Das E-Bike vom Hersteller aus Deutschland möchte mit guten Komponenten zum günstigen Kurs punkten. Konnte es uns überzeugen?
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Mit dem MICA-G hat DERUIZ ein auf den ersten Blick ordentlich aufgebautes Pedelec für den Trekking-Einsatz im Programm, welches zudem trotz Markenkomponenten mit einem attraktiven Preis aufwartet. Viele Leute entscheiden sich rein deshalb auch für hierzulande eher unbekannte Marken, was für uns Grund genug ist, auch einem solchen Modell einmal auf den Zahn zu fühlen. Die Ausstattung mit 80-Nm-Mittelmotor, großzügig bemessener Batterie und eigener App muss sich theoretisch jedenfalls nicht hinter vielen Modellen etablierter Hersteller verstecken. Ob sich dies in der Praxis auch so bestätigt hat, haben wir für euch herausgefunden.

DERUIZ MICA-G im Detail

Bereits die Anbahnung für den Test lief sehr akkurat ab, kurze Zeit später wurde dann auch das Paket angeliefert. Wohl um die Kosten gering zu halten, war das E-Bike darin kompakt integriert, d.h. das Vorderrad samt Schutzblech und Lenker waren demontiert.

Trotz der geringeren Höhe des Kartons gestaltet sich das Herausheben des E-Bikes etwas schwer, vor allem wenn man nicht zu zweit ist. Manche schneiden daher den Karton eher gleich seitlich vorsichtig auf, um diesem Problem zu entgehen. Dann kann man das MICA-G auf das Hinterrad und den Gabelschoner stellen und die Montage beginnen.

Bei unserem Testbike war jedes Bauteil akkurat gesichert und geschützt, so dass hier im Normalfall nichts schiefgehen dürfte. Allerdings hat man im Gegenzug ganz schön viel Material zu entfernen und im Grunde dann auch viel Abfall.

Gestutzt haben wir etwas bei der Montage des Schutzbleches, denn das DERUIZ-Team lässt die vordere Bremsleitung zwischen diesem und der Gabelbrücke durchlaufen und klemmt diese damit etwas ein. Ebenfalls kommt das Schutzblech dadurch näher an das Rad, obwohl da schon konstruktiv wenig Platz bemessen ist.

Dieser Konstruktion setzen dann die fehlenden Schutzstreben noch die Krone auf, denn man kann sich kaum ausmalen, was passiert, wenn ein entsprechend großer Stein oder Ast mit dem Rad unter das Schutzblech gezogen werden würde. Ein sauberer Abflug über den Lenker wäre dabei noch das Mindeste.

Der weitere Aufbau gestaltet sich ohne weitere Überraschungen und ähnlich dem, was wir von anderen Pedelecs gewohnt sind. Für die Montage liefert DERUIZ alles an Werkzeug mit. Ob es längere Zeit als die des Aufbaus überlebt und für eventuelle Nachjustierungen oder Reparaturen gut ist, haben wir allerdings nicht ausprobiert.

Der Tiefeinsteigerrahmen aus Aluminium wirkt gut verarbeitet und stabil, die Lackierung in der Farbgebung Moonbeam erscheint hochwertig, wie auch die Aufbringung der Decals. Die Zusammenstellung der Komponenten ist ebenso hochwertig, wie man es zumindest bei guten Einstiegsmodellen etablierter Fahrradhersteller vorfindet.

DERUIZ MICA-G 2023

Die günstige Suntour NEX-E25 wird sehr häufig verbaut und findet sich auch hier am MICA-G wieder. Sie stellt über eine Spiralfeder einen Federweg von 75 mm zur Verfügung und bringt einen Lockout mit. Der Lenker ist über den Vorbau an die Vorlieben des Nutzers einstellbar.

DERUIZ verbaut eine Shimano Altus Schaltung mit neun Gängen (Bandbreite 327 %), die mit dem Ananda-Mittelmotor kombiniert wird, der ein Drehmoment von bis zu 80 Nm bereitstellt. Ausreichend kräftige Scheibenbremsen in Form der Tektro T275 Bremsanlage sollen für eine gute Verzögerung sorgen.

Die im Rahmen integrierte und nach oben herausnehmbare 48V-Batterie stellt eine Kapazität von 644 Wh zur Verfügung und sollte so für die meisten Strecken in der City und im Umland ausreichend sein. Wer weiter fährt, kann zwar das recht kompakte Ladegerät mitnehmen, mit 2A Ladeleistung lädt dies allerdings nicht besonders schnell, was man bedenken sollte.

Auf dem zugehörigen, mittig am Lenker platziertem Farbdisplay kann man die wichtigsten Informationen gut auf einen Blick ablesen, wobei einem die Reichweite je nach gewählte Unterstützungsstufe (Off, Eco, Tour, Sport, Turbo, Boost) angezeigt wird. Über einen USB-A-Port man sein Smartphone mit einem entsprechenden Kabel laden oder aber das System updaten.

Die fünf Tasten am kompakten Bediensatellit am linken Lenkergriff sollen jegliche Steuerung des Antriebssystems zulassen, wobei man sich auch über Bluetooth und dezidierter App (DERUIZ Smart Travel) mit demselben verbinden kann.

Das E-Bike rollt auf Aluminiumfelgen in 28 Zoll, die Tubeless ready sind und mit zwei Zoll breiten Schwalbe Marathon Trekking Reflex Reifen bestückt sind. Der Nutzer sitzt auf dem Selle Royal Essenza Sattel, der auf einer starren Sattelstütze montiert ist, die per Schnellspanner auf der gewünschten Höhe fixiert werden kann.

Die serienmäßige Noname LED-Lichtanlage bringt ein Frontlicht mit 100 Lux Beleuchtungsstärke mit, inklusive Frontstrahler, und ein im Racktime-Gepäckträger (25 kg Tragkraft) integriertes Rücklicht (ohne Bremslichtfunktion) welches auch von der Seite gut zu erkennen sein soll.

Am Lenker mit 51° Griffwinkel lt. DERUIZ sind geschraubte, ergonomisch ausgeführte Softgriffe montiert, die auch für längere Fahrten taugen. Ein Ständer am Hinterbau, der allerdings nicht werkzeuglos einstellbar ist, lässt ein sicheres Parken des Pedelecs zu. Eine gut hörbare Klingel ist auch an Bord.

Am Gepäckträger befindet sich noch ein 3-fach Spanngurt mit integriertem Haken und auch Katzenaugen sind trotz Reflexreifen noch verbaut. Es gibt mehrere Positionen, um Halter für Trinkflaschen, Fahrradschlösser oder Werkzeug zu verbauen: Zwei rechts und links am Steuerrohr und eines am Sitzrohr.

In der Praxis

Was schon beim Herausheben für die Montage deutlich wurde: Das DERUIZ MICA-G ist recht schwer. Gemessen haben wir knapp 28,3 Kilogramm, was man für das Handling des E-Bikes auch beachten sollte. Gerade für weibliche Nutzer dürfte daher das Tragen in den Keller oder über Treppen etwas mühselig sein, wenngleich man das Modell gut am Sattelrohr packen kann.

Dafür wirkt das E-Bike sehr stabil und strahlt Wertigkeit aus. Allerdings wird dieser Eindruck bereits beim ersten Einschalten des Antriebs etwas getrübt, denn die zentralen Tasten an der Bedieneinheit sind sehr undefiniert und gerade die mittige Taste muss man schon sehr zielgenau drücken, um den Antrieb aufzuwecken.

Falls der Antrieb samt Akku in den Deep Sleep gegangen ist, muss man sogar noch am Akku denselben aufwecken, was dieser mit Leuchtdioden quittiert. Hat man dies geschafft, wird man durch den Ananda-Schriftzug und dem darauffolgenden Display-Design begrüßt.

Normalerweise ist das Licht auf Automatik gestellt und wird über einen Sensor am Display aktiviert, allerdings kann dieses auch manuell an der vorderen Taste der Bedieneinheit einschalten. Die Taste gegenüber ist dann für die Schiebehilfe, die sich im Vergleich zum Gewohnten aber als wenig wirkungsvoll herausgestellt hat.

Das Antriebssystem „vergisst“ nach dem Abschalten die zuletzt gewählte Unterstützungsstufe (so wie z.B. Shimano), wobei der Nutzer dann vor dem Losfahren erst auf die gewünschte Stufe schalten muss. Hat man dies getan, kann man losfahren, wobei der Antrieb dann nach kurzen Treten einsetzt.

Im Inneren des M81 Antriebs von Ananda, welchen wir bisher noch nicht länger gefahren sind, ist zwar ein kombinierter Trittfrequenz- und Drehmomentsensor verbaut, allerdings schien die Stärke der Trittkraft trotz 80 Nm an Drehmoment nicht den Einfluss auf die abgegebene Unterstützung zu haben, die wir von anderen Antrieben kennen.

Zwar konnte man das E-Bike nicht rein durch ein kraftloses Kurbeln bewegen und musste schon selbst etwas leisten, aber besonders an steilen Anstiegen brachte auch ein beherztes Treten nicht ein „Mehr an Unterstützung“, so dass man fast gezwungen war, immer in der höchsten Stufe „Boost“ unterwegs zu sein.

Ein Einstellen der Stufen über die dezidierte Smartphone-App ist (noch?) nicht möglich. Nur ein Begrenzen der Geschwindigkeit ist hier machbar, allerdings wird dies wohl kaum jemand machen. Geht man über 25 km/h mit dem Schieberegler hinaus, was auch möglich ist, so hat dies keine Auswirkungen, wie wir ausprobiert haben.

Allerdings ist uns aufgefallen, dass die Abriegelung in „Boost“ bei ungefähr 27 km/h erfolgt, bei den darunter befindlichen Stufen jeweils 1 km/h tiefer, so dass in der Stufe „Eco“ bereits ab 22 km/h kein Vortrieb durch den Motor mehr erfolgt. Darauf angesprochen teilte das DERUIZ-Team das Folgende mit, was wir so in der Praxis aber nicht nachvollziehen konnten:

Die Unterstützungsstufen unsere E-Bikes beeinflussen nicht die Geschwindigkeit. Je höher die Unterstützungsstufe, desto leichter fällt das Treten, was den Eindruck einer höheren Geschwindigkeit vermittelt. Tatsächlich wird die Geschwindigkeit jedoch durch unsere eigenen Tretbewegungen bestimmt. Wenn die Geschwindigkeit die maximale 25 km/h überschreitet, wird der Motor automatisch die Unterstützung stoppen.DERUIZ-Team

In der App steht noch die Funktionalität eines Aufzeichnens der aktuellen Fahrt zur Verfügung, allerdings funktionieren manche Punkte wie die Positionserfassung beim Abstellen etc. noch nicht. Über Fahrzeuginfo werden dann Informationen zum Antrieb inklusive Sensorik, Batterie und angeschlossener Peripherie angezeigt. Die App wirkt im Detail noch unfertig, was DERUIZ auch bestätigte:

Wir sind uns bewusst, dass einige Funktionen in unserer App derzeit möglicherweise nicht verfügbar sind. Es handelt sich dabei um systembedingte Fehler, an deren Behebung und Verbesserung wir kontinuierlich arbeiten.DERUIZ-Team

Nun genug zu App, mehr zum Fahren in der Praxis. Rein aus diesem Blickwinkel hat das MICA-G sehr ordentlich performt und kaum Anlass zur Kritik gegeben. Trotz Tiefeinsteiger schaukelte sich das Pedelec auch bei schneller Fahrt bergab inklusive Tasche am Gepäckträger nicht auf, ein Zittern des Vorderrades konnte man auch nicht provozieren.

Bei einer Fahrt im sehr starken Regen wurde das Wasser trotz Schmutzlappen vorne direkt auf die Schuhe des Nutzers geleitet, was wohl nicht das Ziel sein sollte. Hinten hat das Schutzblech aber seine Arbeit verrichtet und die Gischt möglichst ferngehalten.

Die Bremsanlage hat gut gearbeitet, die Schwalbe-Reifen warteten dafür mit gutem Grip auf. Die Ergonomie beim Sitzen war in Ordnung, auch weil eine gute Einstellbarkeit gegeben ist. Die Nutzung als Trekking-E-Bike würden wir aufgrund des knappen Abstands der Reifen zu den Schutzblechen aufgrund der fehlenden Sicherheitsstreben nicht empfehlen. DERUIZ hat hier aber eine konstruktive Änderung in Aussicht gestellt:

Wir haben das erwähnte Problem mit dem zu kleinen Abstand zwischen dem Schutzblech und dem Reifen an unseren Produktmanager weitergeleitet. Wir werden uns umgehend darum kümmern, dieses Problem zu optimieren und zu verbessern.DERUIZ-Team

Was man dem DERUIZ-Team, welches hier in Deutschland nicht von China aus agiert, sondern eine deutsche GmbH gegründet hat, noch zugutehalten muss, ist die schnelle Reaktion auf Probleme und der offene Umgang mit denselben. Man merkt, dass das Unternehmen die Anforderungen hierzulande und die Wünsche der Kunden ernst nimmt, und an deren Erfüllung arbeitet.

Beim Laden der Batterie, die einfach per mitgeliefertem Schlüssel entnommen werden kann, ist das Ladegerät trotz der geringen Ladeleistung recht heiß geworden, was man bei dessen Platzierung auf jeden Fall bedenken sollte. Die Batterie selbst blieb kühl.

DERUIZ MICA-G 2023

DERUIZ MICA-G 2023

Motor: Ananda M81, 250 W, 80 Nm
Batterie: DERUIZ DownTube, 644 Wh
Display: Ananda LCD mit bluetooth
Rahmen: Aluminium
Gabel: SR Suntour NEX-E25, 75 mm
Schaltung: Shimano Altus, 1×9
Bremsen: Tektro T275, 160 mm v/h
Kurbelgarnitur: Ananda, 170 mm
Vorbau: DERUIZ, verstellbar
Sattelstütze: DERUIZ
Sattel: Selle Royal Essenza
Laufräder: Aluminium
Reifen: Schwalbe Marathon Trekking
Gewicht: 28,3 kg
zul. Gesamtgewicht: 145 kg
Preis: 1.999 EUR

Fazit

Man merkt, dass DERUIZ nicht nur beim MICA-G alles richtig machen möchte, was sich in einer qualitativ hochwertigen Produktion und Lieferung zeigt. Auch der After-Sales-Service scheint recht flott zu agieren. Das recht schwere E-Bike bringt dann auch ordentliche Fahreigenschaften mit, wobei sich der Ananda-Antrieb aus unserer Sicht trotz nominalem Gleichauf nicht mit den führenden Antrieben messen kann. Das ist auch das größte Manko des Pedelecs, welches gerade am Berg nicht wie erhofft arbeitet. Die App erscheint zum jetzigen Entwicklungsstand fast nur für die Diagnose einiger Werte sinnvoll, hier muss das DERUIZ-Team noch kräftig nacharbeiten. Selbiges gilt für die fehlenden Sicherheitsstreben, die im Ist-Zustand für böse Überraschungen sorgen können. Insgesamt kann man festhalten, dass man ein ordentliches Gesamtpaket geschnürt hat, welches im Detail noch optimiert werden muss. Wir hoffen, dass dabei auch die Performance des Antriebs und der zugehörigen App auf ein heute übliches Niveau kommt. Dann spricht so gut wie nichts gegen einen Einsatz des DERUIZ MICA-G.

PRO
  • stabiler, gut verarbeiteter Rahmen
  • großzügig bemessene Batterie
  • gute Komponentenauswahl
  • gute Ergonomie dank Verstellmöglichkeit
  • gut hörbare Klingel
  • diverse Halterungen verfügbar
  • attraktiver Preis
CONTRA
  • Ananda-Antrieb wirkt am Berg schlapp
  • Schiebehilfe eher schwach ausgelegt
  • Schutzblech vorne zu knapp an den Reifen
  • keine Sicherheitsstreben an den vorderen Schutzblechhaltern
  • Ladegerät wird heiß beim Laden

Transparenzhinweis: Unser ausführlicher Test des MICA-G wurde von der Deruiz Germany GmbH hinsichtlich der Produktionskosten unterstützt. Auf das Testergebnis und unsere Meinung hatte dies keinen Einfluss.