Ein Dienstrad leasen und Steuern sparen, das gilt nicht für den öffentlichen Dienst – doch das könnte sich ändern
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Steffen Prowe ist Beamter und ein leidenschaftlicher Radfahrer. Rund 20 Minuten radelt der Professor an der Beuth Hochschule für Technik von Pankow bis zur Uni in Wedding.

Vor zwei Jahren überlegte ich mir ein neues Fahrrad zu kaufen, da erfuhr ich, dass man ein Dienstfahrrad per Gehaltsumwandlung leasen und auch privat nutzen kann“, sagt Prowe.

Weil die Leasingrate vom Bruttolohn abgezogen wird, müssen auch weniger Steuern und Sozialabgaben gezahlt werden. Und das rechnet sich – bis zu 40 Prozent lassen sich so vom Kaufpreis sparen.

Doch was für Angestellte in der Privatwirtschaft gilt, bleibt Staatsdienern bislang verwehrt. „Beamte und Angestellte im Öffentlichen Dienst haben derzeit nicht die Möglichkeit einer Gehaltsumwandlung“, sagt Key-Account-Manager Holger Suttrop von mein-dienstrad.de.

Obwohl bereits 2012 das Dienstwagenprivileg auch für Fahrräder und E-Bikes erweitert wurde, dürfen laut Tarifvertrag lediglich Beiträge für die Altersvorsorge vom Bruttolohn abgezogen werden. Dem Berliner Beamten Prowe gehe es auch weniger um den Steuervorteil als viel mehr um die Gleichbehandlung.

Denn nicht jeder Angestellte und Beamte im Öffentlichen Dienst verdient so gut wie ein Professor. Die Gehaltssprünge in den Entgeltgruppen seien eher mager im Vergleich zu den Unternehmen.

Wäre ein Dienstrad beispielsweise als Prämie da nicht eine denkbare Alternative?

Das Thema beschäftigt Prowe und so fragt er nach, doch der Berliner Beamten Bund hüllt sich lieber in Schweigen. Auch im Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes gibt es Gehalt nur als Geld und nicht als Sachlohn.

Die Gewerkschaften treten unseres Wissens traditionell dafür ein, dass das Arbeitsentgelt möglichst ungeschmälert ausgezahlt wird“, so der Rechtsexperte Roland Huhn vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC). Im Prinzip stehe es den öffentlichen Arbeitgebern und Dienstherren sogar vollkommen frei, ihren Beschäftigten jederzeit und ohne jede Einschränkung ein Dienstfahrrad zur privaten Mitnutzung zu überlassen, argumentiert die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di. Das ginge auch ohne Gehaltsumwandlung.

Die teilnehmenden Arbeitnehmer können dann den geldwerten Vorteil steuerrechtlich genauso behandeln wie bei einem Auto“ und müssten dann nur ein Prozent des Anschaffungspreises des Rades monatlich versteuern. Ganz ohne Gehaltsumwandlung wäre dies aber ein von der Allgemeinheit finanziertes Konzept, da die Dienstfahrräder schon durch Steuergelder bezahlt wurden.

Viele Angestellte bei Sparkassen, der Feuerwehr, in Kliniken und Kommunen würden gerne das freiwillige Tarifinstrument der Gehaltsumwandlung nutzen. Das erkennen zunehmend auch die Stadtverwaltungen. „Bielefelds Oberbürgermeister Pit Clausen habe in einem Brief an die kommunalen Arbeitgeberverbände bereits angeregt, sich mit der Thematik zu beschäftigen“, berichtet die Neue Westfälische.

Dienstrad für Arbeitgeber

Und auch Stuttgart macht mobil. Die vom Feinstaub geplagte Stadt hat das umweltfreundliche Potential erkannt und will mit steuerlichen Vorteilen das Pendeln mit dem Pedelec unterstützen. Laut einem Bericht der will die Staatssekretärin im Finanzministerium, Gisela Splett: „dass der öffentliche Dienst mit den Unternehmen gleichziehen kann.

Beamte in Baden-Württemberg kämen wohl eher zum Zuge. „Bei der nächsten Änderung des Landesbesoldungsgesetzes – etwa zur Anpassung der Bezüge – werde man die Fahrradklausel aufnehmen“, äußerte sich Splett zuversichtlich gegenüber dem Blatt.

Ende 2016 wird der Tarifvertrag der Länder für die Angestellten neu verhandelt, allerdings müssen hier alle Länder mehrheitlich einer Änderung zustimmen. Oder für die Gehaltsumwandlung eine Öffnungsklausel vereinbaren. Bislang sperrt sich die Tarifgemeinschaft deutscher Länder.

Vor zwei Jahren gab es schon mal einen Anlauf. Der Knackpunkt sind die Sozialversicherungsbeiträge, die durch eine Gehaltsumwandlung gemindert werden. Wer beispielsweise weniger in die Rentenkasse einzahlt, bekommt am Ende eine geringere Rente ausgezahlt.

Wieviel Euro das tatsächlich sind, hängt dabei vom Einkommen, der Steuerklasse und den Freibeträgen ab. Im Vergleich zum Dienstwagen kostet aber selbst ein hochwertiges E-Bike vergleichsweise wenig und die Belastung für die Sozialkassen wäre deswegen gering.

Vor allem aber überwiegen die gesundheitlichen und umweltfreundlichen Vorteile des Radverkehrs. Das sieht auch der Bundesrat so und fordert in der Drucksache 277/16 f: „zusätzliche steuerliche Anreize für Unternehmen und Belegschaft, die (…) den Anteil der betrieblich bzw. beruflich auf Zweirädern mit Elektrounterstützung und Elektroantrieb zurückgelegten Wegstrecken deutlich erhöhen.

Eine direkte Subvention wie eine Kaufprämie für E-Bikes hat die Bundesregierung bereits abgelehnt. Der Markt für E-Bikes entwickele sich gut und bedürfe anders als bei E-Autos daher keiner staatlichen Starthilfe. Lange Zeit wurde der Radverkehr in der Politik eher vernachlässigt. Sowohl beim Bund als auch im Land Berlin, das für den Radverkehr bereitgestellte Mittel nicht abgerufen hat.

Erst mit dem Volksentscheid Fahrrad scheint der Leerlauf beendet. Schon im ersten Anlauf hat das Volksbegehren für eine fahrradfreundliche Stadt mehr als fünfmal so viele Unterschriften gesammelt als nötig wären. In nur dreieinhalb Wochen haben Hunderttausend unterschrieben. 20.000 Unterschriften in sechs Monaten hätten auch gereicht.

2017 zur Bundestagswahl stimmen die Berliner dann auch über §20 des Gesetzentwurfs ab, „das die Mitarbeitenden des öffentlichen Dienstes das freiwillige Tarifinstrument der Gehaltsumwandlung zur steuerlichen Behandlung von Dienstfahrrädern (analog der 1%-Regel für Dienstwagen) nutzen können.“ An diesem Passus waren auch Steffen Prowe und der ADFC beteiligt.

Mehr auch direkt bei ADFC.de und mein-dienstrad.de.