Wir hatten die Gelegenheit, bei der Entstehung eines Rahmens für ein E-Bike dabei zu sein
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Vor bereits längerer Zeit waren wir bei Portus Cycles zu Besuch, jener in der Stahlrahmen-Szene überaus bekannten Manufaktur aus Pforzheim, die bereits seit längerer Zeit auch E-Bikes baut. Gründer Alex Clauss hatte uns dazu eingeladen, das Unternehmen am Standort in Pforzheim zu besuchen und der Entstehung eines Stahlrahmens für ein E-Bike beizuwohnen. Wir haben die Einladung natürlich gerne angenommen, und das nicht nur, weil die Manufaktur quasi vor unserer Haustüre liegt (bzw. lag). Auch hatten wir schon länger immer wieder Berührungspunkte (z.B. auf der Spezi in Germersheim oder natürlich der Eurobike) und wir warteten seit Jahren darauf, dass auch E-Bikes von der Marke auf den Markt kommen werden. Hier jetzt unser Bericht.

Portus Cycles – ein E-Bike entsteht

„Portus“ ist der römische Name von Pforzheim und bedeutet Hafen oder Anlegestelle. So heißt es auf der Webseite der Portus Cycles Manufaktur, welche 2013 von Alexander Clauss gegründet wurde. Der Maschinenbau-Ingenieur hat sich dem Stahlrahmenbau verschrieben und das Unternehmen nach seinem Studium und Stationen bei einem baden-württembergischen Komponentenhersteller gegründet.

Den Rahmenbau hat er dabei von der Pike auf gelernt, ist dafür sogar ins Ausland gegangen und hat sich dort das Wissen geholt, welches ihm beim Aufbau seines eigenen Unternehmens helfen sollte. Zuerst stellte er in seiner Werkstatt, die sich im gleichen Haus befand, wo er auch mit seiner Familie wohnt, einzig Fahrräder her.

Portus Cycles Factory Visit 2022

Vor ein paar Jahren kam dann auch ein E-Lastenrad hinzu, welches er mit einem aktuellen Bosch-Antrieb der vierten Generation ausstattete. Von da an wurde die Marke für uns so richtig interessant, obwohl bereits vorher zahlreiche Modelle auf Messen wie der Spezialradmesse in Germersheim bewundern durften.

Alex zeigte uns bei unserem Besuch in Pforzheim nicht nur seine Produktion, die auf den Bau von Fahrrädern und E-Bikes in Kleinserie, aber auch Prototypen und Mustern ausgerichtet ist, sondern baute auch vor unseren Augen direkt einen Rahmen auf.

Alles fängt mit einem vorbereiteten Rohrsatz an und zusätzlichen weiteren Teilen wie die Ausfallenden oder die Motoraufnahme in unserem Fall.

Die variable Rahmenlehre lässt Alex die Rohre nach Zeichnung einspannen und für das Schweißen fixieren. Festgehalten wird der Rahmen dann auch mittels eines Halters für die Motoraufnahme.

Erst wird geheftet, danach immer wieder gemessen und überprüft. Weitere Rohre werden positioniert und ebenfalls auf ihrer Position fixiert.

Wenn’s nicht passt, muss der Bandschleifer ran.

Immer schneller wächst aus den Rohren mit verschiedenen Längen und Durchmessern ein Bauteil heran, welches man als Rahmen für ein E-Bike erkennen kann.

Tadaa! Hier ist das Ding!

Hier im Schnelldurchlauf:

Mitarbeiter Patrick, Allrounder in Produktion und Montage, schweißt den Rahmen dann noch fertig.

Insgesamt hat man dann nach einiger Zeit eine ganze Menge an Rahmen fertig, die dann auf den nächsten Arbeitsschritt warten – die Pulverbeschichtung.

Wir verabschieden uns fürs Erste und lassen die vielen Eindrücke sacken.

An einem anderen Tag haben wir uns angeschaut, wie die Rahmen von Portus Cycles pulverbeschichtet werden. Der Arbeitsort hatte sich wenige Kilometer von Pforzheim befunden und war auch mit einem Ofen zum Einbrennen der Beschichtung ausgestattet.

Die Applizierung des Pulverlackes erfolgt elektrostatisch. Also ist der Rahmen und die Sprühpistole gegenpolig aufgeladen, als Anode bzw. Kathode. So wird das Pulver vom Rahmen angezogen und haftet dort elektrostatisch. Aber erstmal von Staub befreien…

Die Rahmen wurden zuvor extern sandgestrahlt, um so eine gute Verbindung des Pulverlackes zu ermöglichen.

Die elektrostatische Aufladung erleichtert auch das Füllen von Hinterschneidungen und schwierigen Stellen mit Lack, so dass zum Schluss eine homogene Lackschicht entsteht.

Das dauert ein bisschen, erfordert manchmal einige Verrenkungen, lohnt sich schlussendlich aber.

Am Tag als wir Ort waren, funktionierte die Anlage nicht wie gewohnt und das Ergebnis war nicht so perfekt, wie man es von Portus Cycles gewohnt ist.

Daher wurden die Rahmen an diesem Tag nicht eingebrannt, sondern „nur“ ein Gepäckträger, bei welchem es zuvor besser geklappt hatte.

Nach einer Einbrennzeit von rund 45 min bei 180° C konnte das fertige Bauteil entnommen werden und wirkte auf den ersten Blick durchaus gelungen.

Damit war auch diese Session für uns zu Ende.

Eigentlich wollten wir noch bei einem dritten Termin zusehen, wie das E-Bike schließlich montiert wurde. Dabei kam uns dann aber zum einen Zeitmangel, zum anderen aber auch der Umzug von Portus Cycles an die Schweizer Grenze dazwischen.

Portus Cycles wurde an den jahrelangen Partner ekone GmbH verkauft, mit dessen Hilfe man sich eine Industrialisierung der Produktion erhofft und auch Fortschritte in Sachen Technologie vorantreiben möchte. Gründer Alex ist weiter als Ideengeber und Chef-Fahrradnerd an Bord und lässt sein großes Netzwerk und seine Kenntnisse als Ingenieur und Leiter des portusLAB weiter spielen.

Fazit

Dass man es auch als kleine Bike-Schmiede aus Pforzheim zu einer großen Bekanntheit und überaus guten Ruf in der Szene bringen kann, hat Portus Cycles rund um Gründer Alex Clauss zur Genüge bewiesen. Jetzt gilt es, die erarbeitete Qualität und den Ideenreichtum weiter hochzuhalten und die Produktion ebenso in Sachen Ausbringung ebenfalls auf dieses Niveau zu bringen. Nachdem, was wir von der Marke gesehen haben, sind wir da sehr zuversichtlich und werden immer mit einem Auge nach Pforzheim bzw. Efringen-Kirchen schielen.

Wir bedanken uns für den sehr interessanten Einblick und wünschen dem Team von Portus Cycles weiter sehr viel Erfolg!