut ECF eröffnet die 2024 verabschiedete neue TEN-T-Verordnung erstmals verbindliche Vorgaben für aktive Mobilität bei Neubau oder Sanierung – eine Chance, die es jetzt zu nutzen gilt.

Förderprogramme neu gebündelt – aber mit Nebenwirkungen

Mit der Schaffung eines neuen Fonds namens National and Regional Partnership Plans (NRPP) will die Kommission 14 bestehende EU-Strukturfonds zusammenführen – darunter auch den für Radprojekte zentralen Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE). Dieser macht laut ECF rund 95 % aller nationalen Investitionen in den Radverkehr aus. Der neue NRPP-Fonds soll mit insgesamt 865 Milliarden Euro ausgestattet werden.

Doch genau hier sieht die ECF ein Risiko: Nationale Regierungen könnten künftig allein über die Mittelvergabe entscheiden – auf Kosten der Städte und Regionen, die bisher wichtige Träger von Radprojekten waren. Auch politische Kurswechsel in den Mitgliedstaaten könnten geplante Investitionen gefährden.

Positiv bewertet die ECF, dass der NRPP-Rahmen auch den Sozialen Klimafonds in Höhe von 50 Milliarden Euro umfasst. Dieser könne helfen, Radverkehr als Lösung für Transportarmut zu fördern und Menschen den Umstieg von energieintensiven Verkehrsmitteln zu erleichtern.

Neues Wettbewerbsinstrument – Bedrohung für Umweltförderung?

Ein weiteres zentrales Element im Haushaltsvorschlag ist der neue European Competitiveness Fund (ECF2) mit einem Gesamtvolumen von 234,3 Milliarden Euro. Zwar sind Radverkehr und aktive Mobilität darin nicht explizit genannt, doch sieht die ECF Möglichkeiten, daraus gezielt städtische und ländliche Radprojekte zu fördern – etwa zur Umsetzung der Cycling Declaration.

Problematisch: Der neue Fonds würde das bisherige Umweltprogramm LIFE vollständig ersetzen. Dieses Programm war eine der wenigen gezielten Förderquellen für NGOs im Bereich Klima, Umwelt und nachhaltige Mobilität. Die ECF war selbst mehrfach Begünstigte von LIFE-Zuschüssen. Deren Wegfall, so Amaral, wäre ein Rückschritt für demokratische Teilhabe und zivilgesellschaftliches Engagement in der EU.

Radverkehr als Teil nachhaltiger Tourismusstrategie

Auch der Fahrradtourismus könnte profitieren: Der Wettbewerbsfonds verweist auf die Förderung nachhaltiger Tourismuslösungen – ein Bereich, in dem der Radverkehr laut einer Studie von 2012 bereits 44 Milliarden Euro zur europäischen Wirtschaft beiträgt. Projekte entlang des EuroVelo-Netzes oder in strukturschwachen Regionen könnten von gezielter Förderung profitieren – vorausgesetzt, die Mittelvergabe wird konkretisiert.

Forderungen an die EU

Die ECF will sich in den anstehenden Haushaltsverhandlungen dafür einsetzen, dass:

  • finanzielle Mittel auf EU-, nationaler und lokaler Ebene für die Umsetzung der Cycling Declaration bereitgestellt werden,
  • CEF-Mittel gezielt für Radinfrastruktur entlang des TEN-T-Netzes verwendet werden,
  • NRPPs nationale Radverkehrsstrategien und regionale Großprojekte wie Radschnellwege oder Brücken ermöglichen,
  • der Wettbewerbsfonds auch Radverkehr in Städten und Regionen fördert,
  • und das LIFE-Programm als eigenständige Umweltförderung erhalten bleibt.

Ob die EU mit ihrem neuen Haushalt nachhaltige Mobilität wirklich voranbringt, entscheidet sich in den kommenden zwei Jahren. Die ECF sieht darin eine historische Chance – und warnt vor einem drohenden Rückschritt, wenn zentrale Bausteine für Radverkehr und zivilgesellschaftliches Engagement geopfert werden.

Hier geht es zum Beitrag der European Cyclists’ Federation: https://www.ecf.com/en/news/cycling-investments-eu-budget-plans-offer-hope-and-risk-for-active-mobility-/

Quelle: PM ECF
Bild: Pixabay