Hat die Automesse in München die Kurve in ein neues Mobilitätszeitalter bekommen?
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Mit der IAA Mobility 2021 wollte man weg von der reinen Automesse, hin zu einer Mobilitätsausstellung, welche die ganze Vielfalt der modernen Mobilität darstellt. Auch die wirklichen Erfolgsträger der Elektromobilität, die E-Bikes, sollten dabei einen großen Auftritt haben. Dafür stellte sich die erstmals in München stattfindende Messe sogar der kurz davor stattfindenden Leitmesse Eurobike in ihrer Außenkommunikation entgegen und wollte den Fokus in dieser Hinsicht auf das eigene Event verschieben. Das hat natürlich zum Großteil nicht funktioniert, zu etabliert war die letztmalig am Bodensee abgehaltene Messe. Doch, konnte die IAA Mobility ihr gestecktes Ziel erreichen?

Eines vorweg: Die Lage des Messegeländes in München ist nicht optimal. Im Gegensatz zu Frankfurt, wo sich dieses nahezu in der Innenstadt befindet, liegen die Ausstellungsflächen in der bayerischen Hauptstadt auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens im Stadtteil Riem. Mit den Öffentlichen benötigt man mindestens 20 Minuten in die Innenstadt, vom Auto aufgrund des dichten Verkehrs bzw. Staus ganz zu schweigen.

Trotzdem war das Messekonzept von vornherein darauf ausgelegt, das Messegelände und die Stadtmitte mit den darin platzierten sog. Open Spaces miteinander zu verbinden. Per sogenannter „Blue Lane“ sollten die Messebesucher die Verbindung zu den Münchner Plätzen halten, alternativ eben per U- und S-Bahn.

In der Praxis – wir haben es selbst ausprobiert – hat dies mehr oder weniger gut funktioniert. Ein Ausflug zu den Open Spaces in der Stadtmitte hat für Hin- und Rückfahrt mindestens eine Stunde an Zeit verbraucht. Und auch vor Ort dauerte der Wechsel zu den einzelnen Plätzen einigermaßen lange, vor allem zu Fuß, aber auch wenn man wiederum die öffentlichen Verkehrsmittel dafür nutzen musste.

Die Open Spaces an sich blieben dem Showeffekt gegenüber den Auftritten der Hersteller in den Messehallen wohl kaum etwas schuldig. Manche Autohersteller wie Porsche, Audi oder auch Dacia stellten deshalb gar nicht erst auf dem Messegelände aus.

In den Messehallen fand man zudem kaum etwas Wichtiges, was man nicht auch in der City ansehen konnte. Dafür war der Zutritt in der Stadtmitte kostenlos, während der Zutritt zu den Messehallen per Ticket erkauft werden musste. Das sprach sich auch herum, so dass zumindest am Wochenende der Messewoche viele Leute gar nicht erst mit dem Besuch der Münchner Messe liebäugelten.

IAA Mobility 2021 Recab

Für eine Automesse in Deutschland war in den Messehallen auch recht wenig los, was zum einen wohl dem gewandelten Bewusstsein der Deutschen geschuldet sein dürfte, wohl aber auch den dort angekündigten Neuheiten. Die Zeit des Verbrenners schien – zumindest auf der Messe – vorbei, obwohl die meisten Automarken damit noch das Gros ihrer Einnahmen erzielen.

Mit als Einziger protzte die Daimler AG mit ihrer Tochtermarke AMG mit einer Systemleistung von 843 PS (Rekord bei einem Serienfahrzeug aus Affalterbach), die von geradezu einer lächerlich klein wirkenden Hybrid-Technologie mit zwölf Kilometern Reichweite ergänzt wurden. In Sachen Hybrid-Technologie igentlich nicht erwähnenswert und in der Praxis nicht einmal das Zünglein an der Waage bei 318 km/h Höchstgeschwindigkeit und 2,9 Sekunden von 0 auf 100 km/h.

Den E-Bike-Herstellern wurden Standflächen in Standardgröße angeblich zu Dumpingpreisen angeboten, was sie unter anderem weg von Friedrichshafen nach München locken sollte. Trotz einer Vielzahl an Modellen wirkten manche Stände dabei trotzdem in der schieren Größe recht verloren, auch wenn dort viele Neuheiten sogar erstmals gezeigt wurden.

Vor allem, weil sich doch recht wenige Besucher bis in die für die E-Bikes zugeteilten Messehallen verirrten. Statt diese zwischen die Autohallen einzuordnen, wurden diese an das Ende des B-Flügels gesetzt und fristeten dort ihr Dasein. Nur am Tag der offiziellen Eröffnung, als die Kanzlerin auf ihrer Abschiedstour durch die Messehallen zog, waren an den vom Politiker-Trupp besuchten Messeständen dann auch dort die erträumten Menschenmassen zu sehen. Allerdings nur für eine kurze Zeit…

Für die E-Bikes war wohl der Standort in der City der Richtige, denn die meisten neuen Modelle konnten von den Besuchern dann gleich dort ausprobiert werden, wo diese nach dem Kauf auch zum Einsatz kommen werden: auf den Radwegen in der Stadt! Besser kann man seine Neuheiten nicht vorstellen und die Nutzer von seinen Produkten überzeugen.

Proteste blieben auch nicht aus, unter anderem auch von Greenpeace, die sich im wohl bei einer der friedlichsten Protestaktionen am Dienstagmorgen vor der offiziellen Eröffnung mit Plakaten in den Messesee stellten. Das Polizeiaufgebot war enorm, konnte aber trotzdem einzelne Aktionen nicht zur Gänze verhindern. Eine Sternfahrt von normalen Fahrradfahrern am Samstag der Messewoche sollte den Machern aufzeigen, worauf es den Menschen bei der Mobilität am ehesten ankommt.

Fazit

Dass, angesichts der sich wandelnden Zeiten, auch die IAA nicht immer so weiter machen konnte wie bisher, war den Machern in München wohl bereits zu Beginn ihrer Planung klar. Dass die neuen Fahrzeuge und Technik in alt hergebrachten Messehallen vorgestellt werden müssen, scheint angesichts des Zuspruchs der Menschen für die Open Spaces in der Innenstadt überholt zu sein. Vielleicht überlegen sich die Planer der nächsten IAA Mobility, die vom 05. bis zum 10. September 2023 stattfinden soll, auf die Messehallen ganz zu verzichten und das Event einzig in der City stattfinden zu lassen. Für die Verbindungen zwischen den einzelnen Plätzen könnte man mehrere „Blue Lanes“ einrichten, welche den Besuchern den Wechsel des Standorts dann bestenfalls per E-Bike ermöglicht. Dann wäre die Messe am Puls der Zeit!

Dieser Beitrag gibt einzig die persönliche Meinung des Autors wieder.