Normalerweise berichten wir hier über zweirädrige Pedelecs & E-Bikes, aber für das Podbike machen wir gerne eine Ausnahme. Auf der diesjährigen Spezialradmesse sind wir über die Neuheit gestolpert und finden das Konzept genauso wie die Zielsetzung der Erfinder äußerst interessant.
Anders als einige andere Konzepte, über die wir bisher an dieser Stelle berichtet haben, möchte das Podbike kein Auto sein, sondern ein Fahrrad bleiben. Mit allen Vorzügen, welche dieser Status bietet, aber dafür mit erweiterter Funktionalität, Sicherheit und höherem Komfort.
Warum das Podbike?
Einer der Gründer von Podbike ist Per Hassel Sørensen, der schon seit frühester Jugend mit Fahrrädern zu tun hatte (kein Wunder, da er direkt neben Skandinaviens größter Fahrradfabrik aufwuchs) und sich schon früh an selbst entwickelte Eigenbauten wagte. Nach einem Unfall mit dem Fahrrad verlor er das Vertrauen in deren Sicherheit und stieg auf Velomobile um.
Sein erstes Velomobil hatte er dann 2010 aus einem niederländischen Set aufgebaut und mit einem Elektroantrieb versehen, welchen er mittels umfunktionierten Li-Ion-Zellen aus einem Scooter mit Strom versorgte.
Damit fuhr er täglich zur Universität Stavanger, wo er für einen MSc in nachhaltiger Energie studierte. Dabei reifte die Idee, die Möglichkeiten auszuloten, um Velomobile so umzugestalten, dass diese tauglicher für die Massen werden. Seine Master Thesis “Velomobil: redefined” wurde zur technischen Grundlage für das hier vorgestellte Podbike.
Gründung in 2015
Im Jahr 2015 machte sich Sørensen dann an die Realisierung seines Traumes, indem er das Start-Up Podbike gründete. Während er das technische Know-How mitbrachte, trat im April desselben Jahres seine Frau Anne-Lise Heggland als CEO dem Unternehmen bei. Sie hatte zuvor lange Jahre im Finanz- und Management-Bereich großer Firmen im Öl- und Gas-Segment gearbeitet.
Beide gründeten das Familienunternehmen Elpedal AS, über welches sie dann das renommierte Designunternehmen Montaag engagierten, um das Industriedesign und das Branding für ihr Podbike zu gestalten.
Während sich Per Hassel um die Weiterentwicklung und das Internationale Patentrecht kümmerte, brachte seine Frau Anne-Lise das Unternehmen weiter voran und konnte das Projekt für staatliche Fördermaßnahmen qualifizieren. Die Podbike AS wurde im Januar 2016 gegründet und bereits im Februar erhielt man benötigte Fördermittel von Innovation Norway.
So konnte der Zeitplan für die Entwicklung und den Bau des ersten Prototypen im darauffolgenden März gestartet werden, wobei die Erreichung des Ziels auf das zweite Quartal 2017 terminiert wurde. Um die ehrgeizigen Ziele zu erreichen, arbeitet das Start-Up mit diversen Spezialisten zusammen, die auf Stundenbasis für das Projekt arbeiten.
Podbike als Problemlöser
Es gibt bessere Verkehrsmittel als das Auto, welches neben hohen Kosten für seinen Besitzer auch einen hohen Schaden für die Umwelt erzeugt und seine(n) (Mit-)Fahrer durch Bewegungsmangel dick werden lässt.
Mit einem Fahrrad (oder Pedelec 🙂 ) ist man deutlich gesünder unterwegs, spart dabei noch einen Haufen Geld und hinterlässt bei weitem nicht einen so großen CO2-Fußabdruck wie das Auto. Allerdings hat das Fahrrad gegenüber dem Auto auch zahlreiche Nachteile.
Es ist weniger komfortabel, der Fahrer ist kaum wettergeschützt und es ist hinsichtlich Knautschzone deutlich weniger sicher bei Unfällen. Hier setzen die Macher des Podbike an und möchten diese Nachteile mit den Innovationen ihres Fahrzeugs so weit wie möglich eliminieren.
Zudem möchten sie noch weitere Anstrengungen unternehmen, um möglichst vielen Menschen den Umstieg vom Auto ins Podbike als tägliches Verkehrsmittel zu erleichtern. Dafür soll es schließlich folgende Anforderungen erfüllen können:
- Einfacher Einstieg und Ausstieg aller Passagiere
- geringerer Luftwiderstand als ein Rennrad
- ausgezeichneter Fahrkomfort unabhängig von der Fahrbahnbeschaffenheit
- vollständiger Wetterschutz inklusive Dach und Windschutzscheibe
- hohe Kurvenstabilität
- geringer Parkraum
- Möglichkeit der Mitnahme für ein Kind
- angetrieben durch den Menschen, aber ohne Ketten und Getriebe
- Einstufung als Fahrrad im EU-Raum
- höhere Sicherheit als bisher verfügbare Velomobile
- einfache Massenproduktion
- einfache Endmontage durch den Endnutzer zuhause
Für sich alleine sind diese Punkte vielleicht nicht allzu schwer zu erreichen, aber in einem einzigen Fahrzeug vereint, wird auch ein einzigartiges Fortbewegungsmittel daraus: das Podbike.
Das Podbike im Detail
Das Fahrzeug kommt in einem modernen und einzigartigem Design und baut auf einem stabilen Chassis mit vier Rädern und Einzelradaufhängung auf. Angetrieben wird das Podbike per Serie-Hybrid-Antrieb ähnlich dem Mando Footloose (hier bei uns im Test), also ohne Kette oder jeglicher anderer mechanischer Verbindung.
Der Fahrer speist also seine mechanische Arbeit in einen Generator ein, welcher die erzeugte Energie in einer Batterie speichert. Diese wiederum versorgt die Steuerungselektronik und die Antriebsmotoren mit Energie, so dass sich das Fahrzeug schließlich fortbewegt. Dabei spielt es keine Rolle, ob man einen Berg oder eine Ebene befährt, die notwendige Kraft ändert sich für den Fahrer nicht.
Zum Einsteigen kann man das Podbike elektrisch anheben, so dass man sich dafür nicht verrenken muss. Die Kabine bietet Wetter- und Kollisionsschutz, wobei auch die Luft für die Insassen des Gefährts gefiltert wird.
Das energie-effiziente E-Bike auf vier Rädern baut schmal und darf dank Einstufung als Fahrrad auch auf dem Radweg fahren. Trotzdem kann sich aufgrund der Bauform ein Erwachsener mit Gepäck oder einem Kind bequem und komfortabel mit dem Modell fortbewegen. Ein kleiner Wendekreis macht das Fahrzeug besonders flexibel.
Bei Nichtbenutzung kann das Gefährt in der extra dafür entwickelten Podbike Garage geparkt werden, in welche es sich automatisch rückwärts einparkt. Dabei kann es mittels darauf montierter Solarpanele wieder aufgeladen werden. Die Podbike Garage wurde zudem so designt, dass auch mehrere zu Gruppen für z.B. öffentliche Nutzung zusammengeschlossen werden können.
Schon in diesem Jahr sollen die ersten Prototypen in Norwegen fahren, wobei der Serienstart für 2018 anvisiert wird. Jährlich sollen dann rund 600 Podbike-Modelle produziert und verkauft werden. Wie anspruchsvoll diese Stückzahl ist, zeigt sich im Vergleich mit der Produktion von bisherigen Velomobilen. Der holländische Marktführer hat seit Gründung insgesamt ca. 600 Modelle bisher verkauft.
Hier noch einmal die anvisierten Eigenschaften des Podbike im Überblick:
- Zwei Nabenmotoren, eine in jedem Hinterrad, ist der einzige Antrieb – keine fettigen Ketten
- Ein kompakter Generator, der durch Pedale angetrieben wird, liefert die menschliche Energiezufuhr
- Ein elektronisches Getriebe, welche den europaweiten Anforderungen für elektrische Hilfsantriebe entspricht
- Ein Akkupack, der speziell für die elektronische Übertragung auf Zyklen im Nordischen Klima entwickelt wurde
- Hydro-pneumatische Hinterradaufhängung mit optimalem Fahrkomfort
- Die Sitzposition kann automatisch angehoben werden, um den Ein- und Ausstieg zu erleichtern
- Schutzzonen zum Aufnehmen und Verteilen von Stoßenergie bei Kollision
- Chassis aus thermoplastischem und Rahmen aus Aluminium-Sandwich ist stark und leicht und kann vollständig recycelt werden
- Fahrzeug kann auf seinem hinteren Ende gelagert werden, um den erforderlichen Parkplatz zu minimieren
- Erweiterte elektronische Peripheriegeräte für mehr Sicherheit und zukünftige Möglichkeiten
Das Podbike soll zum Start 2018 in Norwegen rund 50.000 NOK kosten, was derzeit ungefähr dem Gegenwert von 5.350 Euro entspricht. Für das Gebotene erscheint uns das recht preiswert.
Fazit & Ausblick
Es muss etwas geschehen, vor allem im innerstädtischen Verkehr. Das kapieren immer mehr Leute und suchen nach Alternativen, um den alltäglichen Verkehrsinfarkt in den Städten zu entgehen. Das Fahrrad bzw. Pedelec ist eine davon, wobei das Podbike als sehr vielversprechendes Projekt ebenfalls einen großen Beitrag zur Verbesserung der Situation beitragen kann.
Alle weiteren Informationen stehen Interessierten auf der Webseite zum Podbike zur Verfügung. Dort ist auch die Möglichkeit der Vorbestellung gegeben. Diese beschränkt sich allerdings derzeit noch auf den norwegischen Markt. Registrieren kann man sich allerdings heute schon und wird bei Verfügbarkeit dann von Podbike kontaktiert.
13. Februar 2018
In einem Pedelec darf der Motor ab 25 km/h nicht mehr arbeiten. Nur mechanisch (also z.B. über Pedale und Kette) auf die Straße gebrachte Leistung unterliegt dieser Grenze nicht. Insofern ist für deutsche Verhältnisse ein Pedelec oder Velomobil mit über den Generator gehenden Eigenleistung eher unbefriedigend, insbesondere wenn man dafür auch noch über 5000€ auf den Tisch legen muss.
In aerodynamisch einigermaßen günstigen Velomobilen sind auch schon mal 50 km/h mit Eigenleistung drin, wenn auch nicht mit passivem Beifahrer.
Da sollte man zulassungstechnisch schon Richtung S-Pedelec gehen oder mehr, damit der Motor wenigstens bis 45 km/h oder gar bis zu den 60 km/h aus der Werbung mitmachen darf. Auf Radwege darf man dann nicht mehr, aber wer will das schon mit einem derartigen Fahrzeug auf den für Deutschland typischen, schmalen Radwegen. Da müsste man schon für die Nutzung mit 25 km/h mindestens niederländische Standards einführen.