Radelt das ganze Jahr durch: Ronald Bankowsky
6 min Lesezeit

Kalter, winterlicher Wind im Gesicht ist das Höchste für Skifahrer. Fahrradfahrer warten lieber, bis das Thermometer über 15 Grad anzeigt. Das verstehen die Initiatoren des Winter Bike-To-Work nicht und haben den zweiten Freitag im Februar zum internationalen Aktionstag erklärt. Einer, der sich im Sommer und im Winter Gedanken zum Fahrradfahren macht, ist Ronald Bankowsky, Gründer und Geschäftsführer von Baron Mobility in Oldenburg.

Mit mein-dienstrad.de hat er sich zum Ziel gesetzt, mehr Menschen aufs Fahrrad zu bringen. Corona und Social Distancing haben ihm ein Rekordjahr beschert. Und er wünscht sich, dass Radfahren nicht mehr Saisongeschäft ist, sondern die Menschen auch aufs Rad steigen, wenn die Temperaturen einstellig sind.

Ronald Bankowsky

  1. Sie pendeln täglich mit dem Rad zur Arbeit? Warum?
    Schon Albert Einstein wusste, dass sich beim Radfahren geniale Ideen ergeben. Eine neue Relativitätstheorie habe ich zwar noch nicht entwickelt, aber ich finde, das stimmt. Daher lege ich meine Termine und Abläufe so, dass ich im Bereich bis 15 km immer mein Dienstrad nutze. Die Fahrt zur und von der Arbeit ersetzt in der Pandemie-Zeit mein Fitness-Abo, das ich jetzt tatsächlich gekündigt habe. Die Fahrtzeit entspannt und entschleunigt zugleich. Und Spaß macht es zudem.
  2. Gab es für Sie ein Schlüsselerlebnis, das Sie für das Fahrrad eingenommen hat?
    Ja! Im Mai 2012 saß ich erstmals nach vielen Jahren wieder auf dem Rad. Ich sollte eine Recherche über E-Bikes durchführen. Die Wahl in der Agentur, in der ich zu dem Zeitpunkt arbeitete, fiel auf mich, da ich in meiner Jugend Radrennfahrer war. Ich war elektrisiert vom E-Bike und beschloss, daraus ein Produkt zu gestalten. Aus dem Startup namens Leasing-Ebike entstand 2015 das Unternehmen mein-dienstrad.de mit bald knapp 50 Mitarbeitern.
  3. Welche Art Rad empfehlen Sie zum Pendeln?
    Abhängig vom persönlichen Fitnessgrad würde ich ein E-Bike mit abschaltbarem Motor empfehlen. Die neuen Räder sind so leichtgängig, dass ich auf kurzen Distanzen meist ohne Motorkraft radele. Sehr beliebt sind auch Trekking- und Stadträder mit Gepäcktaschen an den Seiten für Unterlagen, Laptop oder auch den kleinen Einkauf. Große Berge haben wir in Niedersachsen nicht zu bewältigen, dafür kann der Wind einem das Leben schwermachen. Dann nutze ich schon mal den eingebauten Rückenwind. Im Winter sind stabile Tourenräder oder Downhill-Mountainbikes besonders geeignet. Rennräder würde ich eher im Sommer oder bei geräumten Straßen empfehlen, die Räder sind einfach zu schmal und auf Geschwindigkeit ausgelegt.
  4. Was schätzen Sie am Radeln im Winter besonders?
    Die schöne kühle Luft oder das Knirschen der Räder im Schnee. Wenn die Umgebung nicht durch eine Windschutzscheibe ausgesperrt wird, erlebt mein Körper eine ganz eigene Fitness, die es im Auto nicht geben kann. Durch das Pendeln lassen sich im Jahr locker 250 bis 750 Euro für ein Fitnessstudio sparen. Und die jährlichen PKW-Kosten reduzieren sich spürbar. Bei Schneeregen und starkem Schneefall bleibe ich jedoch lieber im Homeoffice.
  5. Haben Sie ein bestimmtes Accessoire, ohne das Sie zwischen Oktober und März nicht aufs Fahrrad steigen?
    Ja, unbedingt. Ein Halstuch als Schlauch, wie es die Motorradfahrer nutzen. Handschuhe sind ebenso wichtig, ich möchte ja nicht frieren. Bei längeren Strecken ziehe ich Ski-Unterwäsche und eine Snowboard-Jacke an, das hält mich warm und ich schwitze trotzdem nicht. Und natürlich darf auch die Beleuchtung nicht fehlen, damit mich die Autofahrer gut sehen. An meinem Helm ist ein Licht und Blinker integriert. Und an meinem Rad habe ich ein richtiges Fernlicht, damit auch ich alles in der Dunkelheit sehe.
  6. Gibt es regionale Unterschiede bei Winterpendlern?
    Der erste Winter-Fahrradpendlertag fand 2013 im nordfinnischen Oulu statt, die Bedingungen dort sind mit denen hierzulande nicht zu vergleichen. Im norddeutschen Flachland haben wir schon lange keinen strengen Winter mehr erlebt. So gesehen gibt es auch kaum Gründe, nicht das ganze Jahr durchzufahren. In den Bergen schneit es noch häufiger, und wenn dann die Radwege nicht geräumt sind, dann nützt einem der schönste E-Antrieb nichts, dann ist es schlicht zu gefährlich, sich morgens aufs Rad zu setzen. Daher bleibt das Rad dort eher zwischen Dezember und März in der Garage stehen.
  7. Immer mehr Leute fahren mit dem Rad zur Arbeit. Was lässt sich noch verbessern, damit die Zahl auch im Winter hoch bleibt?
    Da können wir uns an unseren Nachbarn in Holland und Dänemark orientieren. Sind viele Radfahrer auf der Straße unterwegs, wird der Radverkehr automatisch sicherer. Die Autofahrer haben sich an Radfahrer gewöhnt und sind nicht mehr überrascht, wenn ein Radfahrer neben ihnen fährt. Deutschland befindet sich hier gerade in einem Transformationsprozess. In 5-8 Jahren werden wir viele neue Radwege sehen und befahren können.
  8. Das Fahrradgeschäft brummt besonders im Sommer. War der Winter-Einbruch des Geschäfts weniger hart durch Corona?
    Im Dienstrad-Leasing ist mittlerweile immer Saison. 2020 kamen wir gar nicht hinterher. Etliche Kunden haben im August2020bestellt und die Auslieferung beginnt erst jetzt im Frühjahr.
  9. Radfahrer haben 1/3 weniger Krankheitstage und gelten als entspannter. Was würden Sie Arbeitgebern raten, um Pendeln mit dem Rad attraktiver zu machen?
    Investiert der Chef in Umkleideräume und vernünftige Abstellmöglichkeiten für Fahrräder, steigen erfahrungsgemäß viele Mitarbeiter auf das Rad um. Vor allem die Zeitersparnis ist ein großes Plus: Die Fahrzeit zur Arbeit ist mit dem Dienstrad meist schneller als mit dem PKW, außerdem fällt die Parkplatzsuche weg. Wenn der Arbeitgeber einen Zuschuss zu einem Dienstrad zahlt, wird die Nettorate für Mitarbeiter viel günstiger. Für die Mitarbeiter ergibt sich der große Vorteil, dass diese sich durch die Entgeltumwandlung Räder leisten können, von denen sie sonst nur hätten träumen können. Statt 2.500 Euro oder 5.000 Euro auf einen Schlag zu zahlen, sparen die Mitarbeiter durch das Dienstrad-Leasing Steuern und verteilen das Nutzungsentgelt auf 36 Monate –ohne dafür selbst einen Kredit aufnehmen zu müssen.
  10. Wie wird sich das Pendeln mit dem Fahrrad Ihrer Meinung nach in einer Zeit nach Corona bzw.in den nächsten zehn Jahren entwickeln. Wird es nach Corona einen Einbruch geben?
    Das Fahrrad hat sein Potential in der Pandemie verstärkt unter Beweis gestellt, ähnlich wie das Web-Meeting. Statt 7-8 Jahre gesellschaftlichem Diskurs und vielen Debatten, hat das Dienstrad nun 7-8 Monate für die Bewusstseinsveränderung in der Gesellschaft gebraucht. Es gibt Pop-Up Radwege, öffentliche Verwaltungen führen nun das Dienstrad ein, die Infrastruktur wird endlich verbessert. Wir unterstützen die Städte und Arbeitgeber aktiv mit einer eigenen Forschungs- und Entwicklungs-Abteilung, die in internationalen Studien im Radverkehr beteiligt ist. Wir bringen die Menschen auf das Rad und gleichzeitig forschen wir für eine sichere Implementierung des Dienstrads in der Fläche.

Mehr unter www.mein-dienstrad.de.