Der belgische E-Bike-Hersteller Cowboy, bekannt für seine innovativen und vernetzten E-Bikes, steht vor erheblichen Herausforderungen. Aktuelle Qualitätsprobleme, finanzielle Verluste und eine angespannte Marktlage belasten das Unternehmen. Die Probleme haben Auswirkungen auf Kunden, Händler und die gesamte E-Bike-Branche in Europa und Deutschland.
Sicherheitsmängel und Rückrufe
Cowboy sieht sich mit gravierenden Qualitätsproblemen konfrontiert, die die Sicherheit der Produkte beeinträchtigen. Im Mittelpunkt steht ein Rückruf des Modells C4 ST (Edition MR) aufgrund einer fehlerhaften Schweißverbindung zwischen Steuerrohr und Unterrohr. Diese kann nach etwa 2.500 Kilometern zu Ermüdungsrissen und im Extremfall zu einem plötzlichen Rahmenbruch führen, was ein erhebliches Unfallrisiko darstellt. Cowboy hat reagiert, indem es die betroffenen Rahmen durch geprüfte Neuteile mit zusätzlicher Garantie ersetzt und die Kunden direkt informiert.
Diese Sicherheitsprobleme belasten nicht nur die betroffenen Kunden, sondern auch das Image des Unternehmens. Die Situation erinnert an den Fall von VanMoof, das 2023 in die Insolvenz ging, und könnte ähnliche Konsequenzen für Cowboy haben, falls die Probleme nicht zeitnah gelöst werden.
Finanzielle Schwierigkeiten
Trotz erheblicher Investitionen von knapp 150 Millionen Dollar, die Cowboy in mehreren Finanzierungsrunden einsammeln konnte, kämpft das Unternehmen mit massiven finanziellen Verlusten. Allein in den Jahren 2022 und 2023 beliefen sich die Nettoverluste auf 32,1 Millionen Euro bzw. 21,7 Millionen Euro.
Die Bewertung des Unternehmens ist von über 170 Millionen Euro auf etwa 40 Millionen Euro gesunken, was die finanzielle Schieflage unterstreicht. Gegenüber der belgischen Zeitung L’Echo gab Mitgründer Tanguy Goretti eine kurze Stellungnahme ab:
Die aktuellen finanziellen Ergebnisse für 2024 sind noch nicht veröffentlicht (obwohl das Unternehmen diese bis Ende Juli 2025 hätte veröffentlichen müssen), und Fragen zum laufenden Geschäftsjahr 2025 bleiben unbeantwortet. Cowboy hat das Ziel, 2025 erstmals einen Jahresgewinn zu erzielen, nachdem dies ursprünglich für 2024 geplant war. Die finanzielle Situation wird zusätzlich durch hohe Schulden belastet, die Ende 2023 über 43 Millionen Euro betrugen, wobei ein großer Teil mit Zinsen von 10 bis 12 Prozent belastet ist.
Marktposition und Herausforderungen
Cowboy hat sich als führender Hersteller von vernetzten E-Bikes in Europa etabliert und ist in über 2.500 Städten in Europa und den USA aktiv, mit mehr als einer Million Fahrten monatlich. Deutschland ist mit fast 50 % des europäischen E-Bike-Umsatzes der größte Markt, was Cowboy zugutekommt. Allerdings ist die E-Bike-Branche insgesamt von einer Marktsättigung, gestiegenen Preisen und wirtschaftlicher Unsicherheit geprägt.
Die Verkaufszahlen in Deutschland sind 2024 erstmals seit Jahren gesunken, von 4,95 Millionen Rädern in 2022 auf 3,85 Millionen Räder in 2024. Der Durchschnittspreis eines E-Bikes sank um zehn Prozent auf 2.650 Euro, bleibt aber etwa fünfmal so hoch wie der eines klassischen Fahrrads. Die Branche steht vor Herausforderungen wie hohen Lagerbeständen, die zu einem intensiven Preisdruck und Rabattschlachten führen.
Auswirkungen auf Kunden und Händler
Die aktuellen Probleme von Cowboy haben erhebliche Auswirkungen auf Kunden und Händler. Kunden beklagen monatelange Lieferverzögerungen und eine schwer erreichbare Kundenbetreuung, was zu einer hohen Unzufriedenheit führt. Viele Kunden suchen juristischen Rat, um ihre Ansprüche durchzusetzen. Die Sicherheitsprobleme, insbesondere die Rahmenbrüche, verstärken die Verunsicherung und können das Vertrauen in die Marke nachhaltig beeinträchtigen.
Händler sind von den hohen Lagerbeständen und den massiven Rabattschlachten betroffen, die zu einem intensiven Wettbewerb und Preisdruck führen. Die Branche erhofft sich eine Erholung erst mit der Saison 2026. Die aktuellen Herausforderungen belasten die gesamte E-Bike-Branche, die mit gestiegenen Rohstoffpreisen, höheren Lohn- und Transportkosten und einer schwachen Nachfrage konfrontiert ist.
Fazit
Cowboy befindet sich in einer kritischen Phase, die durch Qualitätsprobleme, finanzielle Verluste und Marktbelastungen gekennzeichnet ist. Die Sicherheitsprobleme mit Rahmenbrüchen und die damit verbundenen Rückrufe sind ein ernstes Risiko für Kunden und das Unternehmen. Trotz hoher Investitionen kämpft Cowboy mit erheblichen finanziellen Verlusten und einer gesunkenen Bewertung, was die finanzielle Stabilität gefährdet. Die E-Bike-Branche insgesamt steht vor einer Konsolidierungsphase nach einem langjährigen Boom, mit sinkenden Verkaufszahlen und steigenden Preisen. Cowboy versucht, sich durch innovative Technologien und nachhaltige Praktiken zu differenzieren, muss jedoch die aktuellen Probleme schnell lösen, um das Vertrauen der Kunden und Investoren zurückzugewinnen. Die offiziellen Stellungnahmen des Unternehmens zeigen, dass Cowboy die Herausforderungen erkennt und Maßnahmen ergreift, um die Situation zu verbessern. Dennoch bleibt die Zukunft des Unternehmens unsicher, insbesondere angesichts der finanziellen Belastungen und der Notwendigkeit, die Produktqualität und den Kundenservice nachhaltig zu verbessern.
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