Vaude hat sich auf den Weg gemacht, Europas nachhaltigster Hersteller im Outdoor-Bereich zu werden. Gleichzeitig ist man als Bergsportausrüster immer der optimalen Funktion verpflichtet. Um zu zeigen, wie beide Anforderungen vereinbar sind, erlaubt Vaude einen Blick hinter die Kulissen der Produktentwicklung.
Dualflex – eine kleine Technikgeschichte
„TVL Asfalt Dualflex“ (ab 140 Euro im Handel erhältlich) – wenn man die Geschichte kennt, verrät der Name alles: „Asfalt“ – ein Schuh fürs Urbane. „Dualflex“ – mit einer Sohle, die zwei unterschiedliche Flex-Eigenschaften besitzt. Beim Abrollen flexibel, beim Tritt in die Pedale steif.
Warum das wichtig ist, verrät Frank Michel von der „Abteilung Innovation“ bei Vaude – hausintern kurz „Innoteam“ oder „i-team“ genannt: „An der Grundlagenforschung saßen wir gemeinsam mit Prof. Senner von der TU München schon seit 2015. Zudem arbeiten wir hier mit der TU Chemnitz und mit dem Technikum in Wien zusammen. Anders als im Laufschuhbereich gibt es in der Fahrradwelt kaum Studien, die wissenschaftlich analysieren, wie, um welche Gelenke und in welchem Winkel Radschuhe unter Last flexen. Dabei ist das Thema Flexibilität ein dominanter Parameter für Berg- und Bikeschuhe.“
Die Ergebnisse aus dieser Forschung sind direkt in die Entwicklung nicht nur der Dualflex-Technologie, sondern auch in den sogenannten „V-Flow-Stabilitätsindex“ eingeflossen, mit dem das oberschwäbische Familienunternehmen seinen Kunden den Schuhkauf einfacher machen will.
„Das ist natürlich nicht nur hehrer Selbstzweck“, erklärt Oliver Korden, Abteilungsleiter Schuhe bei Vaude. „Am Anfang steht immer eine Idee, z. B. wie wir den Nutzen für den Anwender vergrößern können.“ Radpendeln sei ein hervorragendes Beispiel für diese Philosophie, so Korden. Der Radverkehrsanteil steigt kontinuierlich. Radfahren ist nicht mehr nur Sport- und Freizeitaktivität, sondern ganz selbstverständlicher Teil des Lebens. Ökologisch und sozial sind das tolle Nachrichten. Das bedeutet aber auch automatisch neue Herausforderungen für das Zubehör. Moderne Radschuhe für den Alltag müssen beim Gehen und beim Fahren gut funktionieren.
Korden: „Wir wollen Menschen aufs Rad bringen – und ein Schuhwechsel hält sie ab, das zeigen unsere Nutzerbefragungen. Unser Ziel war also klar: Ein Schuh mit der Performance eines Klick-Schuhs und der Convenience eines Flat-Schuhs.“
Hand in Hand für mehr Performance und weniger ökologischen Fußabdruck
Aber wie erreicht man dieses Ziel? Ein Schuh ist erst einmal ein Schuh und seine Bestandteile haben sich seit Jahrhunderten bewährt.
Allerdings wird es hier schnell komplex, denn für einen Schuh stehen heute hunderte Materialien und Fertigungstechniken zur Verfügung, da sind sich die Experten einig. Für die Zwischensohle, für die Profilsohle, für den Schaft, das Obermaterial, die Polsterung, und, und, und. Bei der Auswahl arbeiten die Abteilungen bei Vaude Hand in Hand. Hauptkriterien sind Leistungsfähigkeit und Preis eines Materials, genauso wie sein ökologischer Fußabdruck. Leitlinie sind die sogenannten „Brand Material Goals“, die Vaude in seinem Nachhaltigkeitsreport formuliert und der Öffentlichkeit transparent zugänglich gemacht hat.
Das Innoteam agiert dabei als interdisziplinärer Ratgeber im Haus und arbeitet mit allen Abteilungen zusammen – allein vier Personen kümmern sich hier um die Suche und Analyse neuer, besserer und grünerer Materialien und Fertigungstechnologien. „Manchmal kommt eine konkrete Frage aus einer Abteilung, manchmal kommen wir mit einem Vorschlag“, erklärt Michel die Zusammenarbeit.
Der Nutzen der Grundlagenforschung
Das Ziel ist formuliert, die Leitlinien definiert; nun helfen die Ergebnisse der Forschung. „Unsere biomechanischen Tests genauso wie die dynamischen Materialtests haben am Ende unsere Annahmen bestätigt. Beim Radfahren erfährt der menschliche Fuß eine erhebliche Plantarflexion. Fuß und Schuh knicken nach unten ab, was in Kombination mit zu weichen Sohlen zu erheblicher Ermüdung und im Extremfall sogar zu gesundheitlichen Problemen wie der sogenannten Plantarfaszienentzündung führen kann“, erklärt Frank Michel. „Die biomechanischen Gegensätze zwischen Gehen und Fahren sind gewaltig. Der Schuh muss nach oben biegsam sein, um den natürlichen Abrollvorgang am Zehengrundgelenk zu erlauben, aber noch unten steif, um das Abknicken über das Pedal zu verhindern.“
Auftritt Dualflex. Kern der Konstruktion ist die Zwischensohle aus Carbon. Die spezifische Anordnung der Kohlefasern ermöglicht einen Schuh, der nach unten steif ist und nach oben flexibel – er besitzt zwei unterschiedlichen Flex-Eigenschaften, daher der Name, erklärt Korden: „Kein anderes Material erlaubt uns die Kombination dieser Eigenschaften, keine Version, die wir getestet haben, erbrachte eine höhere Performance.“
Carbon und sein Ruf
Technisch genießt der Werkstoff Carbon einen ausgezeichneten Ruf. Er erlaubt leichte und doch höchst belastbare Produkte und viele Freiheiten bei der Formgebung. Das Material besitzt eine hohe Eigendämpfung und ermöglicht durch gezielte Anordnung der Fasern, richtungsspezifische Eigenschaften zu realisieren – wie den Dualflex. Unter ökologischen Gesichtspunkten ist das Material aber umstritten, vor allem wegen des vergleichsweise hohen Energieaufwands bei der Herstellung und der Tatsache, dass es noch kein Recycling-Carbon auf einem zufriedenstellenden Qualitätsniveau gibt. Wie passt so ein Material zu einem ökologischen Hersteller wie Vaude?
Green-Shape, Fair-Wear, Terracare®, PVC-frei, biobasiert
Zum einen lässt sich gebrauchtes Carbon heute durchaus wiederverwenden, wie Materialwissenschaftler Clement Affholder erklärt, der bei Vaude die Grundlagen für neue, noch sauberere Materialien erforscht. Noch sei dies ein Downcycling-Prozess, eine Form des Recyclings, bei der das Material später für Anwendungen mit einem geringeren technischen Anspruch verwendet werden könne. „High Value Recycling“ von Carbonfasern, also die Neu-Nutzung auf demselben technischen Niveau sei noch nicht möglich aber in der Entwicklung bei Carbonspezialisten rund um den Globus.
Außerdem macht die Carbon-Zwischensohle nur einen kleinen einstelligen Anteil am Gesamtmaterialeinsatz des Schuhs aus. So ist der [aawp link=”B07T4B4X42″ title=”TVR Asfalt Dualflex” /] selbstverständlich nach dem strengen hausinternen Green-Shape-Standard für nachhaltige Produktion zertifiziert, PVC-frei, das wasserabweisende Leder-Obermaterial entspricht den strengen Terracare-Vorgaben für nachhaltige Lederproduktion, für Gummilaufsohle und Innenfutter wird teilweise Recyclingmaterial verwendet. Für das Schwestermodell [aawp link=”B07T36HH6X” title=”TVR Asfalt Dualflex Tech” /] gilt dasselbe, nur setzt es statt Leder auf ein Obermaterial aus nahtlos verarbeiteter Kunstfaser und ist damit vegan. Die faire Produktion der gesamten Produktpalette hat Vaude zudem den begehrten „Leader-Status“ der Fairwear-Foundation eingebracht, die weltweit unabhängig die Arbeitsbedingungen in der Textilbranche kontrolliert.
[aawp box=”B07T36HH6X” /]„Nachhaltige Entwicklung ist ein Prozess“
„Mut steht uns gut“, so heißt das jüngst erschienene Buch von Vaude-Geschäftsführerin Antje von Dewitz, die das Familienunternehmen seit 2009 leitet. Daran erinnert Oliver Korden und verrät am Ende noch eine Anekdote aus der Materialentwicklung. Seit 2018 arbeite man verstärkt daran, Materialien aus Rohöl durch biobasierte zu ersetzen. In diesem Zuge habe man mit einem Partnerunternehmen auch an neuen Außensohlen für Schuhe geforscht.
Das Material, das dabei herauskam, taugte zwar nicht für eine Schuhsohle, ist aber inzwischen an anderen Stellen im Unternehmen im Einsatz. Ein Abfallprodukt im besten Sinne. Der Mut, die Zeit und Energie, die man heute in Entwicklung und Forschung investiere, sei nie vergeudet, selbst wenn sie nicht unmittelbar zum Ziel führe: „Nachhaltige Entwicklung ist ein Prozess, manchmal führen auch Umwege zum Ziel.“
Mehr dazu unter: https://experience.vaude.com/am-anfang-steht-die-idee/
- 119 mal geteilt bis jetzt - Dankeschön!
- Facebook6
- Twitter17
- Flipboard16
- LinkedIn17
- Pinterest1
- E-Mail35
- Drucken27