Über das E-Bike-Kit von eczo.bike haben schon diverse Medien berichtet, darunter der Stern, blick.ch oder das Prime Mountainbiking Magazine. Eine konkrete Warnung hat bisher aber keiner ausgesprochen.
Stattdessen weist man beispielsweise darauf hin, wie rückständig man hier in Deutschland bzw. Europa wäre mit seinen 250 Watt und 25-km/h-Begrenzung und Leute die “mehr wollen”, einmal in “regelfreie” Länder wie die USA oder Russland schauen sollen.
Hallo, lieber Stern-Autor? Die USA pauschal als “regelfreies Land” zu bezeichnen, ist gewagt, denn diverse E-Bike-Hersteller wie Haibike oder Lapierre und auch der führende Antriebshersteller Bosch kämpfen u.a. seit einiger Zeit darum, dass die einzelnen Staaten der USA die dort boomenden Pedelecs anders einstufen als bisher. Mancherorts sind E-Bikes erlaubt, woanders ganz verboten.
E-Bike-Kit für Pragmatiker
Gefährlich finden wir auch die Unbekümmertheit, wie die Macher von eczo.bike ihr E-Bike-Kit – seit Neuestem auch in Deutschland – anpreisen und zudem diverse Medien darüber berichten. Das Nachrüstset, welches in Deutschland maximal 2 kW maximal 1,5 kW leisten soll (andere Versionen 2,5 kW in Planung!), soll sich dabei einfach an jedem Fahrrad befestigen lassen und dieses in vier Sekunden von 0 auf 50 45 Stundenkilometer beschleunigen lassen.
Kein Wort über irgendwelche Anforderungen, die das genutzte Fahrrad erfüllen muss, es ist anscheinend egal, ob beispielsweise per Seil gezogene V-Brakes, hydraulische Felgenbremsen oder Scheibenbremsen verbaut sind und auch der Rahmen interessiert nicht weiter. Und das, obwohl maximal 60 45 Stundenkilometer per Antrieb erreicht werden können.
Dass das Set trotz Akkugrößen bis zu 1.000 Wh und einer Leistung bis zu 2.000 Watt mit maximal zehn Kilogramm nicht besonders schwer ist, ändert nichts daran, dass das damit umgebaute Fahrrad in keinster Weise auf die Kräfte ausgelegt wurde, die bei einem Einsatz des E-Antriebs aus Russland wirken.
Dmitry Bogdantschikow, PR und Marketing Manager der Firma Futur Bike, die hinter dem Bausatz steckt, gibt den eczo.bike Nachrüstsatz für alle Fahrräder frei, die ein gerades Unterrohr und über genug Platz im Rahmendreieck verfügen. Fahren könne zudem jeder, der das Gleichgewicht auf einem Fahrrad halten könne.
Keine Rede davon, was passiert, wenn man mit schwächelnden Fahrradbremsen aus 60 km/h abbremsen muss oder Steigungen von 30 Grad mit Karacho nimmt. Wie Rahmen, Gabel und Laufräder eines normalen Fahrrades reagieren, wenn man mit einer Geschwindigkeit über Unebenheiten rast, die man sonst im Traum nicht erreicht hätte.
Dass die Russen jegliche elektronischen Finessen in ihr System eingebaut haben, die es gibt oder an die noch keiner gedacht hat, versteht sich fast von selbst. So muss der mündige Käufer nicht auf eine beheizbare Batterie, Smartphone-Apps, Remote-Update, Tempomat, Anpassung der Fahrmodi, Systemdiagnose und einen umfangreichen Bordcomputer verzichten.
Der Umbau soll in 30 Minuten erledigt sein, wobei man das System dann auch wechselweise mit zwei verschiedenen Motoren betreiben kann, einer für die Straße, der andere fürs Gelände. Laut Entwickler soll das System an rund 80% der Fahrräder in Europa passen.
Nicht in Deutschland
Hatte man bei eczo.bike bis vor kurzem nur die starke Version im Angebot, so habe man nun für Deutschland auch eine S-Pedelec Version mit 500 Watt entwickelt, wie uns die Vertreterin der Firma in Deutschland stolz mitteilt.
So könne man den Antrieb auch in Deutschland anbieten.
Eben nicht. Denn ein S-Pedelec ist laut der EU-Richtlinie 2002/24/EG ein Kraftfahrzeug, welches einer Typgenehmigung bedarf. Da kann nicht eben mal einer hergehen und ein Antriebskit aus Russland an sein klappriges Baumarktrad anschrauben.
Wobei er beim Import des Kits zum Inverkehrbringer und Hersteller würde, der nachweisen müsste, welche notwendigen Prüfungen er zur Aufrechterhaltung von Sicherheit und Funktion seines neuen Produktes durchgeführt und dokumentiert hat.
Kommt jemand zu Schaden, muss dann der Hersteller notfalls mit seinem ganzen Privatvermögen haften und nicht eczo.bike. Das sollte man bedenken, wenn man das (ein) Umrüstkit reizvoll findet.
Die Preise für das System liegen zwischen 995 Euro für die basic Variante und 1.760 Euro für die expert Version. Dazu kommen noch 19% Einfuhrumsatzsteuer, die man nicht vergessen sollte.
Ob das E-Bike-Kit nach Abschluss der Entwicklungsphase dann hier in Deutschland zu kaufen sein wird, wagen wir zu bezweifeln. Angesichts der unbekümmerten Einstellung der Macher hinter dem System ist das wohl auch besser so.
Update vom 22.12.2016:
Katya von eczo.bike hat uns darauf hingewiesen, dass die Version für Deutschland als S-Pedelec Variante nur 500 Watt leistet, ohne Gasgriff mit “Pedal Assist” funktioniert und bis 45 km/h beschleunigt. Somit wäre ihrer Meinung nach die Variante in Deutschland legal zu betreiben. Wir haben die entsprechenden Passagen, die übrigens zumeist von der Webseite von eczo.bike stammen, dementsprechend überarbeitet.
Unsere Meinung: Allerdings ändert diese Richtigstellung nicht im Geringsten etwas an der Tatsache, dass das Kit in Deutschland bzw. der EU höchstwahrscheinlich keine Zulassung bekommen wird.
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