Mit einem kostenlosen Firmware-Update hat DJI für sein E-Bike-Antriebssystem Avinox eine deutliche Leistungssteigerung angekündigt – und damit einen regelrechten Paukenschlag in der Branche ausgelöst. Der chinesische Hersteller, bislang vor allem für Drohnen und Kameras bekannt, gibt mit der kommenden Firmware 1.1.1 den Turbomodus nun dauerhaft für 1.000 Watt Spitzenleistung frei. Was nach einem Geschenk für leistungsaffine E-Biker klingt, ist bei näherem Hinsehen eine riskante Provokation – gegenüber der europäischen Gesetzgebung, der hiesigen E-Bike-Industrie und letztlich auch gegenüber den eigenen Kunden.
DJI Avinox: Ein Update mit Sprengkraft
Bisher war die 1.000-Watt-Marke nur im kurzzeitig aktivierbaren Boost-Modus verfügbar, jetzt steht sie im Alltagseinsatz zur Verfügung. Laut DJI bedeutet das ein Leistungsplus von 17,6 % im Turbomodus. Gleichzeitig bringt das Update neue Funktionen für das Batteriemanagement und die Darstellung von Fahrdaten. Die Begeisterung unter technikaffinen Nutzern ist nachvollziehbar – doch genau hier liegt das Problem.
Denn während DJI den Turbo zündet, arbeitet die deutsche Fahrradindustrie unter Federführung des Zweirad-Industrie-Verbands (ZIV) aktiv an Empfehlungen, die genau solche Leistungseskalationen begrenzen sollen. Geplant ist eine Obergrenze von 750 Watt für EPAC-Motoren – aus gutem Grund: Zum einen, um der drohenden Kategorisierung leistungsstarker E-Bikes als zulassungspflichtige Fahrzeuge zuvorzukommen. Zum anderen, um chinesischen Herstellern wie DJI und Bafang nicht kampflos den Markt zu überlassen und europäische Player wie Bosch, Brose oder Mahle zu schützen.
Zündeln am Pulverfass Regulierung
DJI stellt sich mit dem Update demonstrativ gegen diese Entwicklungen. Ob aus Kalkül oder Naivität – die Aktion wirkt wie eine gezielte Provokation. Und genau das könnte sich als Bärendienst für den gesamten Markt erweisen. Denn wenn DJI mit Vollgas durch die Grauzonen der Regulierung rast, provoziert das nicht nur politische Gegenreaktionen, sondern gefährdet auch das Vertrauen in die Branche. Am Ende könnten strengere Zulassungspflichten für leistungsstarke E-Bikes stehen – ein Rückschritt für Innovation, Marktvielfalt und Verbraucherfreundlichkeit.
An seinem eigenen Ast gesägt?
Ironischerweise sägt DJI damit auch am eigenen Erfolg. Sollte die Regulierung verschärft werden, wären ausgerechnet die eigenen Produkte betroffen. Ein möglicher Verkaufsstopp, zusätzliche Zulassungshürden oder gar ein Ausschluss vom europäischen Markt wären nicht ausgeschlossen. Während DJI betont, man werde alle künftigen Regelungen einhalten, klingt das mehr nach Schadensbegrenzung als nach Weitsicht.
Fazit: Kurzsichtiger Sieg, langfristiger Schaden
Mit der dauerhaften Freischaltung des 1.000-Watt-Turbomodus sendet DJI ein Signal der Stärke – aber auch der Rücksichtslosigkeit. Die kurzfristige Freude bei leistungshungrigen E-Bikern könnte mittelfristig durch regulatorische Gegenmaßnahmen teuer erkauft werden. Wer den Markt gestalten will, braucht nicht nur technische Innovation, sondern auch politisches Fingerspitzengefühl. Beides scheint DJI derzeit zu fehlen.
Ihre Meinung ist gefragt
Bei uns kann man auch als Gast kommentieren (Anleitung). DISQUS respektiert „Do Not Track“ und bietet einen Datenschutz-Modus an. Umfassende Informationen zum Datenschutz auf Pedelec-Elektro-Fahrrad.de findet man hier.