Dringender Handlungsbedarf: Fehlende Infrastruktur und Rücksichtnahme gefährden Radfahrer
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Eine aktuelle Studie der Unfallforschung der Versicherer (UDV) beleuchtet die besorgniserregende Zunahme schwerer Fahrradunfälle auf deutschen Landstraßen. Die Ergebnisse der Untersuchung verdeutlichen die Notwendigkeit sicherer Radwege und geschützter Übergänge an Kreuzungen, um die Sicherheit von Radfahrern außerhalb städtischer Gebiete zu verbessern.

Steigende Unfallzahlen auf Landstraßen

Jede Woche ereignen sich auf deutschen Landstraßen durchschnittlich vier tödliche und 58 schwere Fahrradunfälle. Diese Zahlen zeigen einen Anstieg von knapp 30 Prozent im Vergleich zu vor zehn Jahren. Die zunehmende Beliebtheit des Radfahrens spiegelt sich in diesen Zahlen wider, doch viele Unfälle wären vermeidbar. UDV-Leiterin Kirstin Zeidler erklärt: „Das Hauptproblem ist, dass Radfahrende auf Landstraßen immer wieder übersehen werden.

UdV, Münster, 18.06.024, CTS-Anlage, Versuch Pkw fährt mit hoher Geschwindigkeit von hinten auf Fahrrad

Die häufigste Unfallursache sind Zusammenstöße mit Autos, die in 41 Prozent der Fälle passieren und bei denen Autofahrer meist die Schuld tragen (59 Prozent). Jeder dritte schwere Radunfall außerorts geschieht ohne Fremdbeteiligung, beispielsweise durch Stürze.

Gefährliche Kreuzungen

Besonders gefährlich sind Kreuzungen, an denen gut zwei Drittel der schweren Radunfälle (68 Prozent) stattfinden. Laut Polizei-Statistik verursachen Radfahrer die tödlichen Unfälle mehrheitlich selbst, oft indem sie die Vorfahrt missachten. Diese Unfälle sind häufig auf fehlende Sicherheitsmaßnahmen zurückzuführen. „Unsere Analyse ausgewählter Unfallstellen zeigt, dass oft ein eigener Radweg fehlt, an zwei von drei Stellen Sichthindernisse existieren und Autos an jeder zweiten Unfallkreuzung mehr als 70 Stundenkilometer fahren dürfen“, so Zeidler. Besonders problematisch sind Radwege, die in beide Richtungen befahrbar sind, da Radfahrer von rechts leicht übersehen werden. Die UDV fordert daher, sichere Übergänge für Radfahrer zu schaffen, Sichthindernisse zu beseitigen und die Geschwindigkeit an unübersichtlichen Kreuzungen zu begrenzen.

UdV, Münster, 18.06.024, CTS-Anlage, Versuch Pkw fährt mit hoeher Geschwindigkeit von hinten auf Fahrrad,

Gefährdung entlang der Strecken

Auch entlang der Strecken, wo 32 Prozent der schweren Unfälle passieren, könnten Radwege die Sicherheit erheblich verbessern. „Schnelle Autos und ungeschützter Radverkehr gehören wegen der großen Geschwindigkeitsunterschiede nicht auf eine Fahrbahn“, kritisiert Zeidler. „Doch auf Landstraßen gibt es keine Vorgabe wie in Städten, dass bei mehr als 50 Stundenkilometern der Autoverkehr vom Radverkehr zu trennen ist.“ Häufig fuhren Autos bei schlechten Sichtverhältnissen, etwa im Schatten der Bäume oder bei Dämmerung, von hinten auf. Zeidler betont, dass bestehende Wirtschaftswege genutzt, vorhandene Radwege ausgebaut oder neue angelegt werden sollten, um die Sicherheit zu erhöhen.

Appell an gegenseitige Rücksichtnahme

Neben infrastrukturellen Verbesserungen mahnt die UDV auch zu mehr Vorsicht und Rücksichtnahme im Straßenverkehr. Autofahrer sollten stets mit Radfahrern rechnen, bei geringer Sichtweite den Fuß vom Gas nehmen und bremsbereit sein. Radfahrer sollten möglichst befahrene Landstraßen meiden und sicherere Umwege in Kauf nehmen. Helle, reflektierende Kleidung und Beleuchtung erhöhen die Sichtbarkeit. Bund, Länder und Verkehrssicherheitsorganisationen sind aufgefordert, durch gezielte Kampagnen für sicheres Radfahren außerhalb von Städten zu sensibilisieren.

Über die Studie

Für die Studie analysierte die UDV knapp 10.000 schwere Radunfälle auf Landstraßen in neun Bundesländern, untersuchte rund 400 Unfallhergänge im Detail und führte 40 Vor-Ort-Audits durch. Allein 2023 gab es außerorts 189 getötete und 2.996 schwerverletzte Radfahrende.

Fazit

Die Ergebnisse der UDV-Studie machen deutlich, dass dringender Handlungsbedarf besteht. Sichere Radwege und geschützte Kreuzungen sind essenziell, um die steigende Zahl schwerer Fahrradunfälle auf Landstraßen zu reduzieren. Die Verantwortung liegt bei den Behörden und Verkehrsteilnehmern gleichermaßen, die Sicherheit und Rücksichtnahme im Straßenverkehr zu erhöhen.