"Das Bike Festival Riva del Garda schafft echte Erlebnisse - und das seit 30 Jahren”
6 min Lesezeit

Frühjahr 1994 fand das erste Bike Festival in Riva am Gardasee statt. In dreißig Jahren hat sich das Event zum absoluten Must-Visit in der Bike-Industrie entwickelt. Uli Stanciu ist Initiator und Gründer des Events. Die Ursprünge seiner Idee stammen bereits aus den 1980er-Jahren – sein Wunsch, etwas Bleibendes zu schaffen, hat sich für ihn erfüllt. Ein Gespräch über Hersteller, Endverbraucher:innen, Trends und Visionen.

Wie ist die Idee entstanden, ein Bike Festival am Gardasee zu veranstalten?

Die Grundidee des Bike Festivals ist aus dem Bike Magazin heraus entstanden. Ich war zu dieser Zeit Chefredakteur und das Magazin vier Jahre lang auf dem Markt. Die Innovationsschübe, die es zu dieser Zeit gab, waren riesig. Es kamen so viele neue Produkte auf den Markt, dass es unsere Test- und Technikabteilung kaum mehr schaffte, alle unter die Lupe zu nehmen. Was viele nicht wissen: Damals wollten die Menschen noch viel mehr Informationen als heute in einem Magazin aufbereitet – rund 50 Marken mit 170 Fahrradtypen standen zur Auswahl. Die Idee, Hersteller und Leser:innen zu einem Festival einzuladen, war geboren.

Uli Stanciu

Was war Ihre Vision dabei?

Wir wollten eine Messe, auf der Hersteller ihre Fahrräder ausstellen und Kunden die Modelle anschauen können. Und das draußen und nicht in einer Halle, um die Fahrräder auszuleihen, zu testen und eine Kaufentscheidung zu treffen. Im ersten Schritt habe ich meine Idee bei den Herstellern kommuniziert, die waren sofort begeistert. Sie wussten: Hier entsteht Kontakt zum Endkunden, der Feedback zum Produkt gibt, nachdem die Fahrräder wieder am Messestand abgegeben werden. Diese direkte Verbindung bestand vorher nicht.

Das Bike Festival – ein Vorhaben, das es seinerzeit so noch nicht gab und ein großes Unterfangen war. Wie lange war Ihre Vorlaufzeit?

Mitte/Ende 1993 bin ich konkret geworden. Aber: Bereits zehn Jahre zuvor – Anfang der 1980er-Jahre, damals war ich Chefredakteur beim Surf-Magazin – hatte ich ein Surf-Festival am Gardasee organisiert, zu dem an einem Tag 2.500 Menschen kamen. Während man beim Surfen vom Wind abhängig ist, war mir klar: Beim Biken haben wir kein Wetterproblem. Selbst wenn es regnet, funktioniert unser Programm. Die Besucherzahl lag beim ersten Bike Festival bei 4000, damit hatten wir das Surf-Festival bereits beim ersten Anlauf um fast das Doppelte übertroffen. Heute besuchen 60.000 bis 70.000 Menschen das Bike Festival.

Bike Test 1990

Eine große logistische Herausforderung

… „ weswegen wir uns bald die Hilfe von einer Agentur geholt haben. Im ersten Jahr habe ich selbst noch bei den Herstellern angerufen und Akquise betrieben. Das wäre heute unvorstellbar.

Was hat Ihnen außerdem geholfen?

Sehr gute Kontakte zum Gardasee. Durch das Windsurfen hatte ich Paolo Zontini kennengelernt – selbst Hotelier, der aus Riva stammt. Ich habe zu ihm gesagt: Wir brauchen Kontakte, wir brauchen Genehmigungen, wir brauchen einen Platz, an dem alles stattfinden kann – dieser Platz braucht Strom, Toiletten und mehr. Das musste alles organisiert werden. Ich bin Paolo Zontini sehr dankbar, dass er den Weg damals mit mir gegangen ist, und ich sage ganz gerne: Ich war der Motor des Bike Festivals, Paolo Zontini das Getriebe. Ohne ihn hätte ich nicht die Kraft gehabt, das alles auf den Boden zu bringen.

Wenn Sie auf die vergangenen 30 Jahre zurückblicken, was kommt Ihnen dabei in den Sinn?

Dass wir kontinuierlich gewachsen sind und uns weiterentwickelt haben. Wir mussten uns an die Innovationen anpassen – mit dem E-MTB hat sich uns beispielsweise eine völlig neue Zielgruppe erschlossen. Uns kamen auch die Fehler manch anderer Veranstalter zugute. Endverbraucher:innen haben bei uns immer eine Anlaufstelle gesucht und sie auch gefunden. So sind wir auch den Gravel-Trend in unser Programm integriert und bieten hier jedem spannende Möglichkeiten, sich auszuprobieren.

Ist das Bike Festival heute so, wie Sie es sich damals gewünscht haben?

Natürlich konnte ich 1993 nicht 30 Jahre in die Zukunft blicken, aber meine Intension war es durchaus, etwas Bleibendes zu schaffen und echte Erlebnisse zu bieten. Und das ist uns gelungen – die Besucher:innen haben das Event von Anfang an geliebt, die Veranstaltungen, die Rennen, die Shows. Und wo sonst gab es die Chance, Stars wie Hans Rey oder Karl Platt zu treffen und mit ihnen zu sprechen? Noch heute ist es das Schönste für mich, wenn ich die Menschen anschaue, sehe, wie sie strahlen und merke: Das Bike Festival und die damit zusammenhängenden Erlebnisse machen das Leben reicher.

Warum fiel die Entscheidung auf das erste Mai-Wochenende?

Kaufentscheidungen werden früh im Jahr getroffen, also mussten wir für das Bike Festival einen Termin vor der Saison finden. Der Winter, der süddeutsche Raum und der Alpenraum waren keine Option, weil die Veranstaltung draußen stattfinden sollte und hier zu viel Schnee lag. Dazu kamen zwei Überlegungen: Erstens wollte ich eine Region, die wir kannten, zweitens haben wir nach einem Brückentag geschaut, damit die Leute ein langes Wochenende planen können. Der Gardasee war und ist die ideale Kombination aus allen Faktoren.

Was sind die 3 größten Erfolgs-Faktoren des Bike-Festivals?

  1. Die vielen Veranstaltungen rund um die eigentliche Messe wie der Bike-Marathon und das Enduro-Rennen.
  2. Die Messe ist immer spannend.
  3. Die Stars, die man dort antrifft.

Was hat sich mit den Jahren verändert?

Das Festival wurde anfangs besucht von Bike-Leser:innen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, inzwischen sind wir internationaler geworden. Wir haben viele italienische Besucher aus Trento, Verona, Bergamo, also dem großen Umfeld des Gardasees. Von geführten Touren sind wir abgekommen. Anfangs haben Bike-Guides Gruppen mit 20, 25 Teilnehmer:innen geführt, das ist heute so nicht mehr der Fall. Zum einen kennen die Leute den Gardasee und die Touren, zum anderen existieren GPS-Daten im Internet, Navigationsgeräte und mehr.

Hat sich das Publikum verändert?

Teilweise. Der Anteil der Frauen hat zugenommen, es sind sehr viele junge Familien bei uns – das haben wir auch gefördert, indem wir den Pumptrack für Kinder und die Scott Junior Trophy initiiert haben. Und, wie erwähnt: Mit dem E-MTB kam eine völlig neue Klientel hinzu – eines, das bisher gar nicht im Bikesport zu Hause war und nun die Berge hochfährt. Alles in allem ist das Publikum wunderbar gemischt.

Haben Sie Schwierigkeiten erlebt?

Es gab in den 30 Jahren Bike Festival auch anstrengendere Phasen, zum Beispiel Anfang der 2000er-Jahre drohte das Bike Festival in eine extreme Bubble abzurutschen. Da habe ich gesagt: „Leute, wir dürfen nicht zu extrem und nischig werden, wir wollen alle Biker ansprechen und niemanden abschrecken.“ Meine Meinung habe ich damals sehr stark kundgetan und die Rolle rückwärts kam – zum Glück.

Welche Höhepunkte gibt es bei der Jubiläumsausgabe im Mai?

Niemand kennt die Region und die Leute besser als der jetzige Veranstalter – Garda Dolomiti, das spielt uns natürlich in die Karten. So können wir das Beste aus dem Standort des Festivals herausholen und eine Rundum-Experience bieten. Wie gewohnt wird es im kommenden Jahr wieder zahlreiche Aussteller und vielseitige Events geben. Der Fokus wird natürlich nicht vom Biken abweichen, aber die Aspekte Nachhaltigkeit, Barrierefreiheit und auch die italienische Kulinarik werden ihren Platz beim Bike Festival haben. Dazu auch einige Höhepunkte, die wir noch nicht verraten. Auf jeden Fall kann ich schon jetzt viele, schöne Erlebnisse versprechen.

Alle Informationen zum Bike Festival Riva del Garda findet man auf www.bikefestivalriva.com.

Hinweis: Das Interview wurde zum 30-jährigen Jubiläum direkt vom PR- und Media-Team des Veranstalters geführt.