Die Fahrradbranche präsentiert sich gern als modern und nachhaltig – doch hinter den Kulissen zeigt sich ein anderes Bild. Das bestätigt eine aktuelle Studie des Women in Cycling Germany (WICG) Panels, die auf der diesjährigen EUROBIKE vorgestellt wurde. Die Untersuchung bietet erstmals eine fundierte Bestandsaufnahme zur Situation von Frauen in der deutschen Fahrradwirtschaft – und offenbart tiefgreifende strukturelle Ungleichheiten.
Für die Studie wurden 680 Beschäftigte im Alter von 25 bis 44 Jahren befragt, darunter 44 % Frauen und 56 % Männer. Der Fokus lag auf Angestelltenpositionen in Deutschland. Besonders auffällig: In technischen Bereichen wie Produktentwicklung und Vertrieb liegt der Frauenanteil bei lediglich 22 bis 23 %. In Verwaltungsbereichen erreicht er immerhin 43 %.
Ein weiterer Brennpunkt: der geringe Anteil von Frauen in Führungspositionen. Nur 30 % der Befragten in leitenden Funktionen im Top-Management sind weiblich. Die Mehrheit der befragten Frauen fühlt sich insbesondere bei Gehalt und Karrierechancen klar benachteiligt.
„Die Branche lebt von Kundennähe – doch intern herrscht ein massives Ungleichgewicht“, heißt es in der Analyse. Besonders im Fahrradhandel, in der Produktion und im Vertrieb werden Frauen strukturell benachteiligt.
Trotz dieser Hindernisse ist der Veränderungswille groß: 65 % der befragten Frauen streben eine Weiterbildung an, 35 % wollen aktiv Führungspositionen übernehmen. Nur ein Bruchteil – knapp 14 % – möchte in ihrer derzeitigen beruflichen Situation verharren. Gleichzeitig denkt jede zehnte Frau über einen Branchenwechsel nach.
Die Forderungen der Frauen sind klar: Es braucht faire und gleichberechtigte Bezahlung, flexible Arbeitszeitmodelle mit Remote-Optionen sowie gezielte Fördermaßnahmen durch Mentoring, Netzwerke und sichtbare Vorbilder.
Die Studie formuliert einen Appell an Unternehmen, Verbände und Politik: Der Wandel ist möglich – und dringend notwendig. Frauen in der Branche sind bereit. Jetzt liegt es an den Entscheidungsträgern, das Potenzial zu nutzen und strukturelle Hürden konsequent abzubauen.
Empowerment durch Begegnung: Networking-Breakfast auf der EUROBIKE
Ein ermutigender Kontrast zu den Studienergebnissen war das Woman in Cycling-Networking-Breakfast auf der EUROBIKE – ein inspirierender Treffpunkt für Frauen aus allen Bereichen der Fahrradbranche. Auch in diesem Jahr war das Event ein voller Erfolg und wurde von zahlreichen engagierten Branchenfrauen besucht. Von Pedelecs & E-Bikes war Veronika auch dabei. Danke Isabell Eberlein für die Einladung!
Dieses Jahr konnten die Frauen ein T-Shirt von „Woman in Cycling Germany“ erhalten. Wir haben uns gleich eines geschnappt. 😀 Wie schon die letzten Jahre haben wir wieder tolle und interessante Frauen wiedergesehen und auch kennengelernt!
In kurzen Talks teilten unter anderem Prof. Dr. Angela Francke (Universität Kassel), Amelie Guicheney (Gaya Bike), Elisa Chiu (Anchor Taiwan) und Sarah Jasat (cyclinginsparklywellies) ihre Perspektiven und Erfahrungen.
Ihr gemeinsames Ziel: Empowerment durch Austausch und Sichtbarkeit.
Beim anschließenden Messerundgang standen Besuche bei Ausstellenden wie Liv Cycling, dem „Pink Sofa“ am Cycle Café, Wunderfix, der Deutschen Bahn und IVM auf dem Programm.
Ein weiteres Highlight war das Panel zum Thema German Data Gap in Cycling. Dort diskutierten Expertinnen wie Dr. Sandra Wolf (Riese & Müller), Andrea Kurz (Jobrad), Anke Schäffner (ZIV), erneut Prof. Dr. Angela Francke sowie Isabell Eberlein (velo_konzept), wie Datenerhebungen geschlechtergerechter gestaltet werden können.

Pink Stage,Women in Cycling The Power of Data, (v.l ) Dr. Angela Franke,Andrea Kreuz, Dr.Sandra Wolf,Anke Schäffner, Isabell Eberlein; Bild: Eurobike
Fazit
Die Branche steht an einem Wendepunkt. Die WICG-Studie legt Handlungsbedarf offen, doch die Veranstaltungen rund um die EUROBIKE zeigen auch: Der Wille zur Veränderung ist da. Frauen wissen, was sie brauchen – jetzt ist es an der Branche, diese Impulse aufzunehmen und strukturelle Hürden entschlossen anzugehen.
Wir freuen uns darauf, die Veranstaltung „Woman in Cycling“ auch im nächsten Jahr auf der Eurobike 2026 wieder zu besuchen! Vielleicht gelingt es uns ja, auch an einer weiteren Veranstaltung der Velo Stiftung teilzunehmen.
Wir verfolgen die Entwicklung der Branche auch aus weiblicher Sicht mit zunehmendem Interesse, denn Frauen sollten in der Fahrradwelt deutlich sichtbarer sein. Alle Menschen sollten die gleiche Chance erhalten! Wir sind daher gespannt, was die Zukunft bringt!
Mehr Details unter: www.velostiftung.de/woman-in-cycling/.
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