Sie hat Weltcup-Rennen mit dem Mountainbike gewonnen und hörte mit dem Leistungssport dann trotzdem einfach auf. Was die Südtirolerin Greta Weithaler, die heute Trainingscamps für Frauen veranstaltet, dem eBike zu verdanken hat, zeigt ihr persönlicher Bericht
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Von Greta Weithaler

Ich möchte euch eine Geschichte erzählen. Keine große und auch keine besondere Geschichte. Aber eine, von der ich denke, dass sie es wert ist, aufgeschrieben zu werden. Es begann vor vielen Jahren, als mir mein Vater auf der Straße vor unserem Haus das Fahrradfahren beibrachte. Ich war echt nicht gut darin und benutzte zum Bremsen immer stur meine Füße. Ein holpriger Start in meine Fahrradkarriere.

Doch dies änderte sich: Aus einem Hobby wurde Leidenschaft, und die Leidenschaft wurde schnell zu meinem Lebensinhalt. Training, Wettkämpfe, Training. Landesweit, italienweit, weltweit. Radfahren war mein Fixstern, mein Alltag kreiste darum, und das sehr erfolgreich. Mich faszinierten die beiden Seiten des Leistungssports, denn so, wie mich das Training und die Wettkämpfe einschränkten und forderten, gab mir das Biken eine gewisse Freiheit. Und ehrlich gesagt, weiß ich nicht mehr genau, wann sich dies änderte – und warum.

Ich erkannte, wie einfach alles war, wenn man es sich selbst nicht kompliziert machte.Greta Weithaler

Blicke ich heute auf diese Zeit zurück, so sehe ich mehr als Siege, Erfolge oder tolle Bilder auf Instagram. Ich sehe einen dunklen Abend nach der Schule im Winter, minus 15 Grad, Wind, und einen Berg vor mir, den ich mit Skiern immer und immer wieder hochlaufe.

Ich sehe, dass ich am Morgen vor einem Rennen nichts essen konnte, weil ich so aufgeregt und nervös war, und ich sehe auch den kritischen Blick eines Mädchens im Spiegel und die Sorge, nicht gut genug zu sein.

Ich hörte auf. Stellte mein Fahrrad so weit wie möglich nach hinten in die Garage und rührte es nicht mehr an. Vom Radfahren wollte ich nichts mehr wissen. Doch es fehlte mir etwas. Es verging ein Jahr, bis ich verstand, was. Und ein weiteres Jahr, in dem ich mich annäherte und begann, wieder Spaß zu haben.

Entscheidend dafür war eine Begegnung, ein Versuch, ein Augenblick. Ich hatte zuvor noch nie auf einem eMountainbike gesessen. An einem schönen, sonnigen Herbstnachmittag probierte ich es auf einem Trail vor meiner Haustür aus.

Und da passierte etwas in mir, etwas, wofür ich zwei Jahre lang gekämpft hatte: Die Freude kam zurück, der Spaß und die Faszination. Ich lächelte wieder beim Fahrradfahren. Es ergaben sich neue Möglichkeiten für mich, bergab und auf einmal auch bergauf – so anders als Cross Country und trotzdem so nah dran. Ich konnte wieder mountainbiken.

Heute bin ich nach wie vor begeistert von dieser Form des Bikens und teile meine Erfahrungen als Guide und Fahrtechniktrainerin bei „Women’s Camps“. Dabei beobachte ich vor allem eines: Ganz gleich, ob es sich um Vollzeitmütter, „Karrieremacherinnen“ oder um Studentinnen handelt, so verschieden sie auch sein mögen, haben die Frauen doch eines gemeinsam: Sitzen sie das erste Mal auf einem eBike, ist es immer dieselbe Reaktion, die man sieht – sie lächeln.

Sie lächeln, weil ein eBike einfach Spaß macht. Weil sie Trails auch hochfahren können, weil sie schneller auf dem Berg und bei meinen Trainingscamps oft auf dem gleichen Level sind. Diese neu eröffneten Möglichkeiten überraschen viele Frauen. Alles geht so einfach und entspannt. Echter Uphill Flow eben.

Und genau das macht Laune. Ich will ja keine Vorurteile ausgraben, aber speziell im Sport ist die Frau nun mal oft schwächer als der Mann. Und der egalisierende Faktor des eBikes ist meiner Erfahrung nach gerade für Frauen sehr interessant und ansprechend.

Auf einmal können sie zum Beispiel wieder mit ihrem Partner Fahrrad fahren, ohne sich zu quälen. Auch der Wiedereinstieg in die Bike-Welt nach der Geburt eines Kindes ist ein großes Thema. Kinderanhänger hinters eBike gespannt, und ein schöner Sonntag ist einfach garantiert.

Außerdem gibt das eBike größeres Selbstvertrauen, wenn eigene Vorurteile erst einmal überwunden sind. Frauen können Passagen fahren, die sie vorher nicht für möglich gehalten hätten. Was wir Frauen auf dem eBike anders machen als die Männer?

Wir sind einfach viel sensibler, motivieren uns gegenseitig und nehmen vielleicht etwas mehr Rücksicht aufeinander. Wir bleiben auch mal auf ein „Ratscherle“ – das heißt auf Südtirolerisch „kleines Gespräch zwischendurch“ – stehen, und wir genießen mehr.

Auf einer eBike-Tour kommt dieser Genussfaktor besonders gut zum Vorschein. Außerdem habe ich den Eindruck, dass wir Frauen auch sensibler im Umgang mit uns selbst sind, unsere Grenzen gut einschätzen können und einfach auch mal absteigen oder nein sagen können.

Bei all diesen neuen Möglichkeiten gibt uns das eBike wahnsinnig viel Selbstsicherheit, bergauf und bergab. Plötzlich heißt es: „Hey, ich komm da ja trotzdem hoch, obwohl es ein technischer Uphill ist und ich nie im Leben daran gedacht hätte, so was mal zu fahren.

Greta Weithaler

Greta Weithaler; Bild: Bosch

Gerade dieses Unbefangene des eBikens, sich keine Sorgen machen zu müssen, ob man diese Tour körperlich schafft oder nicht, ist immer wieder ein großes Thema unter uns Frauen. Dadurch ist Spaß garantiert, wir steigen viel öfter aufs Rad und sind viel öfter draußen in der Natur.

Text von Greta Weithaler.

Falls Sie auch einmal mit Greta Weithaler auf Tour gehen möchten: Das nächste Women’s Camp findet vom 13. bis 16. September 2018 am Lago di Molveno im Trentino statt. Vier Tage lang können Bikerinnen dort Trails befahren und bei geführten Touren, Fahrtechniksessions und Workshops jede Menge neue Erfahrungen sammeln.

Mehr Informationen und Anmeldung: http://bike-women.de/

Quelle: PM Bosch
Bilder: Bosch