Das eigenwillige E-Mountainbike stellt das bisher anspruchsvollste Projekt der noch jungen Marke dar
8 min Lesezeit

Rund vier Jahre hat man an der BOÖS E-Enduro entwickelt, bevor die eigenwillige Marke UNNO diese nun endlich vorstellte. Erst 2016 wurde das Unternehmen selbst von Cesar Rojo aus der Taufe gehoben, der sich zuvor als Worldcup-Downhiller einen Namen gemacht hat. Seither überraschte das in Barcelona firmierende Unternehmen die Branche mit innovativen und oft gar disruptiven Designs und das neue BOÖS E-MTB macht dabei keine Ausnahme. Was es mit dem Modell auf sich hat und woher überhaupt der Name kommt, stellen wir im folgenden Artikel detailliert vor.

UNNO BOÖS E-Enduro für 2022

Die eigenwillig designte BOÖS E-Enduro reiht sich nicht nur in das außergewöhnliche Line-up der katalanischen Marke ein, sie übernimmt sogleich die Spitze. Um dies zu verdeutlichen hat, das Team von UNNO dem Modell auch gleich den passenden Namen verpasst.

UNNO BOÖS 2022

Mit der Eigenschaft „böse“ hat dieser nichts zu tun, eher mit der Höhe der Sphären, in denen das Modell schweben soll. Waren die Modellbezeichnungen bisher den Namen der höchsten Berge auf der Erde entlehnt, so muss für das erste E-Mountainbike der Marke mit Io gar ein Mond des Jupiter herhalten.

Dessen höchste Erhebung Boösale Mons übertrifft die höchsten Berge auf der Erde mit 18.200 Meter bei weitem, ist aber noch lange nicht die höchste Erhebung in unserem Sonnensystem. Demnach kann man von der Marke UNNO in diesem Segment für die nähere Zeit noch etwas erwarten?

Design & Geometrie

Im positiven Sinne abgehoben ist auch das Design des ersten E-Mountainbikes der Marke. Mit dem sehr tief heruntergezogenen Unterrohr des unter Klarlack fixierten anthraziten Look des Carbonrahmens, wirkt das gülden beschichtete Sattelrohr fast wie eine mit Goldfolie ummantelte Antenne eines Satelliten, der um den Jupiter-Mond Io kreist. Die per Kappe verdeckte Klemme für die Sattelstütze stellt ein weiteres Highlight dar.

Hingucker aus Barcelona

Natürlich hebt sich die Marke schon optisch von der Masse ab, führt diese Diskrepanz aber auch auf technischer Seite weiter. Anders als viele andere Marken leitet UNNO seine Größen vom Reach der Modelle ab, was schließlich drei Rahmengrößen ergibt, die für Fahrer von unter 175 cm (traditionell S-M), von 175 bis 185 cm (traditionell M-L) und über 186 cm (traditionell L-XL) reichen soll.

Geometrie UNNO BOÖS
RahmengrößeS1S2S3
Oberrohr (mm)570605647
Steuerrohr (mm)107120145
Lenkwinkel (°)646464
Sitzrohr (mm)440460490
Sitzwinkel (°)777777
Kettenstrebe (mm)450450450
BB Drop (mm)30/1530/1530/15
Reach (mm)435470510
Stack (mm)630640663
Radstand (mm)122412651316

Durch das stark abgesenkte Unterrohr ist ein Aufstieg auf das Modell natürlich kein Thema, wie sich das exponierte Sattelrohr auf dem Trail oder Downhill in Sachen Bewegungsfreiheit zeigt, bleibt einer Testfahrt vorbehalten. Die Gestaltung und der Qualitätseindruck scheint laut der Bilder jedenfalls hervorragend, was sich auch in der extravaganten Beschriftung der Modelle zeigt, die auch wichtige Werte für den Nutzer festhält. Hierzu passt auch das interne Routing der Kabel, welches man seitens der Katalanen optimiert und mittels Führungen aus Carbon in Sachen Service vereinfacht hat.

Rahmengröße einmal anders

Antrieb & Akku

Für sein erstes E-MTB hat sich UNNO für den Einsatz des smarten Systems von Bosch eBike Systems entschieden. Ausschlaggebend war die Zuverlässigkeit, Leistung und die Reichweite, aber auch die weltweite Verfügbarkeit von Ersatzteilen. Durch den langgestreckten Rahmen der BOÖS E-Enduro konnte man den Performance Line CX Smart System Antrieb und die große Batterie mit 750 Wh hintereinander im Unterrohr verbauen.

Bosch Performance Line CX Smart System mit eigenem Motorschutz

Damit dieses trotzdem so schlank wie möglich gestaltet werden konnte, ist der Akku beim BOÖS festverbaut und der Antrieb etwas nach oben gedreht. So fluchten beide Komponenten von Bosch in einer Linie. Ein eigens gestalteter Protektor für die Antriebseinheit kaschiert geschickt dessen Herkunft (wenigstens für eine Weile) und schützt diesen natürlich noch vor Schlägen und Schmutz.

Integriertes Cockpit, Kiox 300 im Obrrohr versenkt

Am Lenker ist die bekannte LED Remote angebracht und stellt damit das exponierteste Teil des Antriebs dar. Das Kiox 300-Display jedenfalls hat UNNO auf das Oberrohr verfrachtet, setzt dieses aber nicht auf, wie man es beispielsweise vom Trek Rail kennt, sondern hat es in das Oberrohr eingelassen. Entnehmbar natürlich, was es so noch von keinem Hersteller gab.

Fahrwerk & Ausstattung

In Sachen Federung stattet die Marke aus Barcelona ihr neuestes Modell mit einer Fox 38 Factory Gabel mit 170 mm Federweg aus. Hinten verwaltet der Fox Float X2 Factory Dämpfer dann die 160 mm des Hinterbaus. Laut UNNO können verschiedene Dämpfer eingesetzt werden, auch Coil-Varianten sind kompatibel.

Stark verbauter Dämpfer

Bei der BOÖS E-Enduro hat man am Hinterbau ein Single Pivot Design mit virtuellem Drehpunkt umgesetzt und den zugehörigen Dämpfer tief im Rahmen verbaut. Laut der Bilder könnte es allerdings schwierig werden, leicht an alle Verstellmöglichkeiten des jeweiligen Dämpfers zu gelangen. Natürlich kann man den Dämpfer dafür ausbauen. Auf dem Trail ist dies aber unpraktikabel.

Doppelreihige EnduroMAX Lager sorgen für die notwendige Steifigkeit des Hinterbaus, die sich dann auf dem Trail in einem soliden Handling zeigt. Das Entwicklungsteam rund um Cesar Roja hat sich ins Zeug gelegt, den richtigen Mix aus Stabilität und Agilität zu finden, wobei der Fahrspaß als großes Hauptziel im Raum stand. Der Macher teilt zur aufreibenden Entwicklungsarbeit mit:

Wir haben den perfekten Punkt zwischen Stabilität und Handling gefunden. Wir haben es bis zur Erschöpfung getestet und es ist uns klar, dass wir genau das geschaffen haben, wonach wir gesucht haben. Es verlangt bei Abfahrten alles ab, ist dabei super stabil und macht jederzeit Spaß, egal wie aggressiv das Gelände ist.Cesar Roja

Die BOÖS E-Enduro ist als Mullet Bike ausgeführt und rollt auf Crankbrothers Synthesis E Laufrädern, die aus Aluminium hergestellt werden. Eine gute Wahl angesichts des angedachten Einsatzortes. Trotz widerstandsfähigen Felge verbaut die Marke hinten den bewährten Maxxis Minion DHR II mit DD-Karkasse und einen griffigen Maxxis Assegai Reifen mit leichterer EXO+ Karkasse vorne.

In Sachen Schaltung setzen die Konstrukteure auf die funkgesteuerte Sram GX AXS mit zwölf Gängen, die mit 500 % Bandbreite genügend Reserven zum Überwinden steilster Anstiege bietet, vor allem in Verbindung mit dem 85 Nm starken Bosch-Antrieb. Eine eigens kreierte Kettenführung soll dafür sorgen, dass die Kette auch unter widrigsten Bedingungen auf dem Kettenrad bleibt.

Eigene Kettenführung

Um jederzeit den Anker werfen zu können, verbaut UNNO bei der BOÖS E-Enduro die starken Formula Cura Scheibenbremsen in Verbindung mit einer 220 mm großen Bremsscheibe vorne und einer 200 mm Variante hinten. Diese sollten auch bei langen Abfahrten für stetige Bremskraft und kaum Fading sorgen.

Die Bremshebel sitzen am einteiligen Cockpit der Eigenmarke DEUS, die Lenker und Vorbau vereint und sich zudem durch eine unsichtbare Klemmschraube von ähnlichen Komponenten abhebt. Der Lenker ist 800 mm breit (kann aber gekürzt werden), bringt 20 mm Rise mit und wirkt auf den integrierten 40er Vorbau. Hier ist ebenfalls noch der Bedienhebel für die Fox Transfer Factory montiert, welche den Selle Italia SLR Boost Sattel auf die richtige Höhe hebt.

Spezifikationen

UNNO BOÖS RACE 2022

UNNO BOÖS RACE 2022

UNNO BOÖS RACE 2022

Motor: Bosch Performance Line CX Smart System, 250 W, 85 Nm
Batterie: Bosch PowerTube 750, 750 Wh
Display: Bosch Kiox 300 / LED Remote
Rahmen: Carbon, 160 mm
Gabel: FOX 38 Factory, 170 mm
Dämpfer: FOX FLOAT X2 Factory
Schaltung: SRAM GX AXS, 1×12
Bremsen: Formula Cura 4, 220/203 mm v/h
Kurbelgarnitur: eTHIRTEEN eSPEC PLUS
Vorbau: DEUX Enduro Bars
Sattelstütze: FOX Transfer Factory
Sattel: SELLE ITALIA SLR BOOST
Laufräder: Crankbrothers Synthesis E
Reifen: Maxxis Assegai 29″x2.50 / Maxxis Minion DHR II 27,5″x2.40
Gewicht: 22,6 kg
zul. Gesamtgewicht: 140 kg
Preis: 9.995 EUR

Das UNNO BOÖS Race wird in drei bis vier Wochen zu einem Preis von 9.995 EUR verfügbar sein und über den Online-Shop, aber auch in verschiedenen ausgesuchten Stores weltweit vertrieben. Es ist die perfekte Variante für die Macher der Marke UNNO, wobei es später in diesem Jahr noch eine niedriger spezifizierte Variante BOÖS Elite geben soll. Nächstes Jahr sollen dann auch verschiedene exklusive Factory Builds das Angebot des Unternehmens aus Barcelona in diesem Segment ergänzen.

Cesar Rojo im Übermut

Nachhaltigkeit

Seit Gründung des Unternehmens macht man sich bei UNNO Gedanken, wie man so nachhaltig wie möglich unterwegs sein kann. Ein Schritt in diese Bildung ist es, nur recyceltes Plastik und Gummi für die entsprechenden Bauteile zu verwenden. Da man vor Ort in Barcelona viele Komponenten selber herstellt, konnte die Marke dies bisher relativ gut steuern.

Dafür hat man eine Zusammenarbeit mit Oceanworks gestartet, einen Lieferanten für nachhaltiges Plastik, welches zuvor in den Weltmeeren gesammelt wurde. Jedes BOÖS Modell enthält 184 g Nylon, welches aus jenem Material gefertigt wurde. Natürlich hält auch dieses den härtesten Prüfungen in Laboren stand, so dass man sich um die Haltbarkeit nicht sorgen muss. Kein Wunder, gibt UNNO auf seine Modelle auch eine eingeschränkte lebenslange Garantie.

Fazit

Mit seinem ersten E-MTB zeigt die innovative spanische Marke, was in Sachen Design und Technologie heutzutage möglich ist. Die UNNO BOÖS E-Enduro macht vieles anders als andere Marken und geht damit neue Wege. Uns gefällt die geschützte Integration des Kiox am besten, wobei die Macher zuweilen auch über das Ziel hinausschießen. So hat man zum Beispiel in Sachen Dämpfer-Integration eindeutig das Design vor die Handhabung gestellt, was sich dann in der Praxis mindestens als störend erweisen dürfte. Dass das Modell unter der Ägide von Cesar Roja über jeden noch so steilen Downhill regelrecht jubelt, dürfte man auch ohne eigene Probefahrt annehmen. Wir sind trotzdem auf unsere eigenen Eindrücke gespannt und werden dann hier davon berichten.

Weitere Informationen stehen auch unter www.unno.com zur Verfügung.

Quelle: PM UNNO
Bilder: UNNO