Das lange Warten auf das erste E-MTB der US-Amerikaner hat sich definitiv gelohnt
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Vor kurzem hatten wir das Yeti 160E T1 im Test. Die Kultmarke aus den USA hat sich sehr lange für die Entwicklung ihres ersten E-Mountainbikes Zeit gelassen. Wird das am meisten elektrisierende Modell von Yeti Cycles dann aber den hohen Erwartungen gerecht? Wir haben die E-Enduro, die mit dem Shimano EP8, 630-Wh-Akku und brandneuem SIXFINITY™-Hinterbau ausgerüstet ist, auf Herz und Nieren getestet.

Yeti 160E T1 im Überblick

Das Topmodell der neuen Serie schlägt mit 13.790 EUR zu Buche, was auf den ersten Blick happig erscheinen mag. Dafür bringt das Yeti 160E T1 aber ein überaus fähiges Fahrwerk mit, welches sich aus der Fox 38 Factory Gabel mit 170 mm Federweg und Grip2 Kartusche und dem Fox Float X2 Factory Dämpfer zusammen setzt, der Herr über die 160 mm des Hinterbaus ist.

Yeti 160E T1 2022

SIXFINITY™-Hinterbau

Der Hinterbau bringt Yetis eigens für die elektrisch unterstützten Modelle entwickeltes SIXFINITY™-System mit, welches mit ausgeklügelter Funktionalität aufwartet. Es handelt sich um ein 6-Gelenker-System, welches dem Fahrer sowohl mehr Unterstützung und Effizienz bergauf bereitstellen, als auch das komplette Potenzial des Fahrwerks bergab freigeben soll. Ohne Kompromisse und zudem angepasst an das höhere Gewicht der E-MTBs.

Der Nutzer kann auf die Progression der Hinterbaufederung Einfluss nehmen, indem er per Chip die untere Aufnahme des Dämpfers in drei Stufen verstellen kann. Dabei verändert sich die Progression von linear (25 %), ausgewogen (30 %) bis hin zu poppig (35 %, Stahlfederdämpfer möglich). Die Geometrie soll sich dabei allerdings nicht verändern.

Verstellung der Dämpferaufnahme ändert nur die Progression

Über den Antrieb braucht man nicht zu viele Worte zu verlieren. Der Shimano EP8 wird seit der Vorstellung in 2020 von unzähligen Herstellern in unendlich mehr Modellen verbaut und stellt eine verlässliche und starke Antriebslösung dar. Yeti Cycles kombiniert den 85 Nm starken Motor mit dem zugehörigen 630-Wh-Akku von Shimano, der im Carbonrahmen seinen Platz findet. Das farbige EM800-Display stellt dem Nutzer dann die notwendigen Informationen und Schnittstellen zur Anpassung zur Verfügung.

Schlanke Batterieintegration

Sauber eingepasstes Akkucover

Das hohe Niveau setzt sich auch bei Schaltung und Bremsen fort. Eine lupenreine Shimano Deore XT-Gruppe bringt die heute üblichen 12 Gänge mit, setzt sich aber mit 510 % Bandbreite von vielen anderen Konkurrenzprodukten ab und sollte ihre Stärken dann vor allem Klettern bergauf zeigen.

Shimano Deore XT 12-fach

Über alle Zweifel erhaben ist die Bremsanlage des 160E T1. Die US-Amerikaner haben sich hier für die Sram Code RSC entschieden, die auch im Rennsport ihren Einsatz findet und hier mit Bremsscheiben in 220 mm vorne und 200 mm hinten kombiniert wird. Damit geht auf jeden Fall nichts schief.

Massive 220er-Scheibe vorne

200er-Bremscheibe hinten

Auf den DT Swiss EX1700 Highend Enduro-Felgen sind Reifen von Maxxis verbaut, vorne der Assegai mit leichterer EXO+ Karkasse und hinten der Minion DHR II mit stabiler DD-Karkasse. Klasse Auswahl und ein Lob von uns an das Yeti-Team: So stattet man seine Modelle nutzungsgerecht aus! Das Tüpfelchen auf dem i wäre dann noch, die starke Karkasse auch vorne und einen noch griffigere Gummimischung zu verbauen.

Der hauseigene, 800 mm breite Carbonlenker ist mit begehrenswerten Odi Elite Pro Griffen ausgerüstet und der speziell für Yeti angepasste Silverado Sattel marschiert auf Wunsch des Fahrers mittels Sram Reverb AXS bis zu 170 mm nach unten, um diesem die nötige Bewegungsfreiheit auf harten Downhillstrecken zu geben.

Alle Kabel und Züge sind allesamt sauber geführt und klappern nicht, auch wenn diese im Inneren des Rahmens untergebracht sind. Die Verarbeitung ist bis ins Detail top, markante Stellen werden zum Beispiel durch kleine Fender geschützt.

In der Praxis

Schon beim ersten Aufsitzen fühlt sich das Bike sehr hochwertig an und macht den Eindruck „als würde alles zusammengehören“. Bei anderen Modellen hat man manchmal das Gefühl, als ob sie einfach aus einzelnen Teilen zusammengebaut wurden. Das ist hier definitiv nicht so.

Auf Forststraßen und Zubringern sitzt man auf dem Yeti gemütlich, wobei lange und eintönige Strecken bergauf kein Problem für Hände oder den Rücken darstellen. Das Bike fühlt sich dabei effizient an und der Shimano EP8 arbeitet wie gewohnt ohne Probleme und einfach gut.

 

Uphill

Noch besser wird es im technischen Uphill, denn hier kann das Yeti 160E T1 auf ganzer Länge überzeugen. Das SIXFINITY™-Hinterbau Design arbeitet feinfühliger als jedes andere Hinterbausystem, welches wir je im Test hatten und stellt im Uphill auch über Wurzeln und Steine eine überragende Traktion bereit.

Uphill mit dem Yeti 160E T1

Wenn es noch steiler wird, hilft das 78 Grad steile Sitzrohr dabei, nicht auf übertriebenen Körpereinsatz angewiesen zu sein und ermöglicht es den notwendigen Grip am Heck zu behalten. Dies alles, ohne dass die Front direkt hochkommt und man eventuell nach hinten vom Bike geworfen wird.

Durch das 350 mm hohe Tretlager hat man genug Bodenfreiheit, um im Gelände zu pedalieren, ohne dabei zu viel Kontakt der Kurbeln bzw. Pedale mit dem Boden selbst oder auch Steinen oder Wurzeln zu haben. Für kleine Trial-Manöver über Wurzeln und Steine könnte das Bike zwar etwas mehr Gegenhalt bieten, aber solche Situationen sind bis zu einem gewissen Level trotzdem meistens irgendwie machbar. Dafür wurde es aber auch nicht explizit entwickelt.

Downhill

Das Entwicklungsziel war vielmehr, so schnell und sicher wie möglich den Berg herunterzukommen. Und das merkt man. Generell kann man laut unserer Meinung sagen, dass eine große Sicherheit früher oder später Geschwindigkeit bringt. Auf dem Yeti E-MTB fühlt man sich schon bei der ersten Fahrt überaus sicher.

Man steht zentral im Bike und hat somit bei richtiger Körperhaltung eine optimale 50/50-Gewichtsverteilung zwischen Vorder- und Hinterrad, welches eine Voraussetzung für viel Bodenhaftung ist. Ein weiterer Grund für den überragenden Grip, welchen das Yeti 160E T1 erzeugt, ist das überragende SIXFINITY™-Hinterbausystem.

Es folgt dem Untergrund unglaublich feinfühlig und schluckt Unebenheiten weg, als wären sie nichts. Dazu kommt, dass das Bike in allen Situationen vorhersehbar ist und das macht, was man erwartet! Egal ob man mit High-Speed durch ein Steinfeld ballert, in einen engen Anlieger fetzt oder in brutale Kompression hämmert. Es bringt einen soweit, seine persönlichen Limits auszuloten und bei einem Fehlschlag nicht einmal daran zu denken, dass das Bike an diesem Fehler schuld sein könnte.

Der SIXFINITY™-Hinterbau schafft all das mit Bravour und bewerkstelligt es zusätzlich, fast keine Bottom Outs bei Sprüngen ins Flat durchzulassen. Der Name ist hier Programm und der Federweg hinten fühlt sich fast unendlich an. Ab und zu schafft man es natürlich trotzdem, an die Limits des 160-mm-Federweg hinten zu kommen.

Auf dem Trail

Durch Anlieger nimmt es den Schwung mit und hat genug Gegenhalt, um in Kurven auch mal zu pushen, so dass man zusätzlich Geschwindigkeit aufbauen kann. Durch die gute Vorhersagbarkeit des Bikes lässt es sich auch durch loose Ruts gut navigieren und steuern.

Wenn man das 160E T1 ordentlich auf Geschwindigkeit gebracht hat, bleibt das Bike durch den 64,5 Grad Lenkwinkel und das E-Bike-typische Gewicht von trotzdem recht niedrigen 23,4 kg sehr stabil und sicher zu handhaben. Hier macht sich zudem der niedrige Schwerpunkt durch die Integration des Antriebssystems bemerkbar, welches auch durch Stein- und Wurzelfelder Sicherheit und Bodenhaftung gewährleistet.

Für kleine Jibs am Forstwegrand funktioniert das Fahrwerk einfach zu gut und es macht sehr viel Spaß, sich damit an kleinen Hubbeln richtig in die Luft zu poppen. Auf dem Trail können natürliche und gebaute Absprünge aber auch sehr gut genutzt werden und man profitiert von dem Gegenhalt im mittleren Federweg.

Das Bike sackt durch das progressive Fahrwerk im Absprung nicht weg und lässt sich so gut in die Luft bringen und auch in der Luft bewegen. Bei schwierigen Gaps und großen Sprüngen hält einen das Yeti nicht zurück. Der Preis ist zwar astronomisch hoch, aber man merkt beim Fahren auch, dass brutal viel Arbeit und Entwicklung in dem Bike steckt.

PRO
  • durchdacht designter Carbonrahmen
  • kräftiger Antrieb
  • ausreichend große Batterie
  • einzigartiges Hinterbausystem
  • große Bandbreite bei der Schaltung
  • überaus kräftige Bremsen
  • hochwertige Verarbeitung
  • bis ins Detail ausgeklügelt
  • passende Reifenwahl
  • wirkt „wie aus einem Guss“
CONTRA
  • hoher Preis

Yeti 160E T1 2022

Yeti 160E T1 2022

Yeti 160E T1 2022

Motor: Shimano EP8, 250 W, 85 Nm
Batterie: Shimano BT-E8036, 630 Wh
Display: Shimano SC-EM800
Rahmen: TURQ Carbon, 160 mm
Gabel: Fox 38 Factory GRIP 2, 170 mm
Dämpfer: Fox Float X2 Factory
Schaltung: Shimano XT, 1×12
Bremsen: Sram Code RSC, 220/200 mm v/h
Kurbelgarnitur: Shimano EM900 34T 160 mm
Vorbau: Burgtec Enduro MK3 35×50 mm
Sattelstütze: Rock Shox Reverb AXS 31.6 mm
Sattel: Silverado custom
Laufräder: DT Swiss EX1700
Reifen: Maxxis Assegai 2.5 EXO+ / Maxxis Minion DHR II 2.4 DD v/h
Gewicht: n/a
zul. Gesamtgewicht: 130 kg
Preis: 13.790 EUR

Zur Wertung: Mit diesem Test nehmen wir Abschied von unserem „alten“ Wertungssystem, welches noch auf Kriterien beruhte, die wir heute nicht mehr als nur ausschlaggebend für die Bewertung eines E-Bikes sehen. Übergangsweise werden wir eine Punktewertung beibehalten, später soll eine Einordnung mit eventueller Auszeichnung das Testergebnis widerspiegeln.

Transparenzhinweis: Das Yeti 160E T1 wurde uns seitens der Mount7 GmbH für den Testzeitraum kostenlos zur Verfügung gestellt. Auf das Testergebnis und unsere Meinung hatte dies keinen Einfluss.